Warum Porsches Elektrostrategie Erfolg verspricht

Die erste Fahrt ist gewöhnungsbedürftig. Statt laut zu röhren, wie es sich für einen Sportwagen aus Zuffenhausen eigentlich gehört, tut sich erst mal gar nichts. Ist der Motor schon an? Tatsächlich. "Ready" steht auf der Instrumententafel. Jetzt noch die Automatik auf D und schon rollt der Panamera Turbo S E Hybrid lautlos aus der Ausfahrt auf die Straße. Mit einem Druck aufs Gaspedal schiebt die Luxuslimousine ordentlich nach vorne, plötzlich ist der vertraute Sound zu vernehmen. Der Verbrenner hat sich zugeschaltet. Im Hybrid-Modus zeigt die Luxuslimousine, wie die alte Welt und die neue Welt perfekt harmonieren. Der Übergang funktioniert ohne Ruckeln oder Leistungslöcher.

Offenbar hat Porsche mit diesem Antrieb einiges richtig gemacht. Denn die Verkaufszahlen sind erstaunlich. Seit der Panamera als Plug-In im Juni vergangenen Jahres auf den Markt kam, hat er sich bei den Kunden auf Anhieb durchgesetzt. "Rund 60 Prozent aller neuen Panamera-Modelle, die in Europa ausgeliefert wurden, haben einen Hybridantrieb", so ein Porsche-Sprecher. Je nach Markt ist der Anteil sogar deutlich höher.In Frankreich sind es 70 Prozent, in Österreich mehr als 80 Prozent und in Belgien sogar über 90 Prozent. Auch in Skandinavien werden reine Verbrenner-Varianten kaum mehr geordert.

Für Porsche ist dies ein Erfolg, der nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Denn er zeigt vor allem, was traditionelle und puristische Anhänger von Sportwagen so vermutlich nicht erwartet hätten. "Porsche und Elektromobilität passen perfekt zusammen", wie Produktionschef Albrecht Reimold sagt. Zumindest ist es der Beweis dafür, dass mit nahenden Ende des Verbrennungsmotors nicht zwangsweise auch die Ära leistungsstarker Sportwagen enden muss. Dies dürfte neben den offenkundigen Argumenten für einen Plug-In wie staatliche Subventionen auch an der von Porsche gewählten Strategie liegen.

Dazu gehört, dass der Plug-In-Hybrid im Modellprogramm des Panamera die leistungsstärkste Variante ist. "Wir haben ihn ganz bewusst ganz oben angesiedelt und nicht als Verzichtauto", sagt Porsche-Chef Oliver Blume. So hat der Panamera Turbo S E-Hybrid eine kombinierte Leistung von 680 PS und damit mehr als jeder andere Ableger. Damit sprintet die viersitzige Luxuslimousine in 3,4 Sekunden auf 100 Stundenkilometer und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 310 km/h. Verzicht sieht wahrlich anders aus.

Im Vergleich zur Vorgänger-Generation hat der neue Plug-In zudem eine erhöhte rein elektrische Reichweite. Statt 30 schafft er nun 50 Kilometer. Wird er regelmäßig an die Steckdose angeschlossen, lassen sich die täglichen Fahrten zur Arbeit damit emissionslos bestreiten. Mit dem Plug-In sind Fahrverbote kein Thema mehr, vor allem der Diesel hat darunter zu leiden. Noch mehr elektrische Reichweite dürfte es allerdings erst bei der nächsten Generation von Batteriezellen mit einer deutlich höheren Energiedichte geben. Denn der Bauraum ist begrenzt, mehr als 130 Kilogramm soll der Akku an Bord nicht wiegen. "Das ist bei uns der Kompromiss zwischen Reichweite und Performance", sagt Baureihenleiter Gernot Döllner.

Der Verbrauch im Hybrid-Modus wird nach NEFZ mit 2,9 Litern angegeben. So mancher Kritiker vermutet darin eine erneute Mogelpackung der Autoindustrie. Denn wer kann überprüfen, ob das Auto auch tatsächlich regelmäßig an die Steckdose angeschlossen wird. In Holland, so heißt es, werden Leasingfahrzeuge mit Ladekabel in Originalverpackung zurückgegeben. Wird der Plug-In-Hybrid ohne E-Motor gefahren, liegen die Verbrauchswerte wegen der schweren Batterie meist über denen eines vergleichbaren Diesels. Bosch-Chef Volkmar Denner hatte deshalb unlängst gefordert, transparente Emissionswerte anzugeben statt "unrealistischer Prospektwerte". Zwar will man bei Porsche solche Fälle nicht ausschließen, verweist aber auch auf gegenteilige Erfahrungen. "Wir wissen von vielen Porsche-Fahrern, dass sie in der Stadt ausnahmslos rein elektrisch unterwegs sind und gewissenhaft nachladen", so Entwicklungschef Michael Steiner. "Unsere Erwartungen sind übertroffen worden." Die Kunden würden sich eben ganz bewusst für diese Technologie entscheiden.

Weil der Panamera so gut ankommt, ist auch von der neuen Generation des Cayenne, die derzeit in den Handel kommt, vom nächsten Jahr an ein entsprechendes Plug-In-Programm geplant. Ob dies auch bei der neuen Generation 911er so sein wird, will Porsche flexibel entscheiden. "Die Erfahrungen mit dem Panamera ermutigen uns, aber wir sehen uns nicht unter Druck", sagt Steiner. Das Auto müsse in erster Linie Spaß machen. Die Nachfrage auf den Märkten soll darüber entscheiden, ob er dann auch wirklich eingebaut wird. Auch vom kleineren Geländewagen Macan ist in Zukunft ein Plug-In-Hybrid denkbar.

Doch damit nicht genug. Im Jahr 2019 startet Porsche endgültig in die rein elektrische Zukunft. Dann geht der Mission E an den Start, der auch bei sportlicher Fahrweise eine Reichweite von 500 Kilometern haben soll und in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 sprintet. Dank der 800-Volt-Technologie wird es möglich sein, das Fahrzeug innerhalb von einer Viertelstunde zu 80 Prozent aufzuladen. "Es ist das ehrgeizigste Projekt, das wir je in Angriff genommen haben", sagt Produktionsvorstand Reimold. Der Ausbau der Produktion in Zuffenhausen sei im Zeitplan, auch wenn noch viele Herausforderungen zu meistern seien.

Der Mission E soll dabei in der Basisversion nicht mehr kosten als ein vergleichbarer Porsche Panamera, also bei etwa 90.000 Euro starten. Porsche plant für den Anfang mit einer Stückzahl von rund 20.000 pro Jahr. Schon jetzt gebe es zahlreiche Anfragen, bestellt werden könne das Auto aber noch nicht, heißt es bei Porsche. Klar ist dagegen schon jetzt, dass es nicht bei einem Modell bleiben wird. „Wir denken heute bereits über Derivate des Mission E nach", so Reimold. Zudem soll der Sportwagen in verschiedenen Leistungsstufen auf den Markt kommen – mit mehr PS und einer noch größeren Reichweite. Denkbar sei auch, ließ Porsche-Chef Oliver-Blume kürzlich wissen, dass die entsprechenden Pakete wie bei Tesla nachträglich hinzugebucht werden könnten.

Der Mission E gilt bei Porsche nur als Auftakt einer umfassenden Elektrifizierung. So basiert das Fahrzeug auf der so genannten Premiumplattform Elektrik (PPE), auf der weitere Karosserieformen aufgesetzt werden können. "Mit Audi arbeiten wir für die weitere Zukunft an einer gemeinsamen Elektrofahrzeug-Architektur", so Reimold. So gilt als wahrscheinlich, dass die nächste Generation des Macan sich die Plattform PPE 41 mit einem elektrischen Audi-Modell teilt. Auch über dem kompakten Geländewagen sollen die weiteren Plattformen PPE 51 und 61 entstehen. 61 etwa steht für die Fahrzeugklasse des Panamera, die 51 ist bei Porsche noch nicht besetzt. Klar ist nur, dass es einen rein elektrischen Zweitürer wohl auf absehbare Zeit noch nicht geben wird. Zwar ist bereits ein elektrifizierter Cayman als Testwagen unterwegs. "Aber mit der aktuellen Batterietechnologie wäre uns das zu schwer", sagt Entwicklungschef Steiner, um nachzuschieben. "In fünf bis zehn Jahren könnte das bereits anders aussehen."

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