Wie sieht Ihre Strategie aus?
Wir setzen auf das Premiumsegment und unsere Design-Kompetenz. Angesichts der Elektrifizierung ist das Design heute im Zentrum der Entwicklungsprozesse. Vor 20 Jahren standen noch die Motorleistungen oder der Verbrauch im Zentrum des Kundeninteresses.
Und wo sind Sie regional tätig?
Wir haben etwas weniger als 400 Mitarbeiter an unserem Firmensitz bei Turin für Automobil-, Industriedesign, Architektur und Mobilitätsdesign sowie für die Produktion von Kleinstserien. Und wir haben bei Pininfarina Deutschland 220 Beschäftigte in München und Stuttgart, vor allem bei unserem Hauptkunden BMW sowie weitere 20 in Miami und bald weitere in Los Angeles sowie 50 in Shanghai. Asien, vor allem China, die USA und Deutschland, wo die großen und innovativen Hersteller sind, sind für uns von zentraler Bedeutung.
Lässt Ihnen Großaktionär Mahindra genug Freiheiten?
Wir sind völlig unabhängig. Mahindra kontrolliert 76 Prozent, aber in unserer Kontrollgesellschaft gibt es auch andere Anteilseigner. 24 Prozent des Kapitals der Pininfarina Spa sind breit gestreut. In unserem Aufsichtsrat sitzen nur vier Vertreter von Mahindra und fünf unabhängige Mitarbeiter. Wir können für jeden Hersteller arbeiten, auch in anderen Sektoren. Wir erzielen 14 Prozent unseres Umsatzes in anderen Branchen.
Was machen Sie sonst noch?
Die Palette ist groß und reicht von Flugzeugen über Züge, Handys, Schreibwerkzeug und Jachten bis hin zu Lampen und vielem mehr. Wir haben das neue Stadion von Juventus Turin entworfen und den Tower des neuen Flughafens von Istanbul sowie Küchen für die Marke Snaidero. Für einige Produkte kassieren wir Lizenzeinnahmen, andere verkaufen wir unter eigenem Namen, Uhren etwa oder Gepäckstücke.
Was machen Sie in Ihrem Kerngeschäft Auto?
Wir entwerfen und entwickeln Autos für Dritte und fertigen Kleinstserien bis etwa 50 Einheiten. Wir haben in Turin eine Produktionskapazität von 300 Einheiten. Wir sind einer der kleinsten Hersteller der Welt, der Fahrzeuge vom Entwurf bis zum Endprodukt produziert.
Aber sie produzieren auch Autos für Mahindra!
Ja, aber nicht direkt für Mahindra. In der Gruppe gibt es die Gesellschaft Automobile Pininfarina, die nicht zu unserer Gruppe gehört, aber den Namen Pininfarina in Lizenz nutzen darf. Das ist ein Kunde wie jeder andere, für den wir den Battista (PFO) entwickelt haben, den wir für ihn auch produzieren. Diese Aktivität trägt nur fünf bis sechs Prozent zu unserem Umsatz bei.
Wer sind die Hauptkunden?
Mit BMW erzielen wir 20 Prozent unserer Einnahmen. Das ist unser wichtigster Kunde. Dann gibt es Ferrari, für die wir Kleinstserien entwerfen, entwickeln und produzieren. Ein weitere Kunde ist HK (Hybrid Kinetik). Der Eigentümer und Chef war der Gründer der chinesischen Brilliance-Gruppe.
Sie haben auch ein Projekt mit dem vietnamesischen Autobauer VinFast!
Ja, wir haben deren gesamte Produktpalette entwickelt. Auf dem Pariser Salon wurden ein SUV und ein weiteres Auto gezeigt. Sie sollen 2020 auf den Markt kommen.
Gibt es weitere Projekte?
Ja, wir sind mit drei Produzenten in Gesprächen über Design- und Entwicklungsaufträge sowie Engineering- und Produktionsprojekte.
Wer kauft eigentlich die Autos solcher Kleinstserien? Die kosten ja bis zu 2 Millionen Euro!
Das sind Sammler, Fans, aber auch Investoren. Ein Beispiel: 2008 haben wir für einen Kunden ein Modell auf Basis eines Rolls-Royce entwickelt, denn der Kunde fünf Jahre später für den doppelten Preis von sechs Millionen Euro verkauft hat.
Wie wichtig ist für Sie Deutschland?
Die deutschen Hersteller haben die fortschrittlichsten Technologien entwickelt. Deutschland ist einer der schwierigsten Märkte und hat für uns zentrale Bedeutung. Wir wollen dort viel mehr machen und unsere Partnerschaft mit Daimler, AMG und Porsche ausbauen.
Nutzen Sie auch Ressourcen von Mahindra in Indien?
Ja, weil Mahindra dort Kompetenzen auf einem sehr hohen Level hat. Wir profitieren davon in unserem Wachstum. Wir haben bei uns andere umfangreiche Kompetenzen, die in manchen Fällen sehr spezialisiert sind. Wir nutzen so Wettbewerbsvorteil
Wollen Sie auch durch Übernahmen wachsen?
Wir planen auch externes Wachstum, um unsere Kompetenzen in den Bereichen Innendesign, Konnektivität, Künstliche Intelligenz und digitaler Handel zu stärken. Auf diese Weise können wir unsere Wertschöpfung verbessern. Wir setzen auch auf 3-D-Druck. Wir glauben so einige Komponenten fertigen zu können. So werden wir flexibler und können unsere Kosten reduzieren.
Wollen Sie auch Ihre Produktionskapazitäten erhöhen?
Nein. Wir glauben, dass sie ausreichen.
Wie sehen Ihre Wachstumspläne aus?
Wir wollen unseren Umsatz auf mehr als 300 Millionen Euro verdreifachen.
Wie finanzieren Sie Ihr Wachstum?
Wir haben eine hohe Liquidität, ein Nettovermögen von 65 Millionen Euro und eine Verschuldung von nur 34 Millionen Euro, deren Fälligkeit sich über zehn Jahre verteilt. Auch die Börse verschafft uns Möglichkeiten.
Für Karma entwickeln Sie einen Supercar! Was ist das für ein Projekt?
Wir sind sehr stolz auf diese Partnerschaft mit dem größten chinesischen Komponentenhersteller und werden demnächst in Shanghai ein Concept Car dazu vorstellen. Generell streben wir sehr langfristige Geschäftsbeziehungen mit unseren Kunden an, damit sich unsere Investitionen auch rentieren. Diese Partnerschaft ist auch der Grund dafür, dass wir Designaktivitäten in Shanghai aufbauen. Man muss in Kalifornien präsent sein wenn man da in Zukunft mitmischen will.
Sie sehen in der aktuellen Entwicklung der Automobilbranche insgesamt eher Chancen als Risiken für Pininfarina?
Auf jeden Fall. 2019 wird zwar ein schwieriges Jahr für die Branche. Aber die Elektrifizierung wird radikale Umwälzungen zur Folge haben und den Zugang zum Markt für Newcomer, aber auch für kleinere Unternehmen wie uns deutlich erleichtern.
Hilft Ihnen die italienische Wirtschaftspolitik?
Italien ist viel besser als sein Ruf und ich habe dem italienischen Schul- und Hochschulsystem sehr viel zu verdanken. Wir müssen aber viel mehr in Bildung investieren und die schweren Versäumnisse in der Infrastrukturpolitik aufholen.
Und wie ist der Ruf des Made in Italy?
Der Bedeutungsverlust der italienischen Autoproduktion und vor allem des Standorts Turin ist erschreckend. Aber Italiens Design hat Weltruf und die Italianitŕ von Pininfarina ist für uns ganz wichtig.
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