Herr Breitfeld, Byton wird oft als "Elektro-Start-up" bezeichnet. Wie finden Sie den Begriff?
Ich kann damit nichts anfangen. Erst einmal sind wir in dem Sinne kein Start-up. Wir bauen seit Jahren ein Unternehmen auf und wollen Produkte in größerem Rahmen industrialisieren. Und es geht auch nicht in erster Linie um Elektro. Elektroautos kann heute jeder bauen, der will. Jenseits des Antriebs entwickeln wir eine digitale Plattform und sehen das als Zentrum unseres Geschäftsmodells. Elektro ist kein Alleinstellungsmerkmal. Es hilft aber insofern, als es uns erlaubt, wegen der geringen Komplexität der Fahrzeuge überhaupt in den Markt einzusteigen. So gesehen ist Elektromobilität dann doch ein Game changer.
Wie soll das Byton-Geschäftsmodell einmal aussehen?
Mit Konnektivität, digitalen Angeboten und mit shared mobility. In zehn Jahren, also 2028, wird Byton über 50 Prozent des Umsatzes mit Mobilitätsdiensten erwirtschaften, davon bin ich überzeugt. Am Anfang ist der Businessplan aber konservativ.
Zumal Sie noch kein Auto an Kunden verkauft haben. Ende des laufenden Jahres wird es soweit sein. Wie viel haben die Byton-Eigentümer investiert, bis Sie erstmals Umsätze generieren können?
Alles zusammen werden es zwei Milliarden Euro sein. Aktuell haben wir eine Milliarde Euro investiert, eine weitere kommt – das Werk eingerechnet – dazu. Daher sage ich, wir müssen uns fokussieren und wir haben nur ein Ziel: Am Ende des Jahres ein Produkt herauszubringen. Nur mit der verkauften Hardware werden wir auch in der Lage sein, Umsätze mit Konnektivität zu generieren. Das ist nicht anders als bei Apple.
Wie groß wird die Kapazität des Werks sein?
In den ersten vier Jahren werden wir auf 300.000 Einheiten hochfahren. Im ersten Jahr werden es noch unter 100.000 sein. Vor allem China wird am Anfang für den Absatz sorgen. Auch die USA, insbesondere Kalifornien, werden wichtig. Der europäische Markt wird am schwierigsten und am langsamsten sein. Fakt ist, dass wir weltweit damit gegen BMW, Mercedes und Audi antreten. Und gegen Tesla.
Wie sehen Sie die jüngste Performance von Tesla?
Noch vor fünf Jahren haben alle Elon Musk für einen Spinner gehalten. Heute denkt das keiner mehr ernsthaft. Elon Musk hat es in nur 14 Jahren geschafft, eine attraktive Marke in der Autoindustrie aufzubauen. Er hat auch Fehler gemacht, natürlich. Vor allem hat Elon Musk versucht, die Autoproduktion neu zu erfinden. Das hat er unterschätzt.
Sie wohnen selbst im Tesla-Land, im Silicon Valley...
Und ich habe ein Model X. Ein faszinierendes Konzept, aber von der Qualität her eine Katastrophe. Das Auto steht jede Woche in der Werkstatt. Aber die Kunden akzeptieren das offenbar.
Warum glauben Sie, sich gegen die großen Hersteller durchsetzen zu können?
Wenn Sie seit über 100 Jahren existieren und Autos bauen, ist es viel schwerer, das Geschäft zu transformieren. Ich war 20 Jahre bei BMW und ich weiß nicht, wie viele Change-Programme ich da durchgemacht habe, und das waren Kleinigkeiten gegenüber der jetzigen Transformation. Und es kommt noch etwas hinzu: Deren Maßstab ist der KPI, die Profitabilität. Ein CEO mit einem Dreijahresvertrag hat, sagen wir, ein Ebit von zehn Prozent, dann macht er ein Effizienzprogramm und steigert das Ebit auf 10,3 Prozent. Er kann berichten: erfolgreichstes Jahr der Unternehmensgeschichte. Würde er sagen, die Transformation ist die Priorität und deshalb rauscht das Ebit in den kommenden Jahren runter, hat er diese Erfolge nicht. In zehn Jahren, im Rückblick, könnte er sich dafür zwar feiern lassen, wenn er so agieren würde. Aber das ist weit weg. Beispiel Elon Musk: Er schert sich nicht um KPIs, er hat die Freiheit, die Transformation zu leben. Das ist sein Vorteil.
Wie sehen Sie die Konkurrenz anderer Newcomer?
Wir bei Byton sagen zum Start: ein Werk, ein Modell. Das ist schon schwierig genug. Aber wir sind "on track". Was meiner Meinung nach nicht funktioniert, sind zu große, zu schnelle Pläne mit der Modellpalette. Wir setzen jetzt nur eine Botschaft: Wir liefern wirklich.