Herr Mohrmann, Herr Barletta, seit wann wurde über die heute besiegelte Fusion von SternPartner und Tesmer verhandelt?
Franco Barletta: Die treibende Kraft dahinter war Herr Mohrmann, der aufgrund der Nachfolge die strategische Weichenstellung eingeleitet hat und sozusagen der Architekt des Ganzen ist.Klaus-Günther Mohrmann: Ich bin jetzt 71 und mache mir seit Jahren Gedanken um die Nachfolge. Die Gesellschafterfamilie hatte es in meine Hände gelegt, das zu regeln. Franco Barletta kenne ich seit Jahren. Als er dann 2018 bei SternPartner die Geschäftsführung übernahm, haben wir auch das Thema meiner Nachfolge erörtert. Aufgrund der regionalen Situation gab es schon vorher eine Nähe zu SternPartner, wir grenzen aneinander. Bevor wir mit den Gesellschaftern sprachen, haben wir uns auf gemeinsame Vorstellungen verständigt. War Daimler bei den Verhandlungen involviert?Mohrmann: Die Netzsituation bei Daimler erfordert eine bestimmte Größenordnung. Daimler hat die Signale ausgesandt, wir haben reagiert.Barletta: Wir gestalten, bevor man uns sagt, wie wir zu gestalten haben.Beide Unternehmen sollen gleichberechtigt zu einem neuen Mercedes-Benz-Partner verschmelzen. Wer sind die Gesellschafter?
Barletta: Der bisherige alleinige Tesmer-Gesellschafter – die Familie Völsch – hält 50 Prozent am neuen Unternehmen, die anderen 50 Prozent hält die SternPartner-Gruppe.Bleiben alle über 1000 Mitarbeiter an Bord?
Barletta: Es gibt keinen Arbeitsplatzabbau und es werden keine Standorte geschlossen. Doppelbesetzungen bei Mitarbeitern werden durch natürliche Fluktuation geregelt. Wir starten aus einer Position der Stärke heraus. Da kein Kaufpreis geflossen ist, gibt es keine Verbindlichkeiten, die zurückgezahlt werden müssen.Wird das neue Unternehmen weiter wachsen?Barletta: Wir planen eine Ausweitung unseres Geschäfts – aber nicht mit neuen Standorten, sondern über die Ausschöpfung der Potenziale in den bestehenden Gebieten. Dafür stellen wir uns neu auf. Bisher gibt es zum Beispiel in beiden Unternehmen Spartenverantwortliche für das Gebrauchtwagengeschäft. Künftig gibt es eine eigene Geschäftsleitung für den gesamten Pkw-Vertrieb für 20 Standorte. Das könnte ein Einziger gar nicht bewältigen. Die Marken SternPartner und Tesmer bleiben erhalten. Wie firmieren künftige neue Standorte?Barletta: Von der Logik her heißen künftige neue Betriebe SternPartner. Die acht Tesmer-Betriebe behalten ihren Namen als klare Reminiszenz an den Firmengründer Hans Tesmer.Sie werden ein Jahr lang die Geschäfte der neuen Gesellschaft gemeinsam führen. Gibt es auch künftig eine Doppelspitze oder einen alleinigen geschäftsführenden Gesellschafter?Barletta: Ab 2022 übernehme ich die alleinige Geschäftsführung, so wie es auch bei SternPartner bisher der Fall war. Das ermöglicht – zusammen mit einer guten Führungsmannschaft – schnellere Entscheidungen. Und Schnelligkeit ist im Wettbewerb ein wichtiges Kriterium.Herr Mohrmann, was ist für Sie der Hauptvorteil des Zusammenschlusses?Mohrmann: Ich freue mich, dass ich einen Nachfolger gefunden habe, der das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft führen wird.Welche Umsatz- und Absatzerwartungen haben Sie für 2021?Barletta: Wir planen mit 430 Millionen Euro Umsatz und 10.000 verkauften Fahrzeugen. Das entspricht den Werten des Geschäftsjahres 2019. Ausschlaggebend für uns sind aber nicht Stückzahlen oder Umsatzgrößen, sondern das Unternehmensergebnis.Wie groß ist denn die Corona-Delle 2020?Barletta: Aktuell beträgt die Differenz im Umsatz 17 Millionen Euro. Unsere Prognose ist, dass wir das Vorjahres-Ergebnis halten können.Mohrmann: Sie dürfen nicht vergessen, dass der Hersteller im Jahr 2020 wegen Corona teilweise nicht liefern konnte. Das erzeugt eine Delle in der Ertragssituation, die bis zum Jahresende noch nicht genau einzuschätzen ist. Herr Barletta, Sie sind ein ausgewiesener Freund der Digitalisierung. Was werden Sie in dieser Hinsicht bei Tesmer als erstes bewegen?Barletta: Wir sind vom Start weg absolut digital. Seit März 2020, als wir überzeugt waren, dass es diese Fusion geben wird, haben wir Digitalisierungsprojekte beauftragt, um 2021 starten zu können. Das reicht von der digitalen Buchhaltung über den Workflow, die Digitalisierung aller Fahrzeugakten und Geschäftsprozesse bis zur Telefonanlage bei Tesmer. Wir haben sehr früh die Möglichkeiten gemeinsamer Prozesse eruiert. Das Interview führte Bettina John.Lesen Sie auch:
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