Frau Werner, Ihr Geschäftsbereich Integrität und Recht implementiert zusammen mit dem Personalressort von Gunnar Kilian das Programm Together-4-Integrity. Was sind die Kernziele hinter „T4I“?
T4I erfasst den gesamten Konzern. Wir wollen ein gemeinsames Verständnis von Werten und Integrität schaffen und eine werteorientierte Führung verankern. Weltweit, wohlverstanden, über alle Marken und Regionen. Together-4-Integrity basiert auf der Ethics- and Compliance-Initiative und hat genau wie diese fünf Säulen. Die jeweiligen Roll-outs in den Marken berücksichtigen deren jeweilige Ausgangsposition in den Bereichen Integrität, Compliance und Kulturwandel und setzen dort an, wo weiße Flecken bestehen.
Wie arbeiten Sie konkret zusammen, gibt es ein gemeinsames Projektbüro?
Gunnar Kilian und ich stimmen uns sehr eng ab. Auch unsere Teams führen regelmäßige Projektmeetings durch. Dort besprechen sie sämtliche Aktivitäten, die im Integritätsmanagement, im Monitorship, im Programmmanagement Office, bei Together-4-Integrity und im Personalwesen laufen. Wir suchen dabei Synergien, und jeder unterstützt den anderen, sowohl methodisch als auch bei der Nutzung gemeinsamer Ressourcen. T4I selbst hat ein Projektbüro, für das der Vorstand rund 50 Planstellen eingerichtet und finanzielle Ressourcen in Millionenhöhe bereitgestellt hat.
Planen Sie, die individuelle Umsetzung von Zielen bei Ethik, Compliance, und Integrität künftig in Form eines Bonus oder auch Malus in die Entlohnung einfließen zu lassen?
Auch die Incentivierung ist entscheidend dafür, ob das Management die Kulturveränderungen mitträgt. Eine wesentliche Kulturveränderung, die wir in den Bonus hineinbringen wollen, ist das unternehmerische Denken – und zwar auf allen Managementebenen. Und der Abbau von Silos, vor allem von Silos im Kopf. Es kann nicht sein, dass ich Geschäftsentscheidungen in meinem Verantwortungsbereich so treffe, dass mein eigener Verantwortungsbereich und damit mein eigener Bonus optimiert wird, auch wenn der Mehrwert für den Konzern höher wäre, wenn ich eine andere Entscheidung träfe. Zur Verankerung von Ethik und Compliance im Bonus gibt es unterschiedliche Ansätze, da ist VW noch zu keiner finalen Lösung gekommen.
Ist denn integres Verhalten überhaupt messbar? Lässt sich ein Integritätsindex denken, auf dem man ganz exakt entsprechende Skalierungen abtragen kann?
Die Ökonomin in mir schätzt und unterstützt Messbarkeit. In einer früheren Verantwortung habe ich schon erfolgreich daran mitgewirkt, Compliance messbar zu machen. Deshalb bin sicher, dass man auch Integrität messen kann, und das wollen wir in Zukunft leisten. Wir arbeiten aktuell mit der Technischen Universität München an einem sehr spannenden Projekt. Ich denke, dass wir noch in diesem Quartal mit der TUM das erste Pilotprojekt starten werden, um Integrität messbar zu machen.
Wie bedeutsam sind Ihre langjährigen Erfahrungen als Expertin für Revision in Ihrem jetzigen Aufgabenbereich im Konzernvorstand?
Das hilft mir natürlich bei der Zusammenarbeit mit dem Monitor. Denn das, was Larry Thompson und sein Team im Moment machen, ist im Grunde genommen auch eine Art Revision, ein Audit. Das heißt, sie wenden Methoden an, die mir vertraut sind. Sie stellen einen Sachverhalt fest und geben anschließend Empfehlungen ab, wie dieser verbessert werden kann. Zudem hat die interne Revision schon immer sehr eng mit der Compliance-Abteilung zusammengearbeitet. Es gibt wichtige Schnittstellen zur Rechtsabteilung, da viele Sachverhalte, die die Revision aufdeckt, anschließend einer juristischen Prüfung unterzogen werden müssen. Anders gesagt: Ich arbeite jetzt als Vorstand für Integrität und Recht mit all den Bereichen zusammen, die vorher meine Schnittstellen waren.
Sie sind Mitglied der Aufsichtsräte von Audi, Traton, Seat, Porsche. Helfen Ihnen diese zusätzlichen Mandate bei der täglichen Arbeit als Konzernvorständin und beim Ausrollen von Together-4-Integrity?
Beides kann ich bejahen. Die Ratsmandate helfen mir, mich noch intensiver auch mit den Themen auf Markenebene zu befassen. Das ist sehr wichtig, denn nur, wenn wir hier in der Konzernzentrale ein klares Verständnis dafür haben, wie wir in Konzernstellen wertschöpfend für die Marken arbeiten können, bekommen wir auch die Unterstützung in den Marken für unsere Programme und Projekte. Und natürlich wird in den jeweiligen Aufsichtsratsgremien auch intensiv zu Compliance und Risikomanagement berichtet. Somit habe ich da eine zusätzliche Informationsquelle, die überaus hilfreich für mich ist.
VW möchte mit einem ganz neuen Wertesystem zu einem besseren Unternehmen werden. Welche Schwerpunkte setzen Sie persönlich?
Es geht zunächst darum, dass alle Mitarbeiter ganz klar wissen, wofür der Konzern, wofür die Marke Volkswagen, wofür die eigene Marke steht. Diese Grundsätze, wir nennen sie auch Essentials, haben wir jüngst in mehreren Workshops entwickelt. Die Arbeitnehmer waren einbezogen. Das wird uns helfen, dass alle Mitarbeiter sich wieder mit Stolz zu Volkswagen bekennen können und hinter ihrem Unternehmen stehen. Dies wird für uns auch ein sehr wichtiger Faktor sein im sogenannten "War for Talent", also dabei, auf dem zunehmend schwierigen Arbeitskräftemarkt gerade in den Themen IT, Digitalisierung und Technik die richtigen Arbeitskräfte zu finden.
Der VW-Konzern befindet sich im größten Umbruch der Unternehmensgeschichte. Wo liegen für Sie die wichtigsten Stellhebel, um den Wandel zu gestalten?
Der Veränderungsprozess hat drei wesentliche Kernelemente. Einerseits die Aufarbeitung der Dieselkrise. Da ist immer noch sehr viel Arbeit zu leisten. Das heißt, wir müssen immer noch den Blick auch nach hinten richten und aufräumen. Die zweite Facette ist der technologische Wandel mitsamt der Digitalisierung. Der dritte Aspekt betrifft den Wandel der Wertschöpfungskette in der gesamten Automobilindustrie: Weg vom Eigentum am Fahrzeug, hin zur Nutzung. Wir werden vom Verkäufer von Fahrzeugen zum Mobilitätsdienstleister. Entscheidend dafür sind schnelle und agile Prozesse. Wir müssen die Entscheidung immer an der Position treffen, wo das größtmögliche Know-how liegt. Das bedeutet, wir müssen den Flaschenhals der Aufwärtsdelegation von Entscheidungen abbauen. Und dazu brauchen wir auch im mittleren Management mehr Mut, Entscheidungen selbst zu tragen und auch Fehler zu machen oder sogar mal zu scheitern, Hauptsache, man lernt daraus. Das ist eine ganz neue Fehlerkultur: Nicht mehr einen Schuldigen suchen, sondern eine Lösung für ein erkanntes Problem.
Der Vorstand betont oft, ein kultureller Wandel bei VW sei unverzichtbar für den wirtschaftlichen Erfolg in der Zukunft. Warum reicht es nicht, gute Autos zu bauen?
Es geht nicht nur darum, bald einen erfolgreichen Golf 8 zu bauen. Es geht darum, dass Volkswagen eines Tages nicht seine 80-jährige, sondern seine 180-jährige Geschichte feiern kann. Es ist der langfristige Unternehmenserfolg, der von diesem Kulturwandel abhängt. Also müssen wir den Blick viel stärker in die Zukunft richten. Dazu gehört auch, globaler zu agieren, die Innovationskraft zu erhalten, sich nicht auf den Erfolgen auszuruhen und neue Player ernst zu nehmen. Wie hat es Herbert Diess formuliert in der letzten Topmanagementkonferenz: "Weniger Mittellandkanal und mehr Multikulti".
Welche Eckpfeiler sollen die Zielkultur des VW-Konzerns eines Tages tragen?
Das haben wir über das Programm Together-4-Integrity in den fünf Prinzipien sehr gut abgebildet. Integrität und Compliance sollen zentraler Bestandteil der Geschäftsstrategie sein. Aber auch ein Risikomanagement, in dem wir Gefährdungen frühzeitig erkennen, uns für sie verantwortlich fühlen. Jedes Risiko hat einen Eigentümer, der es effizient managt. Wir brauchen eine offene Diskussionskultur. Wenn zwei Menschen miteinander sprechen, ist es noch nie passiert, dass einer von beiden dabei dümmer geworden ist. Und wir müssen das Vertrauen bei allen unseren Stakeholdern haben, das heißt, bei unseren Investoren genauso wie bei unseren Kunden, der Politik, unseren Lieferanten und bei unseren Mitarbeitern.
VW war ein stark von Ingenieursdenken getriebenes Unternehmen. Werden Sie inzwischen bei der Einschätzung zu rechtlichen Fragen oder bei Überlegungen zu integrem Verhalten ausreichend gehört? Im Vorstand, im Topmanagement, unter den Führungskräften?
Ich gebe Ihnen zwei Beispiele. Zunächst mal wurde bei uns der Kernprozess eines jeden Automobilunternehmens, der PEP, der Produktentstehungsprozess, grundlegend überarbeitet. Nicht nur, dass sich einige Meilensteine in der Abhängigkeit voneinander verschoben haben. Vielmehr gibt es drei neue Meilensteine. Eine rechtliche Prüfung der Produkte, ihrer Konformität mit den Regelungen im jeweiligen Exportland und ihrer Compliance spielen schon eine Rolle, bevor überhaupt der erste Prototyp gebaut ist. Überdies habe ich kürzlich mit unserer Rechtsabteilung eine Analyse durchgeführt, in welchen Gremien wir vertreten sind. Wo Mitarbeiter aus der Rechtsabteilung oder aus der Compliance Teil der Entscheidungsprozesse sind. Und das waren mehr als 50 Gremien. Das heißt, wir sitzen auf Augenhöhe mit den Technikern, mit den Vertriebskollegen, mit der Finanz und den Einkäufern bereits da am Tisch, wo die frühen Entscheidungen getroffen werden. Im Übrigen lobt Larry Thompson, dass es wesentliche Gremien bei Volkswagen gibt, in denen nur einstimmig entschieden werden kann. Und das bedeutet, dass die Stimme des Kollegen aus der Rechtsabteilung genauso laut und wichtig ist wie die Stimme des Kollegen aus der technischen Entwicklung. Das ist ein wirklicher Gewinn für eine rechtskonforme Entscheidungsfindung.
Für einen Global Player wie VW gewinnt Risk Management rasant an Bedeutung. Wie stellt sich VW darauf ein, organisatorisch und personell?
Wir haben hierfür im letzten Jahr einen wesentlichen Key Performance Indicator entwickelt. Banken kennen diese KPI bereits. Sie nennen das Back Testing. Ein Risiko beschreibt eine mögliche Abweichung vom Plan im Ist. Im Eintrittsfall nutzen wir den „erkannte Risiken“ genannten KPI. Jede Abweichung im Ist vom ursprünglichen Budget oder vom ursprünglichen Plan wird daraufhin untersucht, ob die Abweichung auf ein bekanntes Risiko zurückgeführt werden kann. Wenn das nicht der Fall ist, verbessern wir unser Risikomanagement. Wir haben daraus sozusagen über das Back Testing ein selbst lernendes System entwickelt, unser Risikomanagement grundlegend umstrukturiert. Und wir haben für jedes Risiko in jedem Fachbereich einen Risikoeigentümer identifiziert.
VW ist sehr aktiv in Hochrisiko-Staaten wie Mexiko, Indien, China. Da kann es immer wieder zu Korruptionsversuchen durch VW-Geschäftspartner kommen.
Wir haben uns dazu verpflichtet, dass wir Compliance nicht an den gesellschaftsrechtlichen Grenzen von Volkswagen enden lassen, sondern dass wir auch unsere Geschäftspartner auf die Einhaltung der Geschäftspartnergrundsätze überprüfen – und, wo erforderlich, Geschäftsbeziehungen auch beenden. Dazu haben wir beispielsweise einen Businesspartner Code of Conduct entwickelt, der Verhaltensgrundsätze enthält. Volkswagen entwickelt aktuell außerdem eine dazu passende Businesspartner Due Diligence, also Grundsätze, anhand derer man die Konformität des Geschäftspartners überprüfen kann. Viele unserer Marken sind da schon aktiv.
Bekommen Sie von den maßgeblichen Anteilseignern des VW-Konzerns angemessene Unterstützung bei Ihrer Arbeit im Risk Management, bei Good Governance, bei Ihren Bemühungen um Integrität?
Absolut. Der Prüfungsausschuss war ein Gremium, das schon viel frühzeitiger als manche anderen Bereiche im Konzern die wichtigen Fragen gestellt hat: Habt ihr ausreichend Ressourcen auf dem Thema? Welche Projekte müsst ihr noch anschieben? Bitte kommt zu uns, den Aufsichtsratsmitgliedern, wenn ihr Unterstützung braucht. Es gibt eine große Einigkeit darüber, dass diese Themen für den dauerhaften Fortbestand des Unternehmens wichtig und richtig sind.
In Ihrem Ressort fallen immer wieder neue Aufgaben an. Benötigen Sie ein höheres Budget für Ihre Tätigkeiten? Und planen Sie den Aufbau weiterer Stellen?
Definitiv. Allein seit Jahresbeginn hat der Vorstand für solche Projekte, die Compliance, Risikomanagement, Integrität, Kultur und angrenzende Sachverhalte unterstützen, auch im Rechtswesen, zusätzliche Mittel in Höhe von rund 170 Millionen Euro bewilligt. Darüber hinaus wurden mehr als 150 zusätzliche Planstellen genehmigt, um diese Projekte dann auch umzusetzen und zum Erfolg zu führen. Damit ist mein Bereich allein hier in Wolfsburg auf jetzt 540 Mitarbeiter von 255 Anfang 2017 gewachsen.
Erfahren Sie auch genug Unterstützung von Konzernchef Herbert Diess?
Herbert Diess steht zu 100 Prozent hinter den Programmen, die wir jetzt auf den Weg gebracht haben. Er ist regelmäßig auch im direkten Austausch mit unserem Monitor Larry Thompson. Der Konzernchef holt sich da Feedback, lässt sich beraten. Er diskutiert auch im Vorstand in einer Art und Weise, dass jeder merkt, der Tone from the Top stimmt.
In der Volkswagen Convention haben sich im vergangenen Jahr über 7.300 Führungskräfte ganz gezielt mit Integrität, Compliance und Kultur beschäftigt. Planen Sie weitere Formate in dieser Art oder war das ein Einmalereignis?
Die Volkswagen Convention war für uns alle ein neues Format. Zum ersten Mal haben vom Vorstand bis zum Meister alle Managementebenen an einem Tisch gesessen und über die gleichen Themen diskutiert. Wir haben dabei unglaublich viel dazu gelernt. Damit machen wir weiter. Es gab bei der Volkswagen Convention hier am Standort Wolfsburg auch Gastteilnehmer aus allen Marken. Von Seat bis Bentley, es gab Vertreter der einzelnen Regionen, die teilgenommen haben, sich das angeschaut haben. Und die jetzt zusammen mit meinem Integritäts-Roll-out-Team diese Formate für ihren jeweiligen Heimatmarkt angepasst haben. Wir hatten bereits bei Audi und Seat eine Convention, wir hatten jeweils eine Convention in Brasilien, in Argentinien, in den USA. Aktuell bereiten wir China vor. Wir werden auch in diesem Jahr wieder weit mehr als 15.000 Manager mit diesem Programm erreichen.
Sie haben das System der Hinweisgeber massiv ausgebaut. Registrieren Sie eine wachsende Zahl von sogenannten Whistleblowern? Und betreffen die Hinweise, die Sie bekommen, auch Themen von wirklich allerhöchster Brisanz?
Wir haben eine steigende Anzahl von Fällen im Hinweisgebersystem. Gegenüber 2017 rechnen wir in diesem Jahr mit einer Verdopplung. Das ist natürlich auch ein Ausdruck des gewachsenen Vertrauens der jeweiligen Hinweisgeber, dass ihre gemeldeten Themen so behandelt werden, dass der Hinweisgeber geschützt ist. Aber es ist auch ein Ausdruck des Vertrauens, dass den Hinweisen nachgegangen wird, und zwar vorbehaltlos und ohne Ausnahme. Bei den rund 470 Hinweisen, die wir in diesem Jahr schon bearbeitet haben, sind etwa 30 Fälle, denen wir mit größter Aufmerksamkeit nachgehen.
Gleichen Sie eigene Ethik- und Compliance-Initiativen mit denen anderer Unternehmen im Wege eines Benchmarkings ab?
Das tun wir. So nehmen viele meiner Mitarbeiter regelmäßig an Compliance-Konferenzen teil, auf denen Best-Practice-Ansätze ausgetauscht werden. Wir laden Mitarbeiter anderer Konzerne zu uns ein, etwa jüngst aus einem großen süddeutschen Bauunternehmen. Und wir versuchen, aus den Erfahrungen anderer Unternehmen zu lernen, die bereits in der Vergangenheit unter einem Monitorship standen.
Für den VW-Monitor aus den USA sind Sie die zentrale Ansprechpartnerin. Sie rollen jetzt Ihre Arbeit auf weitere Marken und Regionen aus. Wo und wie geht es weiter?
Die Zentralkoordination Monitorship hat zusammen mit Larry Thompson und seinem Team in den letzten Monaten intensiv analysiert, welche Standorte des VW-Konzerns eine Relevanz haben für Fahrzeuge, die auch in die USA importiert werden. Das war der Aufhänger. Dabei sind wir die gesamte Produktionskette, von den Komponentenwerken bis hin zu den Fahrzeugwerken, durchgegangen. Daraus ist eine Liste entstanden, die Larry Thompson und sein Team jetzt analysieren. Dann folgt ein Prüfungsplan, anhand dessen auch an diesen Standorten besonders intensiv untersucht wird, ob die Mitarbeiter dort den Code of Conduct kennen, die Compliance-Regeln verstanden haben, mit dem US-Recht für den Automobilbereich vertraut sind und mit den Umweltgesetzen der USA. Das wird für uns eine neue Dimension im Monitorship, weil Larry Thompson dabei mit seinem Team an Standorte gehen wird, wo wir kein Projektmanagement Office der Zentralkoordination Monitorship unterhalten. Das haben wir bis jetzt nur in Ingolstadt, in Wolfsburg und in den USA. Das heißt, gemeinsam mit dem Monitorteam müssen wir den Umfang der Arbeiten besprechen, der an diesen Standorten zu leisten ist. Und wir müssen dem Monitor weitere Unterstützung geben, damit er möglichst schnell die richtigen Ansprechpartner für seine Arbeit findet.
Können Sie schon konkrete Standorte benennen?
Selbstverständlich wird Mexiko dabei sein, denn viele der Fahrzeuge, die in Mexiko produziert werden, sind für den US-Markt bestimmt. Aber auch unser Mehrmarkenwerk in Bratislava wird sicherlich ganz oben auf der Liste des Monitors stehen.
Die Dieselkrise hält VW seit nun mehr fast drei Jahren auf Hochtouren. Wo liegen Sie beim Stand der Aufarbeitung bisher? Und was bleibt da noch zu tun?
Ich habe im April dieses Jahres die Leitung der Diesel Task Force übernommen. Wir haben uns dann sehr intensiv mit der Frage beschäftigt, was sind eigentlich 100 Prozent Aufarbeitung? Der Scope wurde sehr weit gefasst. Wir haben alle Motor-Getriebe-Varianten analysiert, die seit 2009 im Markt waren. Denn wir wollen bei ihnen allen sicher sein, dass keines der bekannten Themen in irgendeiner Form vorhanden ist. Das betraf, – multipliziert mit den unterschiedlichen Softwareständen, die auf diesen Fahrzeugen aufgespielt sind – mehr als 40.000 Motor-Getriebe-Varianten. Mit der technischen Abarbeitung sind wir jetzt zu 100 Prozent durch.
Auch Herbert Diess und andere Topmanager haben die Ermittler mittlerweile im Visier. Belastet das die Beschäftigten? Und belastet es Ihre Arbeit als Vorständin für Integrität und Recht?
In der täglichen Arbeit ist das nicht spürbar. Und mit den Verantwortlichkeiten der Vorstände beschäftigt sich der Aufsichtsrat.
Stefan Sommer, Ihr früherer Chef bei ZF, arbeitet seit Monatsbeginn für VW. Haben Sie einen Ratschlag für seine ersten 100 Tage als Beschaffungs- und Komponentenvorstand?
Ich glaube nicht, dass Stefan Sommer Tipps von mir braucht, denn in meinen Augen ist er einer der besten Manager, die es in Deutschland gibt. Ich freue mich sehr auf die erneute Zusammenarbeit mit ihm, und ich bin sicher, dass auch ihm die Arbeit hier im Volkswagen-Konzern Spaß machen wird. Er ist ein ausgesprochen strategisch denkender Manager, der eine große Bereicherung für den Konzernvorstand sein wird.
Was steht für 2018 noch ganz oben auf Ihrer persönlichen Managementagenda?
Das sind zwei Themen. Zum einen, die nächsten Schritte im Projekt Together-4-Integrity auf den Weg zu bringen. Und das in enger Verzahnung mit dem Personalressort. Wir bündeln hier sowohl in den Marken als auch in der Zentrale unsere Kräfte. Zum anderen liegt mir das Risikomanagementprojekt am Herzen. Es nennt sich Standard-IKS. Es geht darum, einen Masterkontrollkatalog für interne Kontrollen mit den Fachbereichen zu entwickeln, und dann die regelmäßigen Testprozeduren für die Wirksamkeit dieser Kontrollen auch mit einem Softwaretool zu unterstützen. Das ist ein Riesenprojekt. Es ist hochkomplex. Und es erfordert intensive Abstimmungen mit dem externen Wirtschaftsprüfer. Daran, ob wir dieses Projekt sauber in Gang bringen, lassen wir uns im nächsten Jahr messen.
Und was nehmen Sie sich vor im Management für 2019?
Ich komme gerade aus dem Strategieworkshop mit meinen Direktberichtenden, in dem wir die Projektlandkarte für 2019 besprochen haben. Aber die Ergebnisse möchte ich zuerst meinen Mitarbeitern vorstellen, bevor ich sie mit Ihren Lesern teile.
Das Interview führte Henning Krogh.
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