Stuttgart. Noch vor drei Jahren war keineswegs sicher, ob der Daimler-Aufsichtsrat mit Dieter Zetsche in die Verlängerung gehen würde. Kaum noch vorstellbar angesichts der rasanten Entwicklung des Konzerns innerhalb dieser Zeit. Der Umsatz wuchs um 30 Milliarden auf fast 150 Milliarden Euro, der operative Gewinn kletterte 2015 auf die Bestmarke von 13,8 Milliarden Euro. Die Mercedes-Sparte hat die lange anvisierte Rendite von 10 Prozent erreicht. Kein Wunder also, dass der Daimler-Chef bei der Verkündung der Zahlen auf der Jahrespressekonferenz in Stuttgart allerbester Laune war.
Zetsche auf dem Zenit
Nach über zehn Jahren im Amt ist Zetsche auf dem Zenit und hat seine selbst gesteckten Ziele alle erreicht. "Hören Sie auf!" würde man ihm gerne zurufen. In diesem Fall würde der Vorstands-Chef mit dem markanten Schnauzer, der im Mai 63 wird, als derjenige in die Unternehmenshistorie eingehen, der den Stern wieder zum Glänzen und Mercedes endlich wieder auf Augenhöhe mit den Rivalen in Ingolstadt und München brachte. Eine so makellose Bilanz wie in diesem Jahr wird es so schnell nicht mehr geben. Zetsche könnte sich zudem die leidigen Diskussionen über seine Nachfolge ersparen. Die beginnen spätestens dann, wenn er Ende Februar seine Unterschrift unter den Vertrag setzt, der ihn bis Ende 2019 im Amt hält.
Man muss kein Prophet sein um zu ahnen, dass es anders kommen wird. Wirklich aufzuhören, wenn es am schönsten ist – das schaffen nur die wenigsten. Und von Amtsmüdigkeit ist bei Zetsche nichts zu spüren. So wird er das Risiko wählen, das in den nächsten Jahren vor ihm liegt. China ist längst kein Garant für Wachstum mehr. Auch in den USA ist der Markt gesättigt. IT-Giganten wie Google und Apple fordern die etablierten Spieler heraus. Und noch ist unklar, welche Antriebsart sich in Zukunft durchsetzen wird. Unsichere Zeiten also. Und zu dieser Unsicherheit gehört auch, dass Zetsche am Ende wieder vom Überflieger zum ganz normalen Vorstandschef mit durchwachsener Bilanz mutieren könnte.