Herr Kiss, Hersteller wie Volvo oder Ford, Fahrdienst-Entwickler Waymo und auch Grafikkarten- und Chiphersteller Nvidia distanzieren sich von der Stufenweise Einführung des autonomen Fahrens, also Level 3. Sie glauben, es sei für den Kunden zu komplex, während der Fahrt die Verantwortung zwischen Auto und Fahrer hin und her zu geben. Wie stehen Sie dazu?
"Wir sehen nicht vom Level-3-System ab, sondern bleiben weiterhin dran, unseren Staupiloten auf die Straße zu bringen."
Was bedeutet Level 3 für Sie genau – und wie begegnen Sie dem Argument, eine Kommandoübergabe im Cockpit sei zu komplex?
"Level 3 bedeutet, der Fahrer kann die primäre Verantwortung abgeben. Er muss jedoch wahrnehmungsbereit bleiben, um das System übernehmen zu können. Unser System gibt jedoch so frühzeitig Bescheid, dass der Fahrer komfortabel übernehmen kann. Eine Panikübernahme wird es definitiv nicht geben."
Derzeit liegt der Ball bei der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen UNECE. Sie muss Systeme für hochautomatisiertes Fahren nach Level 3 zulassen. Dürfte man dann in ganz Europa mit diesem Staupiloten fahren?
„Stand heute ist im Rahmen des Verhaltens- beziehungsweise Straßenverkehrsrechts ein hochautomatisiertes System wie der Staupilot, der auf Autobahnen in Stausituationen bis zu 60 Kilometer pro Stunde fährt und bei dem der Fahrer die Verantwortung an das Fahrzeug abgibt, für Europa nur in Deutschland und Belgien zulässig. Als nächste Ausbaustufe ist die Entwicklung eines Autobahnpiloten, der selbständig bis zu 130 Stundenkilometer auf der Autobahn fahren kann, denkbar.“
Audi wollte eigentlich schon im vergangenen Herbst den A8 mit Level-3-Staupilot auf den Markt bringen. Warum dauert es so lange?
„Das Prozedere dauert deshalb so lange, da wir die ersten sind, die ein nach SAE Level 3 automatisiertes System für die Serie entwickeln und jetzt in der Freigabe haben. Denn es gibt bislang kein normiertes Zulassungssystem dafür. Wir sind quasi der Schneepflug für die Einführung hochautomatisierter Fahrsysteme.“
Sie reden immer nur von Europa und Deutschland. Gibt es besondere Herausforderungen in den USA und China, weshalb diese Länder nicht in ihren Plänen auftauchen, den Piloten dort auf den Markt zu bringen?
„Für uns ist es eine spezielle Herausforderung, diese hochautomatisierten Systeme für den Autobahnverkehr in den USA und China zu konzipieren. In China ist einfach der Verkehr sehr chaotisch und aufgrund landestypischer Fahrgewohnheiten schwieriger vorherzusehen und einzuschätzen. In den USA sind das Problem die andersartigen Fahrzeuge, die auf den Straßen fahren: Denn die dürfen, nachdem sie einmal für die Straßen zugelassen worden sind, sogar immer wieder umgebaut werden. Das wiederum gibt uns spezielle Anforderungen an unsere Sensorik und Auswertealgorithmen, die all diese Fahrzeuge blitzschnell und sicher erkennen und richtig einordnen müssen“