Sind Elektrofahrzeuge über den Lebenszyklus umweltfreundlicher als Verbrenner?
Ob ein Elektroauto umweltfreundlicher ist als ein Verbrenner, hängt vor allem von der Batterie ab. Denn den geringeren Emissionen im Betrieb steht der höhere Schadstoffausstoß in der Herstellungsphase gegenüber. Im Vergleich zu Verbrennern liegt dieser laut Fraunhofer-Institut 1,5- bis zweimal höher.
Einer Studie im Auftrag der schwedischen Energieagentur zufolge entstehen bei der Batteriefertigung pro speicherbarer Kilowattstunde 150 bis 200 Kilogramm CO2 oder andere Treibhausgase. Bei derAkkuproduktion für ein Tesla Model S mit einer Batteriekapazität von 86 kWh werden also 15 Tonnen Treibhausgase freigesetzt. „Für Tesla-Fahrzeuge ist es schwierig, auf eine positive Umweltbilanz zu kommen“, sagt Martin Wietschel, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft beim Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. Durchschnittliche Elektro-Pkw sparen derzeit über den Lebenszyklus im Vergleich zu Verbrennern aber 20 Prozent CO2.
Entscheidend für die positive Ökobilanz ist eine hohe jährliche Fahrleistung und Strom aus erneuerbaren Energien. Dieser Anteil lagin Deutschland im Jahr 2016 aber bei nur 31,7 Prozent. Wietschel: „Bei einer jährlichen Fahrleistung von unter 9000 Kilometern sind Elektrofahrzeuge ökologisch nicht sinnvoll.“
Was geschieht mit den Altbatterien?
Ausgediente Batterien aus Elektrofahrzeugen können als Stromspeicher wiederverwendet werden. Entsprechende Projekte gibt es etwa bei Daimler und BMW. Für das endgültige Recycling der Materialien wurde jedoch noch keine effiziente Lösung gefunden.
VW entwickelt derzeit ein Recycling-Konzept, bei dem die Batterie demontiert, zerkleinert und aufbereitet wird. Dabei können Rohstoffe zurückgewonnen und in der Produktion neuer Batteriezellen eingesetzt werden.Ist die Rohstoffversorgung sicher und welche Probleme gibt es beim Abbau?
Bis 2025 wird der Lithium-Bedarf laut der Deutschen Rohstoffagentur auf das Vierfache steigen. Dennoch scheint die Versorgung mit Lithium nicht gefährdet. Wenn Neuzulassungen von E-Autos 2050 einen Anteil von 50 Prozent ausmachen, werden nach einer Berechnung des Fraunhofer-Instituts rund 20 Prozent der Lithium-Ressourcen verbraucht sein.
Die Versorgung mit Kobalt und Seltenen Erden könnte sich als schwieriger erweisen. So hat die Europäische Union die für die Elektromobilität benötigten Stoffe Kobalt, Platingruppenmetalle sowie Seltene Erden als kritisch eingestuft. Laut geologischem Dienst der USA liegt die Weltproduktion von Kobalt derzeit bei 124.000 Tonnen. Allein für Zukunftstechnologien wie die E-Mobilität wird der Bedarf 2035 aber 120.000 Tonnen betragen. Die Produktionsmengen lassen sich nur langsam steigern.Zwei Drittel der Weltproduktion von Kobalt stammt aus dem Kongo und werden in China verarbeitet. Den Unternehmen wird vorgeworfen, Ressourcen und Arbeiter auszubeuten. Hinzu kommt: Der Wasserbedarf bei der Lithium-Gewinnung ist hoch, beim Abbau von Seltenen Erden werden giftige Stoffe und Säuren eingesetzt. Eine vollständige Transparenz über dieHerkunft der Rohstoffe und deren Abbaubedingungen ist laut VW noch nicht möglich. Inzwischen existieren aber Initiativen wie die Responsible Raw Materials Initiative oder Drive, die das ändern wollen.
Ist das deutsche Stromnetz für Elektromobilität bereit?
Das Stromnetz ist in Deutschland sehr unterschiedlich ausgebaut. In ländlichen Gebieten ist es schwächer und weniger redundant als in Ballungsräumen. „Wenn die Menschen nach der Arbeit alle ihr Auto laden wollen, könnte das schwierig werden“, sagt Wietschel. Auch in anderen Bereichen wird der Strombedarf steigen. Laut Prognose des Fraunhofer-Instituts liegt er 2050 rund 250 Terawattstunden höher als heute. E-Autos lassen den Strombedarf bis 2050 um elf Prozent steigen. Das Netz ist darauf noch nicht vorbereitet.
Wo ist der Aufbau der Ladeinfrastruktur nötig?
Studien gehen davon aus, dass 2030 rund 90.000 Ladestationen im öffentlichen oder halböffentlichen Raum und 12.500 Schnellladestationen benötigt werden. Der Fokus sollte nun auf dem Aufbau von Schnellladesäulen und halböffentlichen Ladestationen liegen, so Wietschel. Die Gruppe der Laternenparker liege hingegen bei unter zehn Prozent. Da E-Autos in Großstädten ob der geringen Laufleistung ohnehin weniger ökologisch sind, kann diese Gruppe zuletzt versorgt werden.
Sind steigende Reichweiten ökologisch sinnvoll?
Steigen die Reichweiten, werden tendenziell die Batterien größer. Das führt zu einer schlechteren Ökobilanz des Fahrzeugs über den Lebenszyklus hinweg. Wissenschaftler sehen die steigenden Reichweiten daher mit Skepsis.
Verringern Elektroautos wirklich den Verkehrslärm?
Nur bei einer Geschwindigkeit von unter 30 km/h sind Elektroautos leiser. Dann überwiegt das Abrollgeräusch der Reifen, sodass beide Fahrzeugarten gleich laut sind.
Wie steht die Elektromobilität im Vergleich zu anderen Antriebstechnologien da?
Vergleicht man den Lebenszyklus mit dem von CNG- und Brennstoffzellenfahrzeugen, schneiden E-Autos gut ab. Laut einer Studie von PA Consulting stoßen in der „Well-to-Wheel-Betrachtung“ batterieelektrische Fahrzeuge, die unter Verwendung eines herkömmlichen Energiemixes gebaut und geladen werden, 75 Gramm CO2 pro Kilometer aus, während Brennstoffzellenfahrzeuge auf 174 Gramm und Erdgasfahrzeuge auf 124 Gramm kommen. Auch die Betriebskosten sprechen für den Batterie-Antrieb: Während hier 8Cent pro Kilometer fällig werden, sind es bei Brennstoffzellenautos 12 Cent und bei Erdgasfahrzeugen 11 Cent. Reichweiten, Dauer des Tankvorgangs und Kosten für den Aufbau der Infrastruktur sprechen hingegen für die Alternativen. Allerdings: Die Chancen der Brennstoffzelle auf einen Markterfolg schwinden mit jeder Ladesäule, die für die Stromer aufgestellt wird.
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