BMW ist auf Erfolgskurs – kein Zweifel. Das vergangene Jahr war für den Premiumhersteller das achte Rekordjahr in Folge und bei der Vorlage der Zahlen für das erste Quartal hat Vorstandschef Harald Krüger angekündigt, den Vorjahreswert auch 2018 wieder übertreffen zu wollen. So weit, so gut.
Wo BMW im Vergleich zur Konkurrenz steht
In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres hat BMW mehr als 604.000 Autos verkauft und damit erstmals in einem Quartal die Marke von 600.000 Autols überschritten. Mehr als 517.000 Neuzulassungen entfielen auf die Kernmarke. Konkurrent Mercedes-Benz verkaufte allerdings 594.304 Autos und verteidigte damit den ersten Platz unter den Premiumherstellern. Was die Münchner noch mehr schmerzen dürfte: Der Absatz der Stuttgarter stieg um sechs Prozent, der eigene nur um 2,8 Prozent. Auch bei Umsatz und Gewinn liegt BMW hinter Daimler. Damit sich das möglichst schnell ändert, dreht BMW an mehreren Stellschrauben.
Mercedes hat im vergangenen Jahr von der Modelloffensive der vergangenen Jahre profitiert. In diesem Jahr starten die Münchner ihren Gegenangriff. 20 neue Modelle hat der Hersteller angekündigt. Während Modelle wie der i8 Roadster, der Z4 und der neue Achter eher technische Aushängeschilder sind, die auf geringe Stückzahlen kommen werden, sollten der X2, der X4 und der X5 dem Absatz durchaus einen Schub verleihen. Ob sich das allerdings schon in diesem Jahr positiv auswirkt, bleibt abzuwarten.
Die Variantenvielfalt soll künftig deutlich sinken. Ausstattungen, die von wenigen Kunden gewünscht werden, sollen aus Kostengründen entfallen. Damit sollen die hohen Investitionen, die BMW wie alle anderen Hersteller tätigt, um sich auf die Mobilität der Zukunft vorzubereiten, ausgeglichen werden. "Wenn so viel investiert wird, muss an anderer Stelle gespart werden. Dann gibt es eben nicht mehr fünf Dieselvarianten, sondern nur noch zwei oder drei", sagt BMW-Finanzchef Nicolas Peter im Automobilwoche-Interview.
Ob das ausreicht, um die Milliardeninvestitionen für die Entwicklungen neuer Technologien auszugleichen, muss sich erst noch zeigen. Momentan profitiert BMW von der hohen Nachfrage nach seinen Modellen, vor allem den SUVs. Aber das muss nicht so bleiben.
Vom Abgas-Skandal ist BMW bisher größtenteils unberührt geblieben. Zwar stoßen auch die Fahrzeuge der Münchener auf der Straße deutlich mehr Schadstoffe aus als auf dem Prüfstand, das hat aber bisher weder Kunden noch Aufsichtsbehörden gestört. Zwar muss auch BMW Autos zurückrufen, mit maximal 11.700 Fahrzeugen ist deren Zahl aber überschaubar. Grund ist ein Versehen, bei dem irrtümlich eine falsche Software installiert wurde, wie Vorstandschef Harald Krüger auf der Hauptversammlung erklärte.
Doch auch ohne Rückrufe und ohne eigenes Verschulden stellt die Debatte um Diesel-Emissionen und mögliche Fahrverbote eine Belastung für BMW dar. Der Dieselanteil lag 2016 in Deutschland noch bei knapp 60 Prozent, 2017 waren es weniger als 50 und im April betrug er nur noch 46 Prozent. Weltweit ist die Bedeutung des Diesels zwar geringer, weil er in den beiden größten Märkten China und USA praktisch keine Rolle spielt, für das Erreichen der CO2-Grenzwerte der EU ist er aber von zentraler Bedeutung. Werden diese verfehlt, drohen teure Strafzahlungen.
Aufgrund der Umstellung des Messverfahrens von Schadstoffen muss BMW auch mehrere Benziner-Modelle zeitweilig aus dem Programm nehmen. Die beliebten SUVs X5 und X6 waren ohnehin am Ende des Modellzyklus' angelangt, ihre Benzinversionen mussten lediglich etwas früher als geplant vom Markt genommen werden. Dass jedoch auch die Produktion und der Verkauf einiger Varianten der Modelle X1, X2 und Siebener unterbrochen werden mussten, traf den Hersteller schon härter. Ab Juli rüstet BMW die für den europäischen Markt bestimmten Fahrzeuge mit Benzinmotoren serienmäßig mit Partikelfiltern aus.
Als der BMW i3 Ende 2013 auf den Markt kam, war BMW Vorreiter unter den deutschen Herstellern. Doch abgesehen vom Hybrid-Sportler i8 ist danach kein weiteres Modell der Tochter BMW i mehr gekommen. Der iNext ist für 2021 angekündigt, zu einem Zeitpunkt, zu dem auch Mercedes, Audi und VW ihre Elektroautos in Serie bringen wollen. Sicher war der i3 gemessen an den Stückzahlen kein großer Erfolg, aber er war ein Aushängeschild und mit den bei seiner Entwicklung gemachten Erfahrungen hätte BMW durchaus weitere Modellreihen elektrifizieren können. Jetzt sieht es so aus, als würde der Hersteller ebenso abwarten wie die deutschen Konkurrenten – und dabei möglicherweise von Tesla und chinesischen Herstellern abgehängt werden. Im vergangenen Jahr hat Tesla in den USA 28.800 Model S verkauft, BMW 9276 Siebener. Tesla kämpft zwar beim Model 3 noch mit Produktionsproblemen, diese werden aber irgendwann behoben sein und dann bietet das Model 3 deutlich mehr Auto zum gleichen Preis als der i3. Konkurrenzmodelle für das Model S und das Model X bietet BMW derzeit gar nicht an. Immerhin: Für 2019 hat Krüger einen Elektro-Mini und einen elektrischen X3 angekündigt.
Wie die Münchner im Vergleich zur Konkurrenz beim Zukunftsthema autonomes Fahren abschneiden, ist derzeit schwer abzuschätzen. Durch die Kooperation mit Intel und Mobileye sollten die Münchner hier gut aufgestellt sein. Fakt ist aber, dass Audi mit dem A8 und Tesla bereits Fahrzeuge anbieten, die auf diesem Gebiet sehr weit vorn sind.
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Aus dem Datencenter:
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