Volocopter kreist über Singapur

Leise surrt der Volocity vor der atemberaubenden Kulisse der Marina Bay in Singapur. Das Flugtaxi legt dabei eine Distanz von eineinhalb Kilometern zurück und ist knapp zwei Minuten in der Luft. Mit dem Testflug, bei dem ein Pilot am Steuer saß, hat das Bruchsaler Start-up Volocopter einen weiteren Schritt zur Serienreife von Passagierdrohnen gemacht.

In der asiatischen Megacity wurde außerdem der erste Prototyp eines Flugplatzes in Betrieb genommen. Der vom Partner Skyports entworfene so genannte Voloport soll zeigen, wie sich Start- und Landevorgang, Batteriewechsel und Passagierabfertigung in den Betrieb integrieren lassen.

"Der heutige pilotierte Flug hier in Singapur war der bislang fortschrittlichste von Volocopter. Gleichzeitig zeigen wir der Welt erstmals unseren Voloport Prototypen. In dieser temporär aufgebauten Infrastruktur demonstrieren wir alle Kundenprozesse. Niemals zuvor konnten Menschen einen derart realistischen Eindruck erhalten, wie es sich anfühlen wird, wenn Urban Air Mobility in unseren Städten Realität ist”, sagte Florian Reuter, CEO von Volocopter, laut Mitteilung.

Der Testflug wurde von den Behörden in Singapur intensiv begleitet. Tatsächlich könnte die Stadt einmal der Vorreiter für die urbane Mobilität in der dritten Dimension werden. Zusammen mit Skyports hat Volocopter bereits erste Routen identifiziert, zum Beispiel vom Flughafen ins Bankenviertel.

Bis auf diesen Strecken tatsächlich Passagierdrohnen im Regelbetrieb verkehren, könnte es nicht mehr allzu lange dauern. "Wer in einem Voloport steht, kann sofort nachvollziehen, dass Urban Air Mobility keine Zukunftsmusik ist, sondern in den nächsten zwei bis fünf Jahren marktreif sein wird", sagt Reuter. Dafür brauche es ein zugelassenes Fluggerät, die nötige Infrastruktur und die Regulierung dieser beiden Komponenten. "Indem wir eng mit Unternehmen wie Volocopter zusammenarbeiten, hoffen wir Innovationen zu fördern, die Lebensqualität verbessern können und dabei die Sicherheit der Luftfahrt und Öffentlichkeit gewährleisten", sagte Ho Yuen Sang von der zivilen Luftfahrtbehörde CAAS.

Schon in Dubai hat Volocopter mit den dortigen Behörden erste Kontakte geknüpft und einen Testflug über der Stadt absolviert. Damit dürfte das Unternehmen der Konkurrenz voraus sein. Zwar haben auch die Google-Tochter Kitty Hawk, das chinesische Unternehmen Ehang oder das Münchner Start-up Lilium erste Testflüge mit Prototypen erfolgreich gemeistert, sind aber noch weit entfernt von der Erprobung kompletter Abläufe wie Check-In und Abfertigung und der Einbindung in ein System des öffentlichen Nahverkehrs.

Ob Passagierdrohnen tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zur Entlastung von städtischen Verkehrssystemen leisten können, ist allerdings umstritten. Zwar gibt es zahlreiche Studien, die einen Bedarf und großen Markt für die Jahre ab 2025 prognostizieren.

So geht die Beraterfirma Porsche Consulting davon aus, dass Luftaxis in den folgenden zehn Jahren eine Stückzahl von 23.000 und einen Umsatz von 32 Milliarden Dollar allein für Passagierdienste erreichen könnten. Auch andere Untersuchungen prognostizieren ein riesiges Marktpotenzial.

Es gibt aber auch Skeptiker wie Manfred Hajek vom Lehrstuhl für Hubschraubertechnologie an der Technischen Universität München (TUM). "Diese Studien haben keinen großen Wert, denn bei ihren Annahmen ist viel Spekulation dabei", sagte er jüngst der "Süddeutschen Zeitung". Hajek bezeichnet die Ankündigungen der Unternehmen als "Wahnsinns-Hype". Dieser werde "noch eine Weile andauern", aber daraus werde "nie ein massenverkehrstaugliches Transportmittel werden". Er könne sich allenfalls Nischen vorstellen wie beim Transport von Patienten oder Organen in Megastädten von einem Krankenhaus in einanderes.

Während Porsche jüngst eine Kooperation mit Boeing zur Entwicklung einer Passagierdrohne verkündete, hat sich Audi aus Kostengründen von seinen Plänen mit dem Flugzeugbauer Airbus verabschiedet. Dennoch finden sich derzeit genügend Investoren. So hat Volocopter in der jüngsten Finanzierungsrunde 50 Millionen Euro eingesammelt. Zum Ankerinvestor Daimler kam ein weiteres bekanntes Unternehmen hinzu. Der chinesische Autobauer Geely, der über seinen Gründer Li Shufu auch mit knapp zehn Prozent an Daimler beteiligt ist, will mit dem Geld die kommerzielle Einführung der Lufttaxis innerhalb der nächsten drei Jahre unterstützen.

Gegründet wurde Volocopter im Jahr 2011 von Stephan Wolf und Alexander Zosel. Das Unternehmen hat mittlerweile über 150 Mitarbeiter in Büros in Bruchsal, München und Singapur.

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