Bei der Endauswahl fällt die Entscheidung für die Agentur Jung von Matt, die mit der Idee eines HipHop-Videos angetreten ist und auch ähnliche Konzepte wie den Film "Supergeil" für Edeka umgesetzt hat. Bis dahin ist Werbung mit einem derartigen Unterhaltungswert unvorstellbar für den konservativen Konzern. Während frühere Kampagnen bei Bosch meist mühsame Fortbildung in Technik waren, steht nun der Kunde im Mittelpunkt und zeigt auf unterhaltsame Weise, wie sein Alltag durch die vernetzte Welt erleichtert wird.
Dolkhani ist mulmig zumute, als er die Idee beim obersten Geschäftsführer Volkmar Denner präsentieren muss. Dieser muss die Kampagne schließlich freigeben. Schnell wird klar, dass seine Sorgen unbegründet sind. "Herr Denner verfügt über einen sehr ausgeprägten analytischen Verstand. Auch wenn es vermutlich eine fremde Welt für ihn war, hat er schnell gemerkt, dass es funktionieren kann. Den Mut bewundere ich", erzählt Dolkhani. Auch von der großen Runde der Geschäftsführer bekommt er schließlich grünes Licht.Der Rest von der Idee zur Umsetzung sind eine Vielzahl von Detail-Entscheidungen, die am Ende zum Gesamtkunstwerk "Like a Bosch" führen. So plädiert die Agentur zunächst für einen erfolgreichen Rapper als Hauptfigur, doch Dolkhani will einen normalen Alltagshelden. Der Schauspieler und Sänger Shawn wird schließlich bei einem Casting in Los Angeles gefunden und erweist sich als Glücksfall. Mit dem schwedischen Regisseur Andreas Nilsson wird einer der Stars der Musik- und Werbevideoszene verpflichtet. Trotz aller Vorkehrungen ist sich Dolkhani des Rest-Risikos bewusst, als das Video entsteht. "Bosch hat eine unfassbare Marke aufgebaut mit einem unglaublichen Vertrauen der Kunden. Deshalb darf darf diese unter keinen Umständen beschädigt werden."Warum Bosch plötzlich cool ist
Ein Gradmesser ist für ihn daher, wie das Video bei den Mitarbeitern des Konzerns ankommt. "Am Anfang hatte ich das Gefühl, dass es auch einen Shitstorm geben könnte", so Dolkhani. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die 410.000 Beschäftigten teilen das Video, wo immer nur möglich. Die große Unterstützung trägt zu einer noch schnelleren Verbreitung bei. Inzwischen ist Hauptdarsteller Shawn, der auch auf Kongressen wie der Bosch Connected World in Berlin ganz analog zu Gast ist, bei den Mitarbeitern so etwas wie ein Hollywood-Star. Als er im Sommer auf der Schillerhöhe zu Besuch ist, reicht die Schlange einmal ums Gebäude. Von den Managern und Ingenieuren bis hin zum Koch der Kantine wollen alle ein Selfie mit dem schnauzbärtigen Nerd.
Das Video wird damit auch zum Treiber des Kulturwandels bei Bosch. Weg von der Ingenieurskunst und hin zu einem Softwareunternehmen. Das etwas angestaubte Logo wird auf diese Weise auf Hochglanz poliert. So manches Kind begrüßt den Vater oder die Mutter nach einem langen Arbeitstag mit dem Film-Zitat "Coming Home, Future Zone". Und eine Sprecherin ergänzt, dass viele Mitarbeiter nun versuchen, Projekte aus dem Blickwinkel von "Like a Bosch" anzugehen. Für Dolkhani ist dies mehr als ein angenehmer Nebeneffekt. "Wir befinden uns nicht zuletzt in einem Kampf um die besten Talente", sagt er. "Man muss den Leuten das Gefühl geben, dass das Unternehmen nicht stehen bleibt."Die Dynamik, die "Like a Bosch" entfacht hat, soll das Unternehmen noch eine Weile tragen. Nach dem gelungenen Auftakt sind weitere Videos für die einzelnen Sparten abgedreht. In denen erklärt Shawn beispielsweise, wie man automatisch einparkt oder sich in Berlin einen E-Scooter von Coup schnappt. Selbst Heizen oder Landwirtschaft funktioniert "Like a Bosch", wenn die Geräte an das Internet der Dinge angeschlossen werden und der Amerikaner sie mit breitem Grinsen und weißen Zähnen erklärt. Innerhalb nur eines Jahres hat Shawn einen festen Platz im Konzern erhalten und den Beweis erbracht, dass Bosch durchaus auch cool sein kann. Kaffeeflecken auf dem Hemd sind bei der nächsten Premiere eines Werbevideos jedenfalls nicht mehr nötig.Lesen Sie auch:Bosch will Internet of Things und KI kombinieren
Erfolgsverwöhnte Autokonzerne unter Zugzwang
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