Herr Titz, wie stark hängt Veritas noch am Verbrennungsmotor?
Wir sind mit unseren Produkten derzeit rund 70 Prozent vom Verbrennungsmotor abhängig. Ein relativ hoher Anteil davon sind Komponenten aus dem Dieselbereich. Diese Abhängigkeit vom Verbrenner wollen wir künftig deutlich zurückfahren.
Wie weit sind Sie in der Umsetzung Ihres Strategieprogramms 21+?Die im Jahr 2016 entwickelte Strategie, die dem Wandel in der Automobilindustrie Rechnung trägt, hat im wesentlichen weiterhin ihre Gültigkeit. In der Vergangenheit wurden einige Elemente dieser Produkt- und Marketingstrategie nicht in der Konsequenz umgesetzt, wie es notwendig gewesen wäre. Etwa in der Frage, auf welchen Märkten Veritas in welcher Gewichtung aktiv ist.
Wie sehen Sie die mittel- bis langfristige Perspektive des Unternehmens?Aufgrund der Modellzyklen der Fahrzeughersteller brauchen wir uns über das Geschäft bis 2025 vom Grundsatz her nur bedingt Sorgen zu machen. Das ist gebuchtes Geschäft und wir gehen davon aus, dass die Abrufe gemäß Plan erfolgen. Spannend wird es, wenn neue Produkte und neue Wachstumsmöglichkeiten nach dem Jahr 2025 ins Spiel kommen. Mit der Aktualisierung unserer Strategie gehen wir vor allem diesen Zeitraum an. Durch die strategische Neuausrichtung und die Transformation wollen wir die Veritas schlanker, fokussierte, schneller, effizienter und kundenorientierter aufstellen.
Was meinen Sie mit schlanker?Was ist unser Kerngeschäft und welche Produkte machen wir künftig nicht. Umsatzwachstum ist nicht unser Hauptfokus. Was zählt ist vielmehr das Ergebnis.
Welche Produkte bereiten Ihnen Sorgen?Unterbodenleitungen beispielsweise sind von den Margen her nicht so interessant für uns. In diesem Bereich werden wir künftig nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen aktiv sein. Wir werden künftig weiterhin in den bekannten Geschäftsbereichen tätig sein, werden aber andere Akzente setzen, um unabhängiger vom Verbrennungsmotor zu werden. Die Segmente Emission, Engine Air und Cooling wollen wir stark ausbauen. Im Bereich Fuel rechnen wir ab 2025 und später mit deutlicheren Rückgängen.
Welche Konsequenzen hat das für Ihre Standorte?Wir haben mit unseren derzeitigen Standorte-Footprint nicht unbedingt Wettbewerbsvorteile. Es ist zwingend notwendig, mit Augenmaß die Wettbewerbsfähigkeit und die Optimierung der Wertschöpfung innerhalb der Standortstrukturen wieder herzustellen. Die Nachteile aufgrund der starken Ausrichtung auf High-Cost-Countries wollen wir bestmöglich verringern. Eine Verlagerung von bestimmten Produkten in Niedriglohnstandorte wird stattfinden. Wir denken aber nicht über Standortschließungen nach.
Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte im Bereich alternative Antriebssysteme?Das sind Entwicklungen im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge, bei der Brennstoffzelle, dem Erdgasantrieb, der Batteriekühlung und dem Thermomanagement, die wir mit Hochdruck vorantreiben. Wir versuchen jetzt stärker den langfristigen Horizont im Innovationsbereich zu verankern als das in der Vergangenheit der Fall war.
Wie stark sind Sie in den einzelnen Märkten vertreten?Derzeit liegt der europäische Anteil unseres Umsatzes bei rund 85 Prozent in Europa. Bis zum Jahr 2025 wollen wir den Umsatzanteil im Nafta-Raum sowie in China auf jeweils 20 Prozent des Gesamtvolumens bringen. Das bedeutet für uns in absoluten Zahlen, dass wir in beiden Regionen jeweils mindestens 100 Millionen Euro Umsatz erreichen wollen. 2017 lag der Umsatz der Poppe-Veritas-Gruppe knapp unter 600 Millionen Euro. 2018 werden wir knapp unter dem Niveau von 2017 bleiben.
Sind Sie in China mit Ihrer Kundenbasis zufrieden?Wir verfügen über eine exzellente Kundenbasis in China, wollen diese aber weiterhin stark ausbauen. Dabei denken wir nicht nur an lokale chinesische Fahrzeughersteller sondern auch an sogenannte Tier-1-Lieferanten.
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