Volvo und Geely starten Polestar

Der schwedische Autobauer Volvo und dessen chinesischer Eigentümer Geely wollen die am Dienstag in Shanghai erstmals vorgestellte neue Marke Polestar zu einem vollwertigen Autobauer aufbauen, der zu einem echten Rivalen für die künftigen Elektro-Modelle der etablierten Hersteller werden soll.

"In drei bis fünf Jahren wird es in der Automobilszene ein ganz anderes Szenario am Markt geben. Dann werden wir im Bereich der Premium-Elektromodelle nicht mehr nur über Tesla reden, sondern wir werden unsere alten Bekannten von Audi, Mercedes und BMW wiedersehen", sagte der Automobilwoche in Shanghai Thomas Ingenlath, der seit Juni amtierende erste Vorstandschef der neuen Marke.

Volvo und Geely investieren gemeinsam rund 640 Millionen Euro in die neue Marke. Volvo steuert sein Entwicklungsknowhow bei, aber auch seine Fertigungsexpertise. Der finanzielle Rückhalt und somit der wesentliche Antrieb zur Gründung der neuen Marke kommt von Geely-Chef Li Shufu. Li war am Dienstag bei der Vorstellung der Markenpläne und des ersten Modells "Polestar 1" dabei, ergriff aber nicht das Wort und war auch für Journalisten nicht ansprechbar.

Ein Großteil des Kapitals wird für ein eigenes neues Werk der Marke Polestar in Chengdu im Nordwesten des Landes verwendet. Es ist derzeit im Bau und soll bereits ab Mitte kommenden Jahres in Betrieb gehen. Die ersten Serienmodelle aus diesem Werk sollen dann Anfang 2019 auf den Markt kommen.

Die Kapazität des nach Angaben von Volvo hochmodernen, lichtdurchfluteten Werkes wird allerdings eher gering sein: "Wir sprechen hier über eine fünfstellige Zahl" sagte Markenchef Ingenlath dazu der Automobilwoche.

Der neue Chief Operating Officer von Polestar, der frühere Volvo-Kommunikationschef Jonathan Goodman, machte aber deutlich, dass eine fünfstellige Zahl nicht das letzte Wort sein müsse. "Wir bereiten uns auch auf höhere Volumen in der Zukunft vor", sagte er.

Auftakt der Marke und zugleich ihr "Halo-Modell" ist das am Dienstag gezeigte Sportcoupé "Polestar 1," ein 2+2-sitziges Grand Tourer Coupé mit einem Plug-in-Hybrid-Antriebsstrang. Polestar kündigte an, von diesem ersten Modell nicht mehr als 500 Einheiten pro Jahr zu produzieren.

Die geringe Stückzahl ist nicht nur dem Start der Marke und der Fertigung geschuldet, sondern auch dem voraussichtlichen Preis des High-Tech-Autos: Ingenlath sprach vor Journalisten von einem Endkundenpreis zwischen 130.000 bis 150.000 Euro. "Der Polestar 1 ist ein Aushängeschild, mit dem man sehr gut starten kann."

Das Coupé von nur 4,50 Meter Länge basiert auf einer verkürzten SPA-Plattform von Volvo, rund 50 Prozent der Teile seien aber von Polestar-Ingenieuren neu entworfen worden, hieß es. Angetrieben wird es von einem Vierzylinder-Benziner und jeweils einem Elektromotor an jedem Rad der Hinterachse mit jeweils 109 PS. Zusammen soll dieses Paket auf eine Systemleistung von 600 PS und ein enormes Drehmoment von 1000 Nm kommen.

Die rein elektrische Reichweite des Plug-in-Hybrid werde dank zweier großer Lithium-Ionen-Batterien bei 150 Kilometern liegen, verspricht Volvo.

Schon bald sollen aber weitere, günstigere Modelle folgen. Anfang 2020 soll bereits der "Polestar 2" eingeführt werden, der anders als "Polestar 1" ein rein batterieelektrisches Fahrzeug sein wird. Dieses Auto soll in direkten Wettbewerb zu dem aktuell neu eingeführten Tesla Model 3 stehen, der bereits ab 35.000 Dollar angeboten wird. Zu den Preisen seines "Polestar 2" äußerten sich Polestar-Manager jedoch nicht.

Ein drittes Modell, "Polestar 3" soll dann spätestens 2021 folgen, es werde ein coupéhaft gezeichneter Crossover sein und ebenfalls rein elektrisch angetrieben, kündigte Ingenlath an. Weitere Einzelheiten zu diesen Modellen machte das Unternehmen nicht.

"The sky is the limit" sagte Ingenlath zur Frage, welche Rolle Polestar künftig in der Volvo-Geely-Allianz spielen solle. Beide Autobauer kündigten bereits im vergangenen Jahr die Entwicklung und den Bau einer weiteren elektrischen Marke an, Lynk & Co. Diese Marke soll preislich unterhalb von Polestar liegen und eher ein breites, urbanes Kundenspektrum anziehen.