Die Ankündigung hatte Daimler-Chef Ola Källenius bereits beim letzten Batterie-Strategietag Ende Juli gemacht, jetzt steht auch der konkrete Partner fest: Mercedes beteiligt sich neben Stellantis und Totalenenergies am europäischen Batteriezellfertiger ACC. Dieser will bis Ende des Jahrzehnts eine Kapazität von 120 Gigawattstunden aufbauen und einen erklecklichen Anteil davon an Mercedes liefern. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Projekt:
Warum fiel die Wahl auf ACC?
Daimler-Chef Ola Källenius sagte, man habe mit allen namhaften Batteriezellfertigern in Europa gesprochen. Dazu zählen etwa der schwedische Hersteller Northvolt oder auch Britishvolt. "Sie alle wollten mit uns zusammenarbeiten", so Källenius. Letztlich sei die Entscheidung aber für ACC gefallen, weil die Konstellation am besten gepasst habe. "Die Technologie von ACC und die Industrialisierungskompetenz von Stellantis haben den Ausschlag gegeben." Der Daimler-Chef verwies darauf, dass der Konzern schon früher bei Lithium-Ionen-Zellen mit Saft, der Batterietochter von Totalenergies, zusammengearbeitet habe. Wie hoch die Zuteilung von Zellen von ACC für Mercedes sein wird, wollte Källenius nicht sagen. Es sei aber ein "relevanter Bestandteil" des Bezugs von Zellen in Europa bis 2030. Daimler selbst geht davon aus, bis 2030 rund 200 Gigawattstunden pro Jahr zu benötigen.
Wie läuft die Finanzierung?
Das Vorhaben zum Aufbau der 120 Gigawattstunden von ACC bis zum Ende des Jahrzehnts wird insgesamt sieben Milliarden Euro kosten. Darin seien Fremdkapital, Eigenkapital sowie öffentliche Subventionen enthalten. Die Europäische Union und auch Deutschland fördern den Aufbau von Zellfabriken mit Milliardenbeträgen. In einem ersten Schritt investiere Mercedes einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag, sagte Finanzchef Harald Wilhelm. Mit dem Ausbau der Kapazitäten wird dieser Betrag ansteigen, er soll aber über die gesamte Laufzeit unter einer Milliarde Euro bleiben. Ziel sei es, eine hochwertige Batteriezelle zu vernünftigen Kosten zu erhalten.
Welche Rolle spielt Mercedes bei der Entwicklung?
Im Zuge der Transformation der Standorte baut Daimler im Motoren- und Getriebewerk in Stuttgart-Untertürkheim ein Kompetenzzentrum für die Elektromobilität auf. Teil davon ist die Entwicklung von Zellen und die Fertigung auf einer Pilotanlage. "Wir werden daher in der Spezifikation der Zellen eine erhebliche Rolle spielen, die Rezeptur wird durch uns bestimmt", sagte Daimler-Entwicklungschef Markus Schäfer. Er sagte aber auch, dass man dabei die Kompetenzen des Batteriespezialisten Saft nutzen wolle. Am Ende solle eine Batteriezelle entstehen, die bei Reichweiten, Kosten und Haltbarkeit Maßstäbe setze. Die Partnerschaft gehe über normale Lieferantenbeziehungen weit hinaus. "Durch unser Engagement helfen wir, ACC zum Champion aufzubauen", sagte Schäfer.
Wann kommen die Zellen zum Einsatz?
Bei den Zellen soll es sich um die nächste Generation der Lithium-Ionen-Zellen handeln. Die Zellen sollen ab 2025 zur Verfügung stehen. Zu diesem Zeitpunkt will Mercedes auch die neue Architektur MB.EA einführen, die nur noch rein elektrische Modelle vorsieht und keinen Bauraum mehr für einen Verbrennungsmotor vorhält. "Natürlich ist es naheliegend, dass wir dann auf die Zellen von ACC zurückgreifen", sagte Källenius. Im nächsten Jahr will Mercedes mit dem Vision EQXX eine Studie vorstellen mit einer Reichweite von rund 1000 Kilometern. Dies dürfte bereits ein erster Fingerzeig für die neue Generation von Zellen für die Elektrofahrzeuge sein.
Was ist mit bisherigen Partnern?
Bisher bezieht Mercedes die Zellen für seine Fahrzeuge von ganz unterschiedlichen Partnern. Dazu zählen beispielsweise LG Chem, CATL oder auch das junge chinesische Unternehmen Farasis. An den bestehenden Lieferantenbeziehungen soll sich durch den Einstieg bei ACC zunächst nichts ändern. Damit werde weiterhin ein Teil des benötigten Bedarfs abgedeckt. Insbesondere um Farasis hatte es zuletzt immer wieder Spekulationen gegeben, da sich deren Pläne für den Bau einer Fabrik in Bitterfeld verzögert haben. Daimler-Entwicklungschef Markus Schäfer sagte, dass die Zusammenarbeit mit Farasis sehr gut laufe, die eingesetzten Zellen Benchmark seien und die Lieferkette hohen Ansprüchen an Nachhaltigkeit genüge. Die Entscheidung zum Schritt nach Europa müsse letztlich Farasis treffen.
Wo entstehen die Fabriken?
ACC hat bereits zwei Standorte für den Aufbau von Zellfabriken angekündigt. Neben Frankreich (Douvrin) wird dies auch Kaiserslautern sein. Von dort aus sollen vor allem die Konzernmarken beliefert werden, zu denen neben Peugeot oder Citroen in Deutschland auch Opel gehört. Im Endausbau soll jedes dieser Werke bis zu 32 Gigawattstunden liefern. Dies bedeutet, dass ACC mindestens zwei weitere Werke bauen muss, um auch Mercedes mit ausreichend Kapazitäten zu beliefern. Ob diese neuen Fabriken dann an den bisherigen Motoren-Standorten wie etwa Kölleda entstehen, die von der Transformation besonders hart getroffen werden, ist noch völlig unklar. "Wie der Plan zur Industrialisierung aussehen wird, dafür ist es noch zu früh", so Källenius. Als Partner mit zwei Sitzen im Aufsichtsrat sei Mercedes aber Mitentscheider.
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