Wenn Unternehmen plötzlich ins Hintertreffen geraten, hat das in aller Regel einen im Kern simplen Grund: „Sie hatten den Kunden und dessen Nutzen nicht mehr im Fokus und sich deshalb bei Neuentwicklungen und Produkten auf das konzentriert, was in das seit Jahren bewährte Geschäftsmodell passte“, sagt Michael Mezger, Geschäftsführer der auf Strategie- und Prozessberatung spezialisierten Unternehmensberatung Protema aus Stuttgart, zu deren Kunden Autohersteller und Zulieferer wie Daimler, BMW, Bosch und Magna zählen.
Was das Thema für Firmen so schwierig und für Berater genau deshalb zu einer lukrativen Einnahmequelle macht, ist der Zusammenhang zwischen Agilität und der Struktur und den Rahmenbedingungen, nach denen das Unternehmen arbeitet. „Auf Dauer erfolgreich sind nur solche Unternehmen, in denen die Mitarbeiter Freiräume haben und selbst Verantwortung übernehmen können“, sagt Herbert Husi, Mitbegründer und Inhaber der Unternehmensberatung Husi Giessmann Lippuner aus Rupperswil nahe Zürich.
Wie Protema ist auch Husi Giessmann Lippuner Spezialist für Agilität. In den Projekten der Schweizer geht es darum, Strategien und Prozesse so anzupassen, dass die Unternehmen in komplexen und dynamischen Märkten wachsen können. Eine Aufgabe, die viele ohne die Hilfe externer Berater kaum schaffen, weil es um das rigorose Einreißen von Mauern geht, die über Jahrzehnte in den Köpfen von Management und Belegschaft entstanden sind.
„Für die Unternehmensführung bedeutet Agilität loszulassen“, sagt Husi. Meist passiert aber das Gegenteil, wenn die Zeiten härter werden. Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramme haben dann Hochkonjunktur. Genau falsch, glaubt Berater Husi: „Alles unter Kontrolle zu halten, ist nicht agilitätsfördernd. Wo es in erster Linie um permanente Prozessoptimierung und Kostensenkung geht, wird zu viel Energie innerhalb bestehender Strukturen gebunden. Wer agiler werden will, muss Strukturen anpassen und damit eine Kulturveränderung anstoßen.“
Genau damit tun sich viele Unternehmen der Automobilindustrie schwer und verhindern damit Erneuerungsprozesse aus eigener Kraft – etwa, weil sie trotz Milliardenumsätzen immer noch in den Strukturen mittelständischer Unternehmen geführt werden, wo das Bauchgefühl autoritärer Führungskräfte Kreativität und Flexibilität lähmen und den Blick auf den Kundennutzen vernebeln. Sie arbeiten aus falsch interpretierter Empirie: Ich war in der Vergangenheit
erfolgreich, ich werde es auch in Zukunft sein.