Das Flexibilisierungsinstrument Zeitarbeit hilft Arbeitgebern, Produktionsspitzen und saisonale Schwankungen abzufedern. Leihbeschäftigte verdienen dabei in der Regel weniger als die Stammbelegschaft. Die jüngsten Tarifabschlüsse und hausinterne Betriebsvereinbarungen der Autohersteller schaffen aber auch in der Zeitarbeit neue Einkommensbestandteile und höhere Monatsentgelte.
Mercedes-Benz und VW zahlen Zeitarbeitern mehr Geld
Mehr Zeitarbeitslohn, Ergebnisbeteiligung, Inflationsausgleichsprämie, Leitungsboni: Interne Betriebsvereinbarungen und Tarifabschlüsse sorgen für höhere Einkommen auch bei Leihbeschäftigten.
Bei Mercedes-Benz sorgt die Gesamtbetriebsvereinbarung GBV DMove – ein Personalkostensparprogramm – dafür, dass Zeitarbeitnehmende im Produktionsbereich vom Autohersteller Zuschläge auf den von der Personalverleihfirma gezahlten Lohn erhalten. Beide Entgeltbestandteile der Leihbeschäftigten – der sogenannte „DMove-Lohn“ – steigen jeweils mit Tariferhöhungen.
Der Stundensatz für Zeitarbeitskräfte im gewerblichen Bereich entspricht nach Unternehmensauskunft „dem Einstellentgelt der befristet und unbefristet beschäftigten Stammmitarbeiter“ und leitet sich vom Manteltarifvertrag Metall Baden-Württemberg ab. Das Einstiegsentgelt für Leihbeschäftigte beträgt derzeit monatlich 3.234,57 Euro. Ab Juni 2023 soll dieses Monatsentgelt laut IG Metall auf 3.402,77 Euro erhöht werden. Ab Mai 2024 sollen Leihbeschäftigte 3.515,06 Euro erhalten. Die Abstimmungen dazu dauerten bei Redaktionsschluss noch an.
An den Mercedes-Benz-Standorten Bremen, Hamburg, Düsseldorf, Sindelfingen und Untertürkheim bekommen Zeitarbeitnehmer in der Produktion zudem eine „Anerkennungsprämie“ für das Geschäftsjahr 2022 in Höhe von bis zu zehn Prozent der Ergebnisbeteiligung von Mercedes-Benz – für das Jahr 2022 erreichte die Gewinnbeteiligung eine Rekordhöhe von 7.300 Euro. Die Verhandlungen an anderen Standorten laufen noch.
Die Zeitarbeiterquote betrage „in der Regel maximal acht Prozent der Stammbelegschaft am jeweiligen Standort“, teilt Mercedes-Benz mit. Diese Quote wurde jedoch laut Betriebsrat bereits im Februar 2022 überschritten. Leibeschäftigte Schichtarbeiter im Produktionsbereich können demnach mit einer beträchtlichen Nachzahlung und höheren Monatseinkommen rechnen. Die GBV Dmove regelt nämlich, dass bei einer Überschreitung der Leiharbeitsquote von acht Prozent alle Zeitarbeitnehmer im Produktionsbereich ab dem Kalendermonat der Überschreitung zusätzlich 12 Monate Schichtzuschläge nach IG-Metall-Tarifvertrag erhalten (Nachtschichtzuschlag pro Arbeitsstunde zwischen 19 und 23 Uhr: 30 Prozent. Spätschichtzuschlag pro Arbeitsstunde zwischen 12 und 19 Uhr: 20 Prozent).
Die 1.600 Beschäftigten der Autostadt GmbH und der Wolfsburg AG und die 9.000 Beschäftigten der Volkswagen Group Services und der Autovision erhalten laut IG Metall „die gleichen Erhöhungen und Inflationsausgleichsprämien wie im VW-Mutterkonzern“. Ab Juni 2023 steigen die Entgelte um 5,2 Prozent und ab Mai 2024 um weitere 3,3 Prozent. Die Inflationsausgleichsprämien belaufen sich auf eine Gesamthöhe von 3.000 Euro.
Laut der „Charta der Zeitarbeit im Volkswagen Konzern“ gewähren Tochtergesellschaften von Volkswagen, die als Verleihunternehmen fungieren wie die Volkswagen Group Services und AutoVision, ihren Beschäftigten eine Ergebnisbeteiligung: Das Ausschüttungsvolumen beträgt laut Zeitarbeits-Charta für die gesamte Belegschaft „mindestens zehn Prozent des operativen Ergebnisses der jeweiligen Konzerntochter“.
Spätestens nach neun Monaten erhalten Zeitarbeitnehmer, die bei VW im Einsatz sind, laut Charta das „gleiche Grundentgelt wie ein vergleichbarer Stammmitarbeiter“. Leistungsorientierte Entgeltbestandteile wie Teambonus und individueller Leistungsbonus stehen Zeitarbeitskräften ab dem zweiten Jahr ihrer Beschäftigung „in analoger Höhe zur Stammbelegschaft“ zu.
Die VW-Zeitarbeits-Charta legt zudem eine Leiharbeiterquote von „fünf Prozent pro Standort“ als Richtwert fest. In Absprache mit dem Betriebsrat kann VW jedoch davon abweichen. Während beispielsweise derzeit am Standort Emden, wo der Anlauf des ID.4 gestemmt wird, laut VW-Konzernbetriebsratssprecher „eine vierstellige Anzahl an Leiharbeitnehmern“ tätig sei, gäbe es in Wolfsburg wegen der Auslastungsprobleme „derzeit praktisch keine Zeitarbeit".