Rund 450 Millionen Airbags verbaut die gesamte Autoindustrie weltweit innerhalb eines Jahres. Tendenz weiter steigend. Airbags sind Teile der Sicherheitssysteme eines Fahrzeugs und damit nicht nur hochsensible für den Hersteller, sondern auch für die Käufer immens wichtig. Crashtest-Ergebnisse - und damit indirekt die Ausstattung mit Airbags - sind wichtige Kaufargumente.
In den westlichen Märkten zählen Fahrer-Airbags auch in Kleinwagen längst zum Standard - in aufstrebenden Märkten wie Indien oder ASEAN-Staaten wie Malaysia aber noch nicht. Zusätzlich statten die Fahrzeughersteller ihre Oberklasse Fahrzeuge mit immer mehr Airbgas aus - für die Insassen auf den Rücksitzen aus dem Dachhimmel und in den Seiten der Fahrzeugtüren.
Experten aus der Beraterbranche messen dem Airbag-Markt daher gute Wachsstumschancen bei - die Wachstumsrate wird in den nächsten vier bis fünf Jahren über der der gesamten Fahrzeugproduktion liegen. 2020/2021 so die einhellige Meinung dürfte der Markt schon bei 600 Millionen Stück pro Jahr weltweit erreichen.
Dass mit Takata der mit Abstand größte Hersteller in finanzielle Schieflage geraten ist, klingt nicht nur problematisch. Eine Insolvenz, die eine Abwicklung zur Folge gehabt hätte, hätte für die gesamte Autoindustrie ein massives Problem bedeutet. Nicht von ungefähr stellten die Autohersteller in Aussicht, Takata finanziell unter die Arme zu greifen. Keiner wollte einen Produktionsausfall riskieren.
Denn der Markt für Airbags ist bereits stark konsolidiert, ein Ersatzhersteller lässt sich nicht ohne weiteres beibringen. Nur vier weitere Unternehmen verfügen über relevante Marktvolumina: die schwedisch-amerikanische Autoliv, der japanische Hersteller Daicel, das deutsch-amerikanische Duo ZF-TRW und der US-Hersteller Key Safety Systems, hinter dem der chinesische Zulieferer Ningbo Joyson Electronics, steckt. Gemeinsam mit Takata erreichen diese fünf Unternehmen rund 80 Prozent des weltweiten Marktvolumens.
Umso wichtiger war und ist es, Takata als hochspezialisierten Produzenten zu erhalten. "Takatas Industriekapazitäten sind für den Markt absolut unverzichtbar", erklärt ein Branchenexperte. "Keiner der anderen Hersteller könnte den Verlust des Unternehmens abfedern." Takata unterhält allein 54 Werke in 21 Ländern (Stand September 2016) und setzte 2016/17 umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro um. Zu den wichtigste Kunden zählen die Volumenhersteller Volkswagen, Honda, Renault Nissan, GM und Toyota, aber auch Premiumhersteller wie Audi und BMW.
Schon in der Rückrufphase kam es zu einer Sonderkonjunktur für die Gasgeneratoren, die millionenfach ausgetauscht werden mussten. Schätzungen gehen von 80 bis 100 Millionen Teilen zusätzlich zum bereits prognostizierten Marktwachstum aus. Davon profitieren auch die anderen Hersteller wie etwa TRW.
Dass Key Safety Systems als "David" nun den Goliath geschluckt hat, ist daher nicht wirklich überraschend. Die gesamte Industrie hat ein großes Interesse daran, die Lieferketten für Airbags stabil zu halten und die Wachstumsprognosen versprechen dem neuen Eigentümer ein gutes Geschäft.
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