"Wir gehören ein Stück weit zu den Corona-Gewinnern"

Im vergangenen Jahr hatte die Corona-Pandemie den Expansionsplänen der jungen VW-Tochter WeShare noch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt holt der bisher nur in Berlin vertretene Carsharing-Dienst seinen Ausbau nach: Ab kommenden Freitag ist die Flotte auch in Hamburg vertreten.

"Durch die Corona-Pandemie können wir leider erst mit rund einem Jahr Verspätung in Hamburg an den Start gehen", sagte WeShare-Chef Phillip Reth am Freitag. "Umso mehr freuen wir uns, dass es nun endlich losgeht." Zunächst sollen 400 ID.3 in der Hansestadt an den Start gehen, bis Ende April soll die Flotte auf 800 Fahrzeuge des Typs anwachsen.

"Nach der Hauptstadt elektrifizieren wir nun auch die Hansestadt und bringen unser Erfolgsmodell ID.3 in großer Zahl an die Elbe", sagte VW-Markenchef Ralf Brandstätter. Das helfe auch dem Hersteller, das neue Elektroauto "sichtbar und erlebbar" zu machen. "Das ist ein wichtiger Bestandteil der Aufgabe von WeShare. Für VW ist WeShare eine große Chance. Wir machen Elektromobilität in der Stadt sichtbar und erlebbar."

Bis Jahresende will Reth bereits auf 50.000 Nutzer in Hamburg kommen. In Berlin, wo der Dienst im Sommer 2019 gestartet war, gebe es bisher 100.000 registrierte Nutzer, bis Jahresende sollen es dort 150.000 sein. Insgesamt wolle man damit bis Jahresende auf mehr als 200.000 Nutzer kommen.

WeShare setzt bei seinem Carsharing-Angebot ausschließlich auf Elektroautos aus dem Hause VW. Anders als in Hamburg besteht die Flotte in Berlin bisher vor allem aus E-Golfs. 1500 Fahrzeuge des inzwischen eingestellten Modells sind dort unterwegs, hinzu kommen laut Reth knapp 100 ID.3, die man ab Ende 2020 hinzugenommen habe. Das neue Modell soll den E-Golf nun zügig ersetzen. "Wir werden die Flotte in diesem Jahr komplett auf ID.3 umstellen."

Wann weitere Städte folgen, ließ Reth noch offen. "Wir fahren angesichts der weiter anhaltenden Corona-Pandemie auf Sicht und werden weitere Erweiterungsschritte sehr sorgsam abwägen. Wir werden das Schritt für Schritt weiter ausrollen. Aber wir fahren Sicht." Geplant waren neben Hamburg auch München, Budapest, Prag, Madrid, Mailand und Paris.

Dabei sieht sich WeShare längst nicht mehr als Corona-Verlierer. Im Gegenteil. Zwar sei das eigentlich angepeilte Geschäft mit Fahrten zum Flughafen stark eingebrochen, weil kaum noch jemand fliege, sagte Reth. "Im Moment ist dieser Business Case nicht sonderlich aktuell. Aber das kommt im Sommer hoffentlich wieder." Dafür verzeichne man in Berlin aber deutlich mehr Wochenendanmietungen für Ausflüge ins Umland.

"Wir sehen da eine Verschiebung der Mobilität", sagte Reth. "Wir gehören ein Stück weit zu den Corona-Gewinnern. Bevor man sich im Winter in Bus und Bahn setzt, wollen viele doch lieber individuell mobil sein. Wir sehen eine gute Nachfrage."

Geld verdient VW mit dem Berliner Start-up, das 2018 von VW übernommen wurde, aber noch nicht, räumte Brandstätter ein. "Das muss natürlich auch wirtschaftlich sein", sagte er. "Wir müssen jetzt auch schnell zum break-even kommen."

Noch offen ist dagegen, wann der VW-Shuttledienst Moia in Hamburg wieder an den Start geht. Im Dezember war das Angebot dort wegen des Lockdowns komplett eingestellt worden. Wann es wieder losgeht, wollte Brandstätter noch nicht sagen. "Der Start von Moia hängt von der Pandemieentwicklung ab", sagte er. "Aber Moia geht wieder an den Start."