Herr Müller, 2019 startete ATU eine Kooperation mit Onlogist. Wie läuft es aktuell?
Die Kooperation läuft gut und die Pilotphase ist abgeschlossen. Der Rollout des Angebots von b-to-b zu b-to-c ist bereits in der Umsetzung. Das heißt, wir bieten das Modell nicht nur Firmen an, sondern auch Privatkunden, zum Beispiel als Hol- und Bringservice.Auch Europcar und Vergölst gehören zu Ihren Kunden. Wer ist noch dabei aus dem Bereich Automotive?
Gestartet sind wir im Bereich Autovermietung und arbeiten heute mit den Top-Vermietern Sixt, Europcar, Hertz und Enterprise zusammen. Da sind wir Platzhirsch. Wir haben uns dann weiterentwickelt im Bereich Smart Repair mit Werkstattketten wie ATU und Vergölst. Unsere jüngsten Kunden kommen aus dem Bereich Car-Abo, z. B. Cluno oder Finnauto.Sie vermitteln jährlich mehr als 400.000 Transportaufträge an 9000 registrierte Dienstleister. Welcher Umsatz steht dahinter?
Wir machen keine Angaben zum Umsatz.Die Preise für die Überführungsfahrten werden, anders als bei Uber, nicht festgelegt, sondern die besten Angebote erhalten den Auftrag.
Ja, zum richtigen Preis finden Anbieter und Abnehmer gemeinsam. Wir fungieren mit unseren Softwarelösungen als Mittler zwischen Angebot und Nachfrage. Jeder Dienstleister kann fahren – er muss es nicht.Welche Voraussetzungen müssen registrierte Dienstleister denn erfüllen?
Wir arbeiten mit verschiedensten Dienstleistern, es gibt GmbHs mit angestellten Fahrern oder Einzelkämpfer. Für uns sind alle auf der gleichen Hierarchieebene. Wer mitmachen will, muss eine Qualitäts- und Sicherheitsprüfung durchlaufen. Jeder Dienstleister registriert sich mit Handelsregisterauszug oder Gewerbeschein, muss einen gültigen Personalausweis vorlegen und ein polizeiliches Führungszeugnis des Geschäftsführers. Wir machen dann nochmal einen cross check, ob irgendwelche Sperrungen vorliegen, erst dann wird der Dienstleister für die Plattform freigegeben.Gibt es einen typischen Fahrertypus auf der Plattform?
Wir haben viele Rentner, aber auch Studenten, Fotografen oder Freelancer aus anderen Branchen machen die Fahrten.Wie sind die Fahrten versicherungstechnisch geregelt?
Jede Fahrt ist zu 100 Prozent versichert; entweder bringt ein Dienstleister eine eigene Versicherung mit oder er ist über unseren Partner Ergo versichert. Das erfolgt aber nicht pauschal, sondern für jede Fahrt wird ein einzelner Versicherungsschein ausgestellt. Eine bestimmte Distanz kostet einen bestimmten Preis, der dann automatisch abgezogen und der Ergo zugeführt wird. Das läuft alles automatisiert ab.Wie hat sich die Nutzung der Plattform seit Beginn der Corona-Pandemie verändert?
Kontaktlos und digital war die Nutzung unserer Plattform ja immer schon. Obwohl viele Autovermieter in der Pandemie Einbußen hatten, konnten wir mehr Neukunden generieren.Wie erklären Sie das?
Wir haben mehr Zulauf von Unternehmen, die schon immer digitalisieren wollten und es coronabedingt jetzt getan haben. Das hat uns einen Kundenzuwachs beschert, der sich auch nach der Krise deutlich bemerkbar machen wird.Inwiefern?
Der Gesamtmarkt hat sich verändert und akzeptiert auch neue Mobilitätskonzepte – Stichwort nutzen statt besitzen. Dazu braucht man ein System wie unseres. Wir bieten Amazon-Experience, das heißt die Autos kommen auf Klick bis vor die Haustür. Wir sehen uns zum Beispiel als Partner großer Speditionen für die letzte Meile. Autos zentral abladen und dann verteilen – das ist gut mit uns zu machen.Sie suchen Investoren für Ihre Expansion. Denken Sie dabei eher an reine Finanzinvestoren oder Mobilitätsdienstleister?
Geld ist nicht so interessant. Da haben wir schon eine Lösung gefunden und sind bereits bei der Internationalisierung. Jetzt suchen wir in den neuen Ländern eher strategische Partner wie Autohersteller oder große Speditionen, die mit uns zusammenarbeiten.Wollen Sie rein geografisch expandieren oder denken Sie auch an neue Dienstleistungen?
Vorrangig geografisch. Wir wollen nicht nur grenzüberschreitende Überführungen vermitteln, sondern auch innerhalb der anderen Länder mit lokalen Partnern expandieren. Hier denken wir sicher auch an zusätzliche Dienstleistungen, aber das hat nicht die oberste Priorität.Sobald das autonome Fahren serienreif ist, dürfte ihr Geschäftsmodell obsolet sein, oder?
Auch wenn kein Fahrer mehr erforderlich ist, braucht man ein Netzwerk dahinter, um die Fahrten zu koordinieren. Da ist eine intelligente softwarebasierte Planung sinnvoll. Zudem bieten sich zusätzliche Dienstleistungen an, denn auch ein autonom fahrendes Auto kann sich nicht selbst waschen oder reparieren.Das Interview führte Bettina John.
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