Herr Sauernheimer, Brose hat mit rund zwei Milliarden Euro eine gut gefüllte Kasse für Zukäufe. Wie weit sind Ihre Planungen?
Wir sind in drei konkreten Gesprächen. Das Ergebnis ist allerdings noch offen. Bei einem Projekt könnte es noch in diesem Jahr zu einer Entscheidung kommen.
In welchem Bereich wollen Sie sich verstärken?
Bei dem konkretesten Fall handelt es sich um die Verbreiterung eines Geschäftsfeldes. Daneben prüfen wir die regionale Ausweitung eines schnell wachsenden Geschäftsfeldes. Zusätzlich könnten wir uns im Bereich Sensorik verstärken.
Wollen Sie bei einem Zukauf die finanziellen Mittel ausschöpfen oder handelt es sich eher um eine kleinere Akquisition?
Als kleiner würde ich die möglichen Akquisitionen nicht bezeichnen. Aber wir werden unser Pulver auch nicht mit einem Mal verschießen. Erfreulicherweise sind unsere Gesellschafter sehr flexibel und das Unternehmen ist finanzstark genug, auch 2,5 Milliarden Euro ausgeben zu können, wenn es sinnvoll ist. Die zwei Milliarden Euro sind nicht in Stein gemeißelt.
In welche Richtung wollen Sie das Unternehmen bei der Elektromobilität entwickeln?
Wir sehen in der Elektrifizierung mehr Chancen als Risiken. Mit unserem bestehenden Produktprogramm, beispielsweise bei Türen und Sitzen, sind wir in fast jeder größeren E-Mobilitätsplattform vertreten. Außerdem ergeben sich neue Möglichkeiten, etwa bei der Kühlung von Batterien. Hier haben wir bereits einen ersten Auftrag.
Sie haben Ihr Joint Venture mit SEW im Bereich Elektromotoren wieder aufgegeben. Waren Sie damit zu früh dran?
Ja, so sehen wir das heute. Wir sind sowohl mit dem Elektroantrieb wie auch mit der induktiven Ladetechnik wahrscheinlich sechs oder sieben Jahre zu früh gestartet.
Gibt es Überlegungen, ein neues Joint Venture dazu aufzulegen?
Das wäre möglich, hat momentan aber eine geringe Priorität. Wir haben die erfreuliche Situation, dass wir mit unseren neuen Ideen ausreichend wachsen können.
Gibt es dafür Beispiele?
Der elektrische Kältemittelverdichter ist eines davon, aber wir haben auch in Nordamerika einen großen Auftrag für elektrische Ölpumpen gewonnen. Und beim Thema Batteriekühlung setzen wir unsere Ideen gerade in Aufträge um. Mehr noch als unsere gute Umsatzentwicklung hat mich der Eingang solcher strategischer Aufträge gefreut. Dazu zählt auch ein elektrischer Seitentürantrieb, für den drei Serienaufträge vorliegen und bei dem wir den Erstanlauf von 2021 auf 2019 vorgezogen haben.
Was bietet Brose seinen Kunden im Bereich E-Mobilität?
Beispielsweise elektrifizierte Nebenaggregate wie Ölpumpen, Lenkungsmotoren oder Kältemittelverdichter, die nur im Bedarfsfall arbeiten. Bei diesen Produkten sehen wir noch enormes Potenzial. Viele dieser Lösungen lassen sich sowohl in konventionell angetriebenen wie auch in elektrifizierten Fahrzeugen einsetzen.
E-Mobilität wird sich zunächst in China ausbilden. Welche Folgen hat das für Ihr Geschäft?
China ist schon heute der Standort für E-Mobilitätsanwendungen. Man muss Produktentwicklung und Wertschöpfung dort ansiedeln. Darum werden auch die westlichen OEMs nicht herumkommen, sofern sie nicht schon vor Ort sind. Sowohl die chinesische Gesetzgebung als auch die Nachfrage im Markt macht dies erforderlich.
Wie lauten Ihre Pläne beim Thema Kooperationen?
Wir wollen neue Funktionalitäten anbieten, und das geht nicht ohne Kooperationen. Das muss aber nicht unbedingt ein Joint Venture sein. Möglich sind auch projektbezogene Kooperationen oder die Zusammenarbeit mit bevorzugten Partnern. Solche Dinge werden in unserer Branche immer mehr Raum einnehmen.
Wo sehen Sie Möglichkeiten für Partnerschaften?
Beispielsweise bei Sensoren für Türen. Wir haben noch keine Entscheidung getroffen, ob wir diese selbst produzieren. Zuerst analysieren wir, ob unsere Skaleneffekte ausreichen, um eine eigene Fertigung wettbewerbsfähig zu betreiben. Wir werden auch im Bereich Interieur Kooperationen eingehen, um neue Expertise bei Sitzen und der Insassensicherheit zu gewinnen.
Oder nehmen Sie unsere verstellbare Mittelkonsole, für die wir jetzt einen ersten Auftrag erhalten haben. Unser Know-how steckt in der Verstellmechanik, der Elektrik, Elektronik und Sensorik. Eine Mittelkonsole lebt aber auch von Design, Haptik und Optik. Das ist nicht unser Geschäft, da werden wir uns mit anderen zusammentun.