So hat MG Erfolg in Europa

MG hat im vergangenen Jahr in Europa mehr Autos verkauft als im Heimatland China. Die günstigern Preise der ehemals britischen Marke locken immer mehr Kunden an. Der Absatz in Europa lag 2022 bei 113.917 Autos. Das waren doppelt so viele wie im Jahr 2021, wie Zahlen des Marktforschungsunternehmens Dataforce zeigen. In China hat die Marke im vergangenen Jahr 110.101 Fahrzeuge verkauft.

Die Dynamik hat sich im ersten Quartal 2023 fortgesetzt. MG hat Europa bereits bekannte Marken wie Jeep, Cupra, Porsche, Land Rover und Honda hinter sich gelassen. Im Ranking der am schnellsten wachsenden Marken belegte MG im vergangenen Jahr Platz 2 hinter Tesla.

Das vielleicht wichtigste Beispiel für ein erschwingliches Familien-Elektroauto, das in Europa verkauft werden soll, hat MG im vergangenen Jahr mit dem kompakten, rein elektrisch betriebenen MG4 vorgestellt.

Das Auto zielt speziell auf den VW ID.3 ab, aber das Einstiegsmodell MG4 mit einer 51-Kilowattstunden-Batterie und einer Reichweite von 350 Kilometern beginnt in Deutschland bei 29.312 Euro, verglichen mit 39.995 Euro für das Einstiegsmodell ID.3 mit einer nur etwas größeren 58-kWh-Batterie. MG gehört zum chinesischen Autokonzern SAIC.

Zunächst beschränkte die Marke ihre europäischen Aktivitäten auf das Vereinigte Königreich, dort begann der Verkauf 2011. Als sie 2019 nach Kontinentaleuropa expandierte, konzentrierte sich das Unternehmen auf vollelektrische Autos und Plug-in-Hybride. Das ist in westeuropäischen Märkten wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Norwegen immer noch der Fall.

Seitdem hat MG jedoch nach Süden und Osten expandiert und Märkte wie die Slowakei, Slowenien, Ungarn und Portugal mit einer Produktpalette erschlossen, die Modelle mit Verbrennungsmotor wie den kleinen Geländewagen ZS und den kompakten Geländewagen HS umfasst.

In den ersten beiden Monaten war der HS mit 6810 Einheiten der meistverkaufte Wagen der Marke, wobei knapp über 5000 dieser Verkäufe auf den Benziner entfielen. Der HS war im Januar auch der meistverkaufte Wagen in Großbritannien. Nach Angaben auf der MG-Website gibt es jetzt 624 Händler in Europa.

In diesem Jahr wird MG seine Sichtbarkeit erhöhen, indem es zu seinen sportlichen Wurzeln zurückkehrt. Die Marke ist wahrscheinlich weltweit am besten für ihren MGB-Sportwagen bekannt, der 1980 nach fast 20-jähriger Laufzeit eingestellt wurde. Im Laufe des Jahres will MG einen elektrischen Nachfolger des MGB mit dem Codenamen Project E vorstellen, mit dem die Marke ihren 100. Geburtstag feiert.

Das Serienauto, auf das das Cyberster-Konzept einen Vorgeschmack gibt, "wird die Wahrnehmung der Marke grundlegend verändern", sagte Guy Pigounakis, kaufmännischer Direktor von MG UK, gegenüber Automotive News Europe.

Die Vorstellung des seit langem geplanten Elektro-Sportwagens zeigt auch das Vertrauen von SAIC in eine Wiederbelebung, die nicht immer nach Plan verlaufen ist. Das erste in China gebaute Modell der Marke, das in Großbritannien verkauft wurde, war der MG6, ein benzinbetriebener Mittelklassewagen mit Fließheck und Limousine, der sich nicht durchsetzen konnte.

"Sie sind zu früh eingestiegen und haben versucht, einen Benzinmotor zu verkaufen, obwohl der Markt in dieser Fahrzeuggröße auf Dieselmotoren ausgerichtet war", so ein britischer Händler gegenüber Automotive News Europe. Der Händler, der anonym bleiben möchte, hat seine MG-Franchise aufgegeben, weil der Kleinwagen MG3 zu lange auf sich warten ließ.

Mit der Einführung des MG3 im Jahr 2014 stiegen die Verkaufszahlen der Marke von etwa 500 im selben Jahr auf 2326, aber erst die Einführung des kleinen SUV ZS im Jahr 2017 brachte eine echte Wende für MG in Großbritannien.

Die Verkäufe stiegen 2018 auf 9050, während die Einführung der Elektroversion des ZS den Weg für den Eintritt von MG in Kontinentaleuropa ebnete. Das Unternehmen war sogar der erste Anbieter eines elektrischen Kombis - des kompakten MG5 - der sich in Städten wie London, wo Taxis mit Verbrennungsmotoren eingeschränkt werden, eine Nische bei Taxifahrern erobert. MG hat seinen preiswerten Kleinwagen MG3 bisher nicht außerhalb des Vereinigten Königreichs angeboten.

Exporte aus China waren schon immer das große Ziel von SAIC für MG. Der chinesische Riese - laut dem Analystenunternehmen Inovev im Jahr 2022 das sechstgrößte Automobilunternehmen der Welt - hat das britische Erbe der Marke groß herausgestellt und ein großes Designstudio in London eröffnet.

Europa ist einer von sechs regionalen Märkten mit 50.000 Fahrzeugen, die SAIC für MG anvisiert hat, neben Australien und Neuseeland, Amerika (einschließlich Mexiko), dem Nahen Osten und ASEAN einschließlich Indien. In Europa hat die Marke dieses Ziel bereits erreicht, in anderen Regionen ist sie auf dem besten Weg dorthin. In Australien war MG im vergangenen Jahr beispielsweise mit 49.582 verkauften Fahrzeugen die siebtgrößte Marke, auch in Mexiko lag sie mit 48.112 verkauften Autos auf Platz. In Indien belegte sie mit 48.063 Fahrzeugen den 10. Platz.

"MG ist das beste Beispiel dafür, wie schnell ein chinesisches Auto neue Kunden im Westen und anderswo finden kann", sagte Felipe Munoz, globaler Analyst für das Marktforschungsunternehmen JATO. "Sie machen sich eine britische Marke zunutze, um ihre Präsenz weltweit zu erweitern."

Auf dem chinesischen Heimatmarkt sich die Verkaufszahlen eingebrochen. In den ersten beiden Monaten des Jahres gingen sie laut Bestsellingcarblog um 50 Prozent auf 15.203 Stück zurück. "Der Wettbewerb im eigenen Land ist so intensiv, dass viele chinesische Autohersteller mir sagen, dass sie mit dem Export mehr Gewinn machen", so Michael Dunne, Leiter der in China ansässigen Automobilberatungsfirma ZoZoGo, gegenüber Automotive News Europe. Europa wurde bisher nicht in Chinas aktuellen Preiskrieg hineingezogen, was bedeutet, dass MG hier bessere Chancen hat, Geld zu verdienen.

Die Dominanz Chinas bei den Batterien hilft MG bei seiner Aufholjagd. Der MG4 beispielsweise, der in den ersten beiden Monaten des Jahres in Europa auf Platz 2 der MG-Verkaufszahlen lag, verwendet für die Einstiegsversionen die billigere Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP).

"Sie profitieren definitiv von den niedrigeren Kosten, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass China jetzt eine vollwertige, integrierte Batterielieferkette im eigenen Land hat", so Dunne. "Dass sie mit dem kultigen Markennamen MG auf den Markt kommen, ist wie das Sahnehäubchen auf dem Kuchen".

Einige europäische Autohersteller haben sich darüber beschwert, dass China einen unfairen Vorteil hat, wenn es um die staatliche Unterstützung für die Batterieindustrie im eigenen Land geht.

"Unsere Konkurrenten haben viele Trümpfe in der Hand, die wir noch nicht haben, nämlich in der vorgelagerten Lieferkette von BEVs", sagte der CEO der Renault-Gruppe, Luca de Meo, in seiner Rolle als Vorsitzender der europäischen Automobil-Lobbygruppe ACEA in einer Rede im Januar in Bezug auf China.

Die wettbewerbsfähige Preisgestaltung von MG für den elektrischen Kompaktwagen MG4 ist der erste Hinweis darauf, dass die europäischen Automobilhersteller an dieser Front ein Problem haben könnten.

Das Unternehmen könnte auch seine Konkurrenten unterbieten, um Marktanteile zu gewinnen, aber MG Pigounakis besteht darauf, dass das Unternehmen mit den in Großbritannien verkauften Elektroautos einen Gewinn erzielt.

"Wir wollen eine Marge erzielen, mit der wir uns wohlfühlen, aber mit einem ausreichenden Vorsprung, um uns zumindest auf die Tagesordnung zu setzen", sagte er.

Aus dem Datencenter:

Meistverkaufte Elektromodelle 2022 in Deutschland und China