Schauen wir auf die Chancen auf den bereits etablierten Märkten. 2021 sind bei Skoda nach Ihrer Schätzung rund 300.000 Fahrzeuge weniger gebaut worden als geplant. Wie viele weniger werden es 2022 sein?
Das hängt davon ab, wie die zweite Jahreshälfte läuft. Aktuell spüren wir die Auswirkungen in der Lieferkette durch die gerade erst bewältigte Corona-Situation in China. Die Halbleiter-Situation hat sich etwas beruhigt, da stehen wir momentan sehr stabil. Unser Einkaufsvorstand bei Skoda, Karsten Schnake. kümmert sich für den gesamten Konzern um die Chip-Beschaffung und macht das wirklich ganz hervorragend. Er ist unaufgeregt und krisenerprobt – mit jedem Handgriff, der dafür nötig ist. Von Produktänderungen, Anpassung der Bestellmöglichkeiten bis hin zum Einkauf von Broker-Ware, also Chiplieferungen, die auf dem Weltmarkt gehandelt werden. Ihre Frage will ich mal so beantworten: Wenn uns nicht noch der Himmel auf den Kopf fällt, müssten wir einen Tick über den Produktionszahlen des Vorjahres liegen.
Ist der Spagat zwischen vollelektrifizierten Märkten in Europa und den neuen Wachstumsmärkten für Verbrenner die zukünftige, zentrale Herausforderung für die Marke?
Ein Stück weit ist das sicherlich so. Aber auf meinen Reisen habe ich immer wieder festgestellt, dass sich in diesen Ländern bereits einiges in Richtung Elektrifizierung bewegt. Auch in Indien, wo es einen guten Energiemix für Elektrofahrzeuge gibt. Dort wird mit aller Macht versucht, die Elektromobilität hochzufahren. Und die Nachfrage ist bereits hoch. Ich kann mir vorstellen, dass einige Länder bestimmte Entwicklungsstufen vielleicht sogar überspringen und zeitnah einen enormen Schritt in die Zukunft machen könnten. Es wäre falsch zu denken, dass Schwellenländer für immer und ewig mit Verbrennern fahren. Aber bis weit in die 2030er-Jahre werden wir diesen angesprochenen Spagat sicherlich halten müssen.
Wie groß ist dabei Ihr Glaube an die zukünftigen Software-Lösungen der CARIAD? Zuletzt war von vielen Problemen zu hören…
CARIAD ist unser One-Stop-Shop für Software. Das bleibt auch so. Klar ist: Jede Marke kämpft um das Optimum an Software aus ihrer Sicht. Das muss sie auch machen. Skoda will also in erster Linie kostengünstige Lösungen, damit stellen sie auch CARIAD natürlich immer wieder vor neue Herausforderungen. Heißt das, dass Skoda sich die Software deswegen irgendwo anders besorgen würde? Nein, natürlich nicht…
Audi und Porsche kooperieren aber neuerdings zum Beispiel mit Apple für deren neue Carplay-Konzepte.
Richtungsdiskussionen haben wir auch bei der Einführung der MEB-Plattform gehabt. Das ist bei der Einführung einer neuen Technologie natürlich so. Noch einmal: CARIAD ist und bleibt ein super-verlässlicher Partner, der anfänglich wirklich große Aufgaben zu bewerkstelligen hatte. Immerhin ist CARIAD quasi eine neue Firma, die sich auch an ein ganz neues Arbeitsumfeld gewöhnen musste. Das war für einige Mitarbeiter auch nicht ganz einfach, die eher aus der Entwicklung unserer Fahrzeuge kamen. Was dort inzwischen aber entstanden ist, ist schon spektakulär.
Wird Software zukünftig das wichtigste Differenzierungsmerkmal zwischen den einzelnen Autoherstellern sein?
Sie wird zumindest immer wichtiger. Der Kunde erwartet von Skoda jetzt ein Simply Clever 2.0. Wir müssen den berühmten Eiskratzer im Tankdeckel also in den digitalen Bereich überführen und uns die Frage stellen, welche funktionalen Angebote wir dem Kunden machen können. Das kann Skoda. Einfach mit der Mentalität, Dinge auch mal auszuprobieren.
Wird die Aufgabe aber nicht viel schwerer, als sich einen Eiskratzer im Tankdeckel zu überlegen? Ihre Wettbewerber bei der Software heißen Google und Apple…
Natürlich ist das eine große Herausforderung, aber dafür haben wir uns massiv verstärkt und entwickeln inzwischen Software genauso wie neue Vorderachsen. Ich glaube, dass Volkswagen sehr leistungsstark ist, um die neuen Herausforderungen zu meistern. Clevere Ideen müssen ja nicht nur fahrwerksbezogen sein. Aber wenn man schon länger Autos baut, helfen diese wertvollen Erfahrungen auch in der neuen Mobilitätswelt. Einige unserer Wettbewerber lernen ja gerade, dass das nicht immer so einfach ist.