"Wir jagen nach Talenten, wir sind keine braven Personalberater"

Die Jagd nach den besten Köpfen in der IT-Branche ist ein knallhartes Geschäft. „Der Markt ist leer gefegt, und das Gehaltslevel ist sehr hoch. Da kommt man mit klassischer Unternehmensprosa nicht weit“, sagt Markus Baldauf, Gründer und Geschäftsführer der in Wien ansässigen Personalberatung Markus Baldauf Management Consulting.

Die seit Jahren hohe Nachfrage nach IT-Experten wird auch angeheizt durch die Automobilbranche, die händeringend nach Softwareexperten für das autonome Auto sucht, nach Genies für neuartige Cloud-Dienste und nach profitablen Ideen beim Ausschöpfen ihrer riesigen Datenbestände. „Die Automobilindustrie ist zu einem wichtigen Kunden für Personaldienstleister im IT-Bereich geworden“, stellt Baldauf fest.

Der Österreicher legt Wert darauf, als Headhunter zu gelten. „Wir jagen nach Talenten, wir sind keine braven Personalberater.“ Wenn an einem Freitagnachmittag im Büro seiner auf IT-Fachkräfte spezialisierten Agentur in der Wiener Gudrunstraße das Telefon klingelt, ahnt Baldauf, was ihn erwartet: „Dann ruft häufig ein Unternehmen an, das sechs bis zwölf Monate erfolglos mit Bordmitteln nach einer IT-Fachkraft gesucht hat. Dann hat der Personalchef mit seiner Suche schon viel Geld zum Fenster hinausgeworfen und meistens nur noch acht Wochen Zeit, um eine vakante Position zu besetzen – mit anderen Worten: Es wird eng.“

Natürlich kann auch ein Experte wie Baldauf keinen Kandidaten aus dem Hut zaubern – aber: „Wir besetzen unsere Positionen zu 100 Prozent.“ Allerdings schränkt Baldauf ein: „Wenn die Anforderungen erfüllbar sind.“ Manche Kunden hätten unrealistische Erwartungen – sei es in Bezug auf das inzwischen erreichte Gehaltsniveau in der IT-Branche, sei es in puncto Alter oder Berufserfahrung. „Wir müssen dem Kunden manchmal klipp und klar sagen, was in dieser Branche inzwischen Standard ist“, erklärt Baldauf.

Mit Zeitungsanzeigen oder Suchinseraten hält sich der Personalfahnder dabei erst gar nicht auf. „Wir machen es genau umgekehrt wie die meisten Unternehmen, die eine Position besetzen wollen: Wir gehen auf potenzielle Kandidaten zu und warten nicht darauf, dass sich jemand bewirbt.“ Entscheidend sei daher ein regionales wie auch internationales Netzwerk im Bereich mittelständischer und Großunternehmen.

Auch der Schwede mit dem beruflichen Schwerpunkt in Süddeutschland hält Expertenwissen und ein gutes Netzwerk für entscheidend für eine erfolgreiche Jagd nach talentierten Mitarbeitern. „Das schafft meiner Erfahrung nach eine hoch spezialisierte kleinere Beratung meist besser als ein Beratungskonzern mit einem Bauchladen an Fachabteilungen“, wirbt er für die inhabergeführte Headhunting-Agentur.

Nordh kann aber nur noch den Kopf schütteln über die Erwartungshaltung so mancher Unternehmen. „Immer noch weitverbreitet ist der Glaube, dass nur sehr junge Leute in der IT-Branche leistungsfähig sind. Das halte ich für einen Irrtum.“ Im Gegenteil – so seine Erfahrung – würden gerade ältere IT-Experten mit besonderem Elan an eine neue Aufgabe herangehen: „Fachkräfte über 50 haben oft nicht nur mehr Erfahrung, sondern zeigen auch größeres Commitment. Und sie haben häufig eine Reihe von Misserfolgen bei Projekten erlebt, was eine immer wichtigere Erfahrung bei Führungsaufgaben ist.“

Wer keine besondere Leistungsbilanz vorweisen kann und dennoch hofft, in der Autobranche einen hoch bezahlten IT-Job zu ergattern, den müssen die Headhunter manchmal auf den Boden der Tatsachen bringen. „Immer mehr gefragt wird der Spezialist“, sagt Baldauf. „Der Generalist dagegen hat eher Management-Aufgaben.“ Hohe Nachfrage gebe es vor allem in den Bereichen Software-Architektur, Cloud-Anwendungen und Schnittstellen.

Früher habe noch jeder halbwegs begabte „Computer-Freak“ eine Top-Stelle in der Industrie ergattern können, sagt Baldauf. „Ein Programmierer, der nur den Code reinhackt, das funktioniert heute nicht mehr. IT-Experten arbeiten global vernetzt im Team und müssen kulturell anpassungsfähig sein“, sagt der Personalexperte. „Die Zeiten des Nerds , der im Keller vor sich hinwerkelt, sind definitiv vorbei.“

Jan Nordh betont die Wichtigkeit der Teamfähigkeit auch und gerade in der IT-Entwicklung: „Fachwissen ist die Grundlage, es reicht allein aber nicht aus, um hier Führungsaufgaben zu übernehmen. Es zählt auch die Lust und -Bereitschaft, sich auf neues Terrain zu wagen, gewohnte Bahnen zu verlassen.“ Für Nordh ist ein idealer Kandidat derjenige, der verstanden hat, in welchem Umfeld er agiert: „Die IT-Branche ist wohl -eine der sich am schnellsten wandelnden Branchen überhaupt – da muss man mitgehen wollen.“

Wer nun glaube, per Neueinstellung eine Fuhre Silicon-Valley-Mentalität in sein Unternehmen holen zu können, könnte rasch -eines Besseren belehrt werden, warnt Nordh: „Jeder versucht natürlich zurzeit, Start-up-Kultur in sein Unternehmen zu bekommen. Aber man sollte nicht die Probleme verdrängen, die dabei entstehen können. Das kann ein Kulturschock werden – für beide Seiten.“