Herr Baudach, wie verändert sich der europäische Aftermarket?
Es gibt einen großen Trend in Europa. Hier richtet sich momentan der Aftermarket neu aus und gleicht sich immer mehr der Konstellation in Nordamerika an. Dort gibt es nur noch wenige große Händler, die sich den Markt teilen. Dieser Trend setzt sich in Europa fort.
Wie sieht die Neuausrichtung im Detail aus?
Es findet eine umfangreiche Konsolidierung statt. Die Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, werden größer. Dabei sehen wir zwei Trends: Zum einen gibt es ein rasches Wachstum, sowohl bei großen nationalen als auch international agierenden Unternehmen. Zum anderen bilden sich immer mehr International Trading Groups, sogenannte ITGs, heraus. Das sind Zusammenschlüsse mehrerer Großhändler, die über Ländergrenzen hinweg agieren. Als Käufergemeinschaften sind sie in der Lage, noch größere Stückzahlen abzunehmen. Als weltweit agierendes Unternehmen mit einer breiten Palette an Qualitätsprodukten ist Federal-Mogul Motorparts gut aufgestellt, sich hier bietende Gelegenheiten zu nutzen.
Wie sind die Erstausrüstung und das Aftermarket-Geschäft bei Federal-Mogul aufgeteilt?
Der Geschäftszweig Motorparts bedient sowohl das OE-Geschäft als auch den Aftermarket. Im OE-Bereich entwickeln, konstruieren und fertigen wir im Auftrag der Hersteller innovative Produkte wie Bremsbeläge, Fahrwerkskomponenten und Scheibenwischer.
Im Aftermarket ist die Anspruchshaltung nahezu vergleichbar mit der des OE-Geschäfts. Der Wettbewerb treibt die Nachfrage nach hochwertigen Ersatzteilen, mehr Serviceleistungen und schnelleren Lieferzeiten weiter voran. Das bietet uns die Möglichkeit für mehr Nachhaltigkeit und Differenzierung. Wichtig ist uns daher, dass wir näher an diejenigen heranrücken, die täglich mit unseren Aftermarket-Produkten arbeiten: die Werkstätten. Wir wollen wissen, was die Mitarbeiter in den Werkstätten brauchen, damit wir sie künftig noch besser unterstützen können. Und wir möchten Rückmeldungen von unseren Kunden, damit wir die steigenden Bedürfnisse der Branche noch besser erfüllen können.
Wie stellen Sie diese Nähe zu den Werkstätten her?
Wir haben zum einen unser technisches Callcenter. Hier beantworten Experten sämtliche technischen Fragen, um welches Pkw-Modell oder welches Ersatzteil es sich auch handelt. Zudem bieten wir eine interaktive Online-Wissensplattform. Auf www.fmcampus.eu stellen wir virtuelle Trainingseinheiten, Schulungsvideos und neueste technische Dokumente bereit. Darüber hinaus sind wir dabei, Schulungszentren aufzubauen, um in den USA bereits erfolgreiche Aktionen auch nach Europa zu holen. Daneben gibt es das Programm F-M for Me. Hier bieten wir Händlern technische Einweisungen in unsere Produkte. Und in den Werkstätten führen ausgebildete Trainer direkt vor Ort praktische Schulungen durch. Zusätzlich veranstalten wir Werksführungen. Dabei zeigen wir, wie unsere Produkte entstehen und wo ihre Vorteile liegen.
Welche konkreten Vorteile bringt Federal-Mogul so ein breites Portfolio mit bekannten Markten wie Champion, Ferodo oder Jurid?
Als globaler Anbieter haben wir eine passende Infrastruktur, Mitarbeiter und Prozesse, um unsere Kunden überall auf der Welt beliefern zu können. Unser großes Angebot macht aus uns einen One-Stop-Supplier. Kunden erhalten bei uns nicht nur den Bremsbelag und die passende Bremsscheibe, sondern auch Scheibenwischer, Motor- und Fahrwerkskomponenten, Beleuchtungsprodukte oder Filter.
Werden Sie Ihre Ausrichtung als One-Stop-Supplier auch künftig beibehalten?
Mit Sicherheit, denn diese Ausrichtung hat sich bewährt. Insbesondere in den Bereichen Zündung, Chassis und Bremsen. Das sind für uns Schlüsselprodukte, um mit großen Kunden zusammenzukommen. Sie sind gewissermaßen der Türöffner, um dem Kunden im Paket auch andere Produkte aus unserem Portfolio anbieten zu können.
Federal-Mogul Motorparts ist vor allem beim klassischen Verbrennungsmotor aktiv. Wie schaffen Sie den Schwenk, wenn die E-Mobilität Fahrt aufnimmt?
Unser Ziel ist es, die Messlatte in der Automobilzuliefererindustrie kontinuierlich zu erhöhen. Als großer OE-Zulieferer arbeiten wir zusammen mit Herstellern, die selbst im Bereich E-Mobility und autonomes Fahren tätig sind. Wir halten es für möglich, dass autonomes Fahren früher in den Markt dringt als Elektrofahrzeuge. Dies gilt vor allem im Lkw-Segment, wo wir ein großes Potenzial für autonome Fahrzeuge sehen. Wenn sich die Branche in Richtung Elektromobilität und autonomes Fahren entwickelt, wird unser großes Know-how ebenso gefragt sein wie unsere hochwertigen Komponenten. Vor allem das Segment autonomes Fahren wird die Ansprüche an zuverlässige Produkte enorm steigern. Wir erwarten hier eine verstärkte Nutzung der Automobile, etwa durch die so genannten Robo-Taxis, die voraussichtlich rund um Uhr im Einsatz sein werden. Das erhöht die Nachfrage nach Wartung und Reparatur.
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