Viele Monate wurde verhandelt. Da ist es kaum verwunderlich, dass nun beide Seiten bei Audi versuchen, die getroffene Vereinbarung als Erfolg darzustellen. Die Betriebsräte feiern die Beschäftigungsgarantie bis 2029 und die Perspektive, dass in beiden Werken in Deutschland Elektroautos gebaut werden. Bram Schot als Chef auf Abruf kann sich auf die Fahnen schreiben, Personal und Produktionskapazitäten zurechtgestutzt und mit den gesparten Milliarden die Profitabilität unterstützt zu haben.
Was nach einer großen Weichenstellung für die Zukunft aussieht, ist in Wahrheit aber ein untrügliches Zeichen des Niedergangs einer einst großen Marke. Kaum zu glauben, dass sich beide Seiten einfach damit zufrieden geben, dass die Auslastung in Ingolstadt und Neckarsulm deutlich sinken soll.
Der Diesel-Skandal hat Audi im Wettbewerb mit den Konkurrenten BMW und Daimler um Jahre zurückgeworfen. Weil die Konzentration allzu lange auf der Vergangenheit lag und die Entwickler mit Software-Updates beschäftigt waren, hat Audi die WLTP-Umstellung versemmelt und viele Modelle nur mit begrenztem Motoren-Angebot auf den Markt gebracht. Marktanteile, die etwa beim Flaggschiff A8 auf diese Weise verlorengingen, lassen sich kaum mehr wiederholen.
Aber auch im Konzern selbst befindet sich Audi auf dem absteigenden Ast. Die Ingolstädter wurden zur Zusammenarbeit mit Porsche verdonnert, müssen sich der Konzernschwester aus Zuffenhausen vor allem bei den Elektro-Plattformen unterordnen. Längst ist Porsche-Chef Oliver Blume als Produktionsvorstand zum starken Mann in Wolfsburg avanciert. Vermutlich hat er bei der Belegung der Werke von Audi ein gewichtiges Wörtchen mitgesprochen. Audi selbst dagegen hat seine starke Stellung im Konzern spätestens mit dem Abgang von Rupert Stadler eingebüßt.
Markus Duesmann hat als Nachfolger von Bram Schot nun eine Basis, auf der er in den kommenden Jahren aufbauen kann. Doch die entscheidende Aufgabe steht ihm noch bevor. Er muss den Slogan "Vorsprung durch Technik" endlich wieder mit Leben füllen und die Marke mit den vier Ringen wieder auf Augenhöhe bringen mit den Konkurrenten aus Stuttgart und München. Immerhin besteht die Chance, dass er als Wunschkandidat von Herbert Diess auch wieder mehr Gehör in Wolfsburg findet. Falls nicht, dürfte sich der Niedergang von Audi weiter beschleunigen.
Lesen Sie auch:
Markus Duesmann: Der neue Audi-Chef im Porträt
Audi-Werk droht das Abstellgleis: Wie Neckarsulm um die Zukunft kämpftAudi-Chef Bram Schot: "Die Komplexität hat uns fast umgebracht"
Chefwechsel bei Audi: Duesmanns größte Baustellen
Aus dem Datencenter: