Herr Nota, die Vorzeichen für 2020 werden düsterer. Was erwarten Sie sich vor dem Hintergrund der schwierigen Gemengelage als Vertriebschef für das laufende Jahr?
Wir sehen auch die positiven Seiten. Wir wollen 2020 abermals leicht wachsen und damit einen neue Bestmarke schaffen. Dazu stehen wir weiterhin. Natürlich hat die Corona-Krise Auswirkungen, wir sehen für den Februar einen deutlichen Rückgang in China. Wir haben aber andererseits – und das meine ich mit den positiven Aspekten – eine rundum erneuerte Modellpalette, die einschlägt. Wir befinden uns mitten in der größten Modelloffensive in der Geschichte des Unternehmens. Die ganze X-Reihe ist erneuert, wir haben den Siebener neu. Wir sind im Jahr 2019 in drei von unseren Top-Vier-Märkten die Nummer eins unter den Premiumherstellern geworden: USA, China und Großbritannien. 2018 waren wir in China noch Nummer drei. Daher schöpfen wir auch weiter Zuversicht für 2020.
Marktanteile sind das eine. Aber wie wollen Sie einen möglichen schrumpfenden Absatz in China kompensieren?
Zunächst ist völlig offen, wie lange die Krise in China dauert. Da sehen wir aktuell auch einige positive Indikatoren. Es haben schon wieder 85 Prozent unserer Händlerbetriebe geöffnet, das war vor zwei Wochen noch ganz anders. 464 von 551 Händler sind wieder operativ. Auch unsere Werke laufen schon seit dem 17. Februar wieder. Wir sind noch nicht in einer Normalsituation, das ist klar, haben aber vollstes Vertrauen, dass die Maßnahmen, die dort getroffen worden sind, auch greifen. Sobald es zu einer Erholung in China kommt, werden wir dort deutlich zulegen.
Warum glauben Sie das?
Weil wir die richtigen Modelle haben. Vor allem in der X-Reihe, da laufen X3, X5 und X7, der gerade dazugekommen ist, sehr gut. Und vergangenes Jahr sind wir mit der neuen Dreier Limousine in der chinesischen Langversion auf den Markt gekommen.
Glauben Sie, dass der SUV-Anteil weiter zunehmen wird?
Absolut. Wir haben 2019 ein Wachstum von 20 Prozent weltweit beim SUV verzeichnet. Auch dieses Jahr wird der Anteil weiter zunehmen. In Europa verkaufen sich die SUVs mittlerweile zu einem Gutteil als Plug-in-Hybride. Der X1, X3 und der X5 sind als Plug-in verfügbar. Der X5 hat inzwischen Lieferzeiten, die mir zeigen, wie gefragt das Modell ist.
BMW hält sich mit Plug-ins schadlos. Bei rein batterieelektrischen Fahrzeugen hat der Hersteller in den vergangenen Jahren keine Maßstäbe gesetzt. Was heißt das für Sie als Vertriebschef?
Einspruch – das Gegenteil ist richtig: Mit dem i3 waren wir ganz früh dabei, und wir haben bis heute davon 170.000 Einheiten verkauft. Wir waren auch beim ganzheitlichen Thema Elektrifizierung früh dabei. Ende 2019 hatten wir 500.000 elektrifizierte Fahrzeuge auf der Straße, Ende 2021 sollen es eine Million sein. Das ist schon signifikant. Und mit dem i4 als rein batterieelektrisches Fahrzeug geht es weiter. 600 Kilometer Reichweite, mehr als 500 PS, ein echter BMW. Und: Es gibt jetzt den Mini Electric. 120.000 haben sich als Interessent registriert, und rund 7000 Verträge haben wir schon abgeschlossen.
Ist die Plug-in-Strategie richtig und zielführend? Denn wenn es um Emissionsvermeidung geht, die Kunden aber doch nur den Verbrenner im Auto nutzen, hilft das nicht.
Mit dem Verbrenner fahren Sie vielleicht in die Toskana, aber einen Großteil in der Stadt können Sie elektrisch fahren. Der X5 hat 80 Kilometer elektrische Reichweite. Ich selber fahre einen Siebener Plug-in-Hybrid, und ich fahre mit ihm bis zu 70 Prozent vollelektrisch. Ich habe einen Durchschnittsverbrauch von 2,5 Litern – und das bei einem Siebener Langversion.
Sie sind auch guter Dinge, um die verschärften CO2-Vorgaben der EU schaffen?
Wir werden die Ziele erreichen, sowohl 2020 als auch 2021. Um das konkret zu machen: Es ist eine Mischung aus Elektrifizierung und Optimierung der Verbrenner. Wir erreichen ein Drittel der Abdeckung des CO2-Flottenverauchs dadurch, die Verbrenner effizienter zu machen. Der neue Einser ist um 15 Prozent effizienter als sein Vorgänger. CO2-Strafen zu zahlen, ist für uns keine Option.
Nichtsdestotrotz: BMW plant Kosteneinsparungen von zwölf Milliarden Euro. Was kann der Vertriebsvorstand dazu beitragen?
Natürlich liefern wir unseren Beitrag zu den zwölf Milliarden. Wir spielen eine wichtige Rolle bei der gesamten Produkt- und Angebotsstruktur. Aus Wettbewerbsgründen kann ich hier nicht tiefer gehen.
Sie meinen, dass die Komplexität aus dem Angebot reduziert werden muss, weniger Varianten et cetera, das ist ja kein Geheimnis.
Es wird bei BMW genau die Anzahl an Modellvarianten geben, die für den Kunden relevant ist, nicht mehr und nicht weniger. Wenn wir Chancen und Lücken sehen für uns, werden wir einsteigen. Aber was von den Kunden nicht honoriert wird, werden wir an Varianten gegebenenfalls herausnehmen. Das bedeutet deutliche Einsparmöglichkeiten, ohne dass es der Kunde merkt. Zahlen kann ich hier nicht nennen.
Was droht den BMW-Händlern, wenn der Onlinevertrieb der Hersteller immer weiter um sich greift?
Das Online-Geschäft und neue Onlineformate werden wir immer in Zusammenarbeit mit unseren Händlern realisieren. Wir sehen die Händler als das Rückgrat in unserer "Go-to-market"-Strategie. Durch die Erfahrungen, die Kunden in anderen Bereichen des Lebens machen, sehen wir, dass das Bedürfnis steigen. Am Ende ist es aber das Offline-Erlebnis des Sehens und Probefahrens, das wir weiter brauchen.
In Deutschland hört man auch Grummeln unter den Händlern. Die Anforderungen steigen immens.
Wir arbeiten eng und gut mit den deutschen Händlern zusammen. Es geht nicht darum, die eigenen Pfründe zu verteidigen. Es geht darum, den Kuchen gesamthaft für alle zu vergrößern. Da sind wir in intensiven Gesprächen mit den Händlern.
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