Am Fahrplan wird nicht mehr gerüttelt. Nur noch wenige Monate, und der Daimler-Konzern hört in seiner jetzigen Form auf zu existieren. "Wir liegen mit der eingehenden Vorbereitung dieses komplexen Vorhabens voll im Zeitplan und wollen Daimler Truck bis zum Ende dieses Jahres als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringen", bekräftigte Finanzvorstand Harald Wilhelm gegenüber der Automobilwoche. Man sei von der industriellen Logik und den Vorteilen der geplanten Neuausrichtung von Daimler und der Abspaltung von Daimler Truck überzeugt.
Experten wie der LBBW-Analyst Frank Biller rechnen damit, dass die Lkw-Sparte im März 2022 zum nächsten Aufnahmetermin im dann 40 Unternehmen zählenden Leitindex Dax gelistet werden könnte. "Es ist davon auszugehen, dass Daimler Truck alle Kriterien gut erfüllen kann", sagte Biller der Automobilwoche. Die erforderliche Marktkapitalisierung dürfte das Unternehmen, dessen Wert auf 20 bis 30 Milliarden Dollar geschätzt wird, leicht erreichen. Der Großteil der Aktien soll in Streubesitz gehen, nur eine Minderheit bei der Daimler AG verbleiben. Klar ist auch, dass die Holding Daimler AG früher oder später verschwinden wird und nur noch die Mercedes-Benz AG als Autobauer übrig bleibt. Damit stellt sich die Frage, wer von den derzeitigen Daimler-Vorständen in Zukunft welche Rolle übernimmt.
Ola Källenius: Der Vorstandschef ist bis zum 21. Mai 2024 bestellt und sitzt so fest im Sattel wie nie zuvor. Sein Name wird mit der Aufspaltung des Unternehmens verbunden bleiben. Schon seit Amtsantritt im Mai 2019 ist er auch Chef der Pkw-Sparte, auf die er sich in Zukunft voll und ganz konzentrieren kann. Ob mit der Reduzierung der Aufgaben auch Källenius' Gehalt von zuletzt rund sechs Millionen Euro sinkt, wollte das Unternehmen auf Anfrage nicht beantworten. Bekannt ist, dass der Schwede von der Konstruktion der Holding, wo noch rund 6000 Mitarbeiter beschäftigt sind, nicht viel hält und diese lieber schnell als langsam abwickeln würde.
Martin Daum: Für den bisherigen Lkw-Chef beginnt mit der Abspaltung der Daimler Truck AG ein völlig neues Kapitel seiner Karriere. Daum wird Vorstandschef eines eigenständigen Unternehmens, das zudem wohl in den Börsenleitindex DAX aufgenommen wird. Der 61-Jährige wird mit der förmlichen Ausgründung auf der für Herbst geplanten außerordentlichen Hauptversammlung aus der Holding ausscheiden. Sein Vertrag wurde jedoch schon vorzeitig bis 2025 verlängert. Sein Gehalt von bisher rund drei Millionen Euro im Jahr dürfte sich je nach Erfolg an der Börse in Zukunft erhöhen. Aufsichtsratschef der Truck AG soll der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser werden.
Harald Wilhelm: Der im Jahr 2019 von Airbus gekommene Finanzchef hat den Vertrag mit der längsten Laufzeit im Vorstand. Der 55-Jährige ist bis zum Jahr 2027 bestellt. Wilhelm gilt als kostenbewusster Controller, der großen Anteil an der Umsetzung des Projekts Fokus hat. Auch für ihn wird das Aufgabengebiet mit der Abspaltung der Lkw-Sparte überschaubarer. Ob sich das auf sein Gehalt auswirkt, welches im vergangenen Jahr wie das der normalen Vorstände bei rund drei Millionen Euro lag, bleibt abzuwarten.
Wilfried Porth: Der Personalvorstand des Konzerns hat bereits angekündigt, dass er seinen im April 2022 auslaufenden -Vertrag nicht mehr verlängern wird. Porth ist dann 63 Jahre alt. Bei der Mercedes-Benz AG wird Sabine Kohleisen die Funktion übernehmen, bei den Trucks Jürgen Hartwig. Es ist daher unwahrscheinlich, dass es für Porth in der Holding bis zur Auflösung einen Nachfolger geben wird.
Britta Seeger: Für die 51-jährige Vertriebschefin von Mercedes dürfte sich am wenigsten ändern, da ihr Aufgabengebiet schon bisher auf die Pkw und Vans im Konzern zugeschnitten war. Ihr Vertrag läuft bis Dezember 2024.
Markus Schäfer: Der 56-Jährige gilt als der starke Mann neben Källenius. Er ist für die Konzernforschung und die großen Entscheidungen zuständig. Dazu zählt etwa, wo die Entwicklung der Brennstoffzelle oder das automatisierte Fahren angesiedelt sein sollen. Gleichzeitig ist Schäfer CTO von Mercedes und kontrolliert in dieser Funktion die gesamte Wertschöpfungskette vom Einkauf bis zur Produktion. Hier wird sein Augenmerk in Zukunft liegen. Dennoch wird es bei vielen Technologien eine Zusammenarbeit der beiden Unternehmen geben. Schäfers Vertrag läuft bis zum 21. Mai 2024.
Hubertus Troska: Der 61-Jährige ist neben Porth der Einzige, der in den Vorstandstableaus der neuen Unternehmen nicht auftaucht. Bisher war er für alle Aktivitäten des Konzerns in China verantwortlich und kann große Erfolge vorweisen. Da die Truck AG über eigene Regionalchefs verfügt, wird sich Troska in Zukunft auf die Pkw und Vans mit Stern fokussieren. Troskas Vertrag läuft bis Dezember 2025. Sollte die Holding des Konzerns früher aufgelöst werden, müsste für Troska im Vorstand der Mercedes-Benz AG ein neuer Posten geschaffen werden. Gut möglich aber, dass Troska vorher in den Ruhestand geht.
Renata Jungo Brüngger: Die Vorständin für Integrität hat einen Vertrag bis 2023 und einen Sitz im Vorstand der Mercedes-Benz AG. Für sie wird sich wenig ändern. Mit dem Dieselskandal, den Schadenersatzklagen wegen überhöhter Preise im Rahmen des Lkw-Kartells und der Etablierung einer sauberen Lieferkette dürfte der Schweizerin die Arbeit jedenfalls nicht ausgehen.
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