Er ist das kleinste Modell im Renault-Portfolio, doch er macht der Zentrale in Paris große Freude. Denn ein gutes Jahr nach dem Start hält sich das winzige Kwid als Bestseller im Wachstumsmarkt Indien und beweist, dass Billigautos doch erfolgreich sein können: Während man den einstigen Preisbrecher Tata Nano in Städten wie Bangalore kaum auf den Straßen sieht, begegnet einem der in der Basisversion umgerechnet kaum mehr als 3500 Euro teure Kleinstwagen mit dem modischen SUV-Look an jeder Ecke. Nicht umsonst verkauft allein der lokale Renault-Händler Trident über 150 Fahrzeuge im Monat und in ganz Indien sind es in dieser Zeit fast 10.000, so dass der Kwid mittlerweile mehr als zwei Drittel des gesamten Renault-Absatzes in Indien ausmacht, sagt der Renault-Statthalter Sumit Sawhney. So konnte Renault seinen Absatz in den ersten neun Monaten versiebenfachen, während der Markt im gleichen Zeitraum um lediglich 17 Prozent gewachsen ist. Als der Wagen vor gut einem Jahr auf den Markt kam, war die Nachfrage sogar noch größer, erinnert sich Designchef Laurens van den Acker: "Die Fabrik in Chennai hat eine Kapazität von 2000 Autos pro Woche und wir haben in den ersten Wochen 2000 Bestellungen am Tag entgegengenommen."
Winzling mit riesigem Erfolg
Dass der 3,68 Meter kurze Kwid so gut ankommt bei den Indern hat einen einfachen Grund, sagt van den Acker. Man sieht ihm seinen niedrigen Preis nicht an. Im Gegenteil: Mit seiner SUV-Beplankung und der höheren Bodenfreiheit macht er nicht nur außen etwas her, sondern auch innen ist der Kleinstwagen alles andere als spartanisch, erläutert der Designer: In der Mittelkonsole prangt deshalb ein Touchscreen mit Online-Navigation, Bluetooth-Verbindung und USB-Schnittstelle mit MP3-Player. Selbst die Technik ist auf der Höhe der Zeit: Die Dreizylinder mit 0,8 oder 1,0 Litern Hubraum und 54 oder 68 PS gelten als sparsamste Verbrenner auf dem indischen Markt und als einziger Vertreter in diesem Segment, das rund 90 Prozent der Zulassungen ausmacht, gibt es den Kwid neuerdings auch mit Automatik-Getriebe.
So ist Renault mit dem Kwid jenes erfolgreiche Billigauto gelungen, an dem viele andere Volumenhersteller seit Jahren vergeblich arbeiten. Dafür haben die Franzosen nicht nur Abstriche bei den in Europa gängigen Standards etwa für die Sicherheit gemacht. Sondern sie haben einen völlig neuen Zugang zu dem Thema gewählt: "Statt wie üblich eine ausrangierte Plattform weiter zu benutzen, haben wir den Kwid direkt in Indien von Grund auf neu entwickelt und dabei immer lokale Zulieferer und niedrige Kosten im Blick gehabt," sagt van den Acker. Außerdem haben sich die Franzosen mehr Zeit gelassen als sonst: Wo der Einkauf seine Bestellungen üblicherweise in drei Monaten abgibt, konnte der Projektleiter mit den Lieferanten diesmal 1,5 Jahre verhandeln – und hat entsprechend günstige Ergebnisse erzielt.
Das zahlt sich nicht nur in Indien aus: Weil kleine und bezahlbare Autos in zahlreichen Schwellenländern gefragt sind, ist der Kwid mittlerweile auf Weltreise. Er wird seit diesem Jahr auch in Brasilien gebaut, wird von Chennai aus in andere Länder Südostasiens exportiert und steht seit ein paar Tagen auch in Südafrika bei den Händlern. Nach Europa, so die einhellige Sprachregelung, wird es der Winzling vorerst aber nicht schaffen.