Es war ein liebevoll gepflegtes Ritual. Zu den großen Messen wie der IAA oder dem Pariser Autosalon gaben Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche und Ex-Renault-Chef Carlos Ghosn regelmäßig eine gemeinsame Pressekonferenz, die von Medienvertretern wegen ihres hohen Unterhaltungswertes auch die "Carlos- und Dieter-Show" genannt wurde. Die beiden Manager schwärmten von der im Jahr 2010 gestarteten Kooperation beider Unternehmen, von den Synergien in Milliardenhöhe und davon, dass beide Seiten nur gewinnen können. "Die Allianz ist eine Maschine die läuft", sagt Ghosn beim letzten gemeinsamen Auftritt im Oktober 2018 in Paris.
Drei Jahre später liegt diese Maschine mit schnaufendem Motor am Straßenrand. Die Franzosen betonen zwar, dass der Verkauf der Anteile an Daimler keinen Einfluss auf die industrielle Zusammenarbeit habe. Doch die Analyse der Projekte in den vergangenen Jahren zeigt, dass davon ohnehin nicht mehr viel übrig ist. Während Renault mit internen Problemen innerhalb der Allianz mit Nissan und Mitsubishi zu kämpfen hatte, orientierte sich der Daimler-Konzern mehr und mehr zum neuen Partner Geely. Dessen Eigentümer Li Shufu drängte nach dem Kauf von zehn Prozent der Anteile an Daimler im Jahr 2018 auch auf eine technologische Kooperation.
Paradebeispiel für diese Strategieverschiebung ist der Smart. Dessen aktuelle Generation wurde einst mit Renault gemeinsam entwickelt. Der Viersitzer basiert auf dem Renault Twingo und läuft auch aktuell noch mit diesem im Renault-Werk Novo Mesto in Slowenien vom Band. Doch einen Nachfolger dieser Generation wird es nicht mehr geben. Stattdessen hat Daimler das Smart-Werk im französischen Hambach verkauft und die Zukunft der Marke in die Hände des neuen Partners Geely gegeben. In China wird derzeit ein kompaktes Elektro-SUV entwickelt, das 2022 auf den Markt kommen soll. Wie lange die Produktion von Smart in Europa noch läuft, ist unklar.