Einen Personalwechsel sollte man nicht ungenutzt lassen. Er ist oft die Chance auf frischen Wind. Der darf allerdings nicht bloß ein Lüftchen zum Start sein, sondern beständig für mehr Fahrt sorgen. Das ist Hildegard Müller bislang offensichtlich gelungen, nachdem sie im Februar 2020 die schwierige Position als Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) übernommen hatte.
Die einstige Politikerin und jetzige Lobbyistin soll den VDA modernisieren. Sie will dem Verband mehr Sichtbarkeit und Präsenz verleihen. Der Verbund soll die Trends aufnehmen und nicht an überkommenen Strukturen kleben. Die alten Gardinen in derBerliner Behrenstraße werden abgehängt, es soll durchgelüftet werden.
Vor allem will Müller den industriepolitischen Forderungen des Verbands mehr Nachdruck verleihen. Da wäre die Mahnung an die EU, es mit den CO2-Vorgaben nicht zu übertreiben. Da wäre zudem die Forderung an Bund und Brüssel, endlich mehr in die Ladeinfrastruktur für Elektroautos zu investieren. Gleichzeitig muss die Westfälin nach innen Geschlossenheit demonstrieren, denn die Mitglieder sind sich nicht immer grün, etwa wenn es um das Spannungsfeld Elektromobilität versus maximale Antriebsflexibilität geht.
Verbandserfahrung hat Müller reichlich gesammelt. Sie stand von 2008 bis 2016 dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft vor. Das Amt legte sie nieder, um in den Vorstand von RWE einzutreten.
Müller kam einst aus der Politik. Von 2005 bis 2008 war sie Staatsministerin im Bundeskanzleramt, sie gilt alsVertraute von Kanzlerin Angela Merkel. Eines ihrer Leib- und Magenthemen zu der damaligen Zeit: Bürokratieabbau. Alte Strukturen aufbrechen – das kann sie auch im VDA gut gebrauchen.