Las Vegas ist große Show und volles Risiko. Alles auf Sieg, nur keine falsche Bescheidenheit. Am Roulettetisch wächst mancher über sich hinaus, weil das große Geld lockt. Die Zurückhaltung wird abgelegt wie ein abgetragenes Jacket. Diesem Zauber können sich offensichtlich auch die großen Autozulieferer nicht entziehen – zumindest wollen sie es nicht.
Und so kann man in diesem Jahr am Strip von Las Vegas einen knallhart kalkulierten Tabubruch beobachten: Die alte Regel, wonach die Zulieferer nicht zu Konkurrenten ihrer Kunden werden dürfen, sie gilt nicht mehr. Der weltgrößte Zulieferer Bosch etwa muss einen Weg aus seiner Zwickmühle finden: Das wegbrechende Geschäft mit dem Diesel auffangen und die Mobilitätstrends der Zukunft nicht verschlafen.
Deswegen fährt Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH, bei der CES groß auf: „Bosch entwickelt ein weltweit einzigartiges Paket aus Hardware, Software und Mobilitätsdiensten für die Shuttle-Mobilität der Zukunft.“ Heyns Ankündigung manifestiert sich in einem futuristischen Kleinbus mit Elektroantrieb, vollautomatischer Steuerung und vier Sitzplätzen.
Bosch spricht von einer „vollkommen neuen Fahrzeugklasse“. Schon im Jahr 2025 könnten weltweit 2,5 Millionen Robo-Busse dieser Art unterwegs sein, erwartet die Unternehmensberatung Roland Berger. Sie vereinen zwei der wichtigsten Mobilitätstrends, „die verstärkte Nutzung von Mitfahrdiensten und die Elektromobilität“, so Roland Berger. „Für Automobilfirmen eröffnet sich damit ein attraktives Marktsegment, denn diese Fahrzeuge lassen sich aufgrund ihres niedrigen Komplexitätsgrads für etwa die Hälfte der Kosten herkömmlicher Pkw herstellen“, schreiben die Berater.
Dieses Geschäft will Bosch nicht seinen Kunden überlassen. Mercedes und VW müssen sich schon Newcomern wie Tesla und Byton erwehren, und Digitalfirmen wie Uber, Didi und die Google-Schwester Waymo sitzen ihnen im Nacken. „Jetzt verschärft sich der Wettbewerb auch noch durch eine Konkurrentengruppe, die lange niemand auf dem Radar hatte“, sagt Berylls-Berater Jan Dannenberg und fügt hinzu: „Bosch kommt sehr selbstbewusst aus der Deckung und zeigt auf der CES das gesammelte Mobilitäts-Know-how mit einem Robo-Taxi.“ Andere Zulieferer würden schnell folgen. Auch Continental, Magna, Schaeffler, Valmet Automotive oder ZF besäßen die Fähigkeit, Fahrzeuge wie das Robo-Taxi von Bosch zu entwickeln und herzustellen.
Continental hat das auch schon unter Beweis gestellt und das fahrerlose, elektrisch angetriebene Robo-Taxi Cube auf dem Frankfurter Hochschul-Campus getestet. Schaeffler steigt nun in Las Vegas ebenfalls in den Ring: Das 100-prozentige Schaeffler-Start-up Bio-Hybrid stellt auf der CES erstmals die Prototypen zweier vierrädriger Pedelecs vor. Die vollverkleideten Fahrräder mit zusätzlichem Elektromotor sind als Zweisitzer (Passenger) und als Pick-up (Cargo) konzipiert. Mitte 2019 soll der Testbetrieb beginnen, für 2020 ist eine Serienfertigung avisiert. Wird also auch Schaeffler zum Fahrzeughersteller? Ein Sprecher zögert etwas, ehe er antwortet. Dann nickt er: „Es ist der erste Schritt, das könnte man schon so sagen.“
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