Auch wenn die aktuelle gute Entwicklung der Neuzulassungen dem Handel in die Karten spielt, gilt es keine Chance ungenutzt zu lassen. Dabei gilt es allerdings genau hinzusehen. Ein Blick in die Zahlen hilft.
Kurzfristige Chance: Dieselprämie nutzen
6,4 Millionen Halter alter Diesel-Pkw stehen vor der Frage, ob sie von der angebotenen Umtauschprämie Gebrauch machen sollen. Der Nachlass – im Schnitt 20 Prozent – ist verlockend, für die Hersteller aber auch teuer. Vielleicht hält sich deren Marketingengagement deswegen oft in engen Grenzen. Doch das ist ein Fehler, denn seit der Verschrottungsprämie war 2009 nie so einfach, verunsicherte Kunden zu binden oder zu gewinnen.
Doch je nach Marke ist die Ausgangsposition unterschiedlich: Besitzer von Autos der Marken VW, Mercedes, Audi, BMW und Ford stellen zwei Drittel potenziellen Prämien-Fahrzeuge (siehe Grafik). Hier gilt es, eine erneute Markenbindung herzustellen oder Käufer von anderen Marken abzuziehen. Einmal abgewanderte Käufer zurückzuholen ist unter dem Strich sicher teurer, und wird angesichts zunehmender Konkurrenz durch sich etablierende Marken wie Skoda, Hyundai, Dacia und Seat immer schwieriger. Opel ist ein warnendes Beispiel. Mitte der neunziger Jahre hatten die Rüsselsheimer noch einen Marktanteil von 17 Prozent. Die danach verlorengegangenen Käufer konnten trotz aller Anstrengungen nicht zurückgewonnen werde. Heute liegt der Marktanteil bei etwas über sieben Prozent.
Mittelfristige Chance: Pkw aus der Verschrottungsprämie 2009
2009 generierte die Verschrottungsprämie knapp eine Million zusätzlicher Neuzulassungen. Noch immer befindet sich der überwiegende Teil davon im Erstbesitz, wird aber in kommenden Jahren ersetzt werden müssen. Doch dabei handelt es sich nicht um einen normalen Ersatzbedarf. Denn weder die Halter noch die Fahrzeuge entsprechend dem Üblichen.
Da es sich bei der Verschrottungsprämie 2009 um einen fixen Betrag handelte, waren überwiegend preisgünstige Pkw gefragt. Von den damaligen Top 20 Marken profitierten Fiat, VW und Skoda an stärksten und gewannen bis zu 1,5 Prozentpunkte Marktanteil. Weitere Profiteure waren Hyundai, Ford, Toyota und Opel. Deren Fahrzeuge aus den Segmenten Mini bis untere Mittelklasse stehen nun zum Ersatz an und warten auf ein neues Angebot vom Handel.
Andere Kundenstruktur, anderes Nachfrageverhalten
Auch die Käufer von 2009 keine klassischen Neuwagenkäufer – schon aufgrund des Alters der abzugebenden Fahrzeuge. Es kommt also demnächst eine Klientel in die Autohäuser, die oft erst einmal einen Neuwagen gekauft hat und jetzt einen Ersatz sucht. Sicher wird ein Teil in den normalen Gebrauchtwagenmarkt zurückkehren, doch auch der ist für den Markenhandel relevant. Andere werden eine neuwertige Alternative suchen. Hier muss dem Handel bewusst sein, dass diese Kunden wohl nur sehr selten zu individuell konfigurierten – und damit teureren – Fahrzeugen greifen werden. Vielmehr sollten aktiv fertige Lagerfahrzeuge angeboten werden und insbesondere wird man sich auf eine verstärkte Nachfrage nach jungen Gebrauchten einstellen müssen.
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