VW-Chef Diess holt sich neuen Chefstrategen von Porsche

Die Ankündigung kam vor drei Wochen überraschend: Michael Jost, bisher Chefproduktstratege von VW-Chef Herbert Diess, verlässt den Konzern. Das hatte Jost auf seiner eigenen Homepage angekündigt. Jetzt steht sein Nachfolger fest: Gernot Döllner, bisher bei der VW-Tochter Porsche Leiter Produkt und Konzept, wechselt am 1. Mai nach Wolfsburg. Das teilte VW am Dienstag mit. Jost wird seinen Nachfolger nun einarbeiten und das Unternehmen dann verlassen.

Jost, der in der Nähe von München lebt, wolle einfach näher an seiner Familie sein und nicht länger nach Wolfsburg pendeln, hieß es. "Seit 1996 führe ich eine Wochenend-Ehe und -Familie", schrieb er auf seiner eigenen Homepage. "Nun hat mich Corona nach Hause gebracht, und wir haben festgestellt, dass wir zusammen leben können. Hier möchte ich nun auch bleiben."

Döllner galt schon bisher als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge Josts.Nach Informationen der Automobilwoche ist er auch der Wunschnachfolger des scheidenden Chefstrategen. Döllner übernimmt in Wolfsburg zugleich noch einen zweiten Posten: Er wird auch Nachfolger von Jürgen Rittersberger als Leiter des Generalsekretariats und der Konzernstrategie des Konzerns. Grund ist der Wechsel von Rittersberger nach Ingolstadt, wo er am 1. April neuer Finanzvorstand bei Audi wird.

"Mit Gernot Döllner bekommen wir einen ausgewiesenen Strategen, der bei der Porsche AG umfassende Erfahrungen in der Betreuung von Baureihen sowie in der Entwicklungsstrategie und im Innovationsmanagement gesammelt hat", sagte Konternchef Diess. "Mit ihm werden wir den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen und die Transformation weiter vorantreiben."

Döllner, der in Braunschweig studiert hat, war 1996 zunächst zu VW gekommen und zwei Jahre später dann zu Porsche gewechselt. Von 2011 bis 2018 war er dort Leiter der Baureihe Panamera. Inzwischen ist er für die Konzeptentwicklung der VW-Tochter zuständig.

Die Kernmarke VW-Pkw bekommt mit dem Weggang Josts nun einen eigenen Strategiechef: Andreas Walingen, aktuell Leiter Konzern Produktstrategie, steigt am 1. Mai 2021 zum Chief Strategy Officer der Marke auf. "Gemeinsam werden wir unsere Transformation zum softwaregetriebenen Anbieter für nachhaltige Mobilität schnell und konsequent weiter vorantreiben", sagte Markenchef Ralf Brandstätter. Bisher war Jost Chefproduktstratege sowohl des Konzerns als auch der Marke.

VW lässt den 59-Jährigen nur schweren Herzens gehen. Schließlich gilt Jost als Architekt der aktullen Elektro-Offensive. Nach Informationen der Automobilwoche hatten Konzernchef Herbert Diess und Aufsichtsratsvorsitzender Hans Dieter Pötsch im Februar zwei Wochen lang intensiv bemüht, Jost zu halten. Am Ende ohne Erfolg. Dem Vernehmen nach teilte er dem Vorstand Anfang März mit, dass seine Entscheidung feststehe.

"Michael Jost hat in den vergangenen Jahren wichtige Akzente für die strategische Ausrichtung des Konzerns und der Marken gesetzt", sagte Konzernchef Herbert Dies. Und verabschiedete sich dann mit einem Video auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn von seinem langjährigen Weggebleiter. "Ein ausgezeichneter Mann", lobte Diess. "Sie haben oft den Karren für mich aus dem Drecke gezogen."

"Michael Jost ist einer der wichtigsten Wegbereiter unserer E-Offensive", erklärte auch VW-Markenchef Ralf Brandstätter. "Mit seinen klugen Analysen und mutigen Visionen hat er die Transformation unseres Unternehmens beschleunigt und wesentlich zum Erfolg dieses Wandels beigetragen."

Jost war ab Ende 2015 für die Strategie der Kernmarke VW zuständig und seit Mitte 2018 für den Gesamtkonzern. Die Elektro-Strategie des Konzerns trägt vor allem seine Handschrift. "Seit über zehn Jahren gestalte ich gemeinsam mit wertvollen Kollegen die Zukunft der Marken und des VW Konzerns", schrieb Jost auf seiner Homepage. "Jetzt heißt es für mich: Time for Change."

Künftig will er mit seiner eigenen Firma die Schifffahrt revolutionieren und autonom fahrende Elektro-Yachten entwickeln. "Nach Smart Cars kommen nun Smart Boats, eine nautische Passion, der ich mich gemeinsam mit der Familie widmen werde", kündigte Jost an. Umsetzen möchte er dies dem Vernehmen nach aber nicht in Deutschland, sondern am Mittelmeer. "Alles Gute auf den Weltmeeren", sagte Diess in seinem Abschiedsvideo.

Und das letztes große VW-Projekt "Smart Cars", das Jost auf seiner Homepage nannte und sogar mit einem Bild illustrierte? Wer hoffte, hier das noch geheime Zukunftsmodell Trinity zu erblicken, wurde enttäuscht. Das Bild zeigte das Audi Aicon Concept von 2017, das nur zufällig zu den Umrissen des Trinity passte. Inzwischen wurde das Bild ausgetauscht.

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