Volkswagen prüft Schadenersatzklagen gegen Bosch und Conti

Der Engpass beim Halbleiternachschub könnte die VW-Zulieferer Bosch und Continental teuer zu stehen kommen. VW prüft nach Informationen der Automobilwoche, ob gegen die beiden säumigen Lieferanten Schadenersatzansprüche bestehen. Andere Hersteller wie Daimler könnten folgen.

Sollte die Zulieferer schlicht zu wenig Chips bestellt haben, um ihren Lieferverpflichtungen nachzukommen, dürften sie am Ende an den Kosten der Produktionstopps beteiligt werden, sagte Analyst Frank Biller von der LBBW. "Die Kosten dürften sich im zwei- bis dreistelligen Millionen-Bereich abspielen", schätzt sein Kollege Frank Schwope von der NordLB. Sie könnten "aber durch Nachholeffekte im Laufe des Jahres noch reduziert werden".

Wegen fehlender Elektronikteile musste VW bereits in Wolfsburg und Emden Bänder anhalten und Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Auch die Tochter Audi ist inzwischen betroffen, das VW-Komponentenwerk in Braunschweig meldete vorsorglich gleich bis Ende Februar Kurzarbeit an.

Um den Mangel zu beseitigen, spreche VW inzwischen auch mit möglichen Alternativlieferanten, hieß es im Unternehmen. Das werde dann aber sicher teurer werden. Die Mehrkosten könnten an Bosch und Conti durchgereicht werden.

Auch andere Herstellen hatten in den vergangenen Wochen Teile der Produktion gedrosselt. Betroffen waren auch Daimler, Ford, FiatCrysler, Toyota und Nissan. Die Automobilhersteller seien nun gefordert, gemeinsam mit ihren Zulieferern die Engpässe schnellstmöglich zu beseitigen und bis dahin den Fokus auf ertragsstärkere Fahrzeuge zu legen. So könnten größere negative Ergebniseffekte in Grenzen gehalten werden, sagt LBBW-Analyst Biller.

Als Grund für den Mangel gilt die hohe Nachfrage aus dem Elektronikbereich etwa für Smartphones oder Spielekonsolen, aber auch der andauernde Handelsstreit zwischen den USA und China. So hat offenbar der chinesische Elektronikkonzern Huawei große Lager an Chips angelegt. Verspätete Bestellungen wollen sich die Hersteller dagegen nicht vorwerfen lassen. "Wir hatten richtig geplant und fristgerecht bestellt", sagt eine Daimler-Sprecherin.

Obwohl der Stillstand in der Produktion zum Teil nur Tage oder wenige Wochen dauern soll, sind die Auswirkungen noch lange zu spüren. "Wegen eines Vorlaufs von drei bis neun Monaten bei den Chiplieferanten dürfte die fehlende Produktion erst im zweiten Halbjahr – und dann nur teilweise – wieder aufgeholt werden", sagt Biller.

Mit Besserung rechnet auch VW nicht vor dem zweiten Quartal. Zu möglichen Schadenersatzforderungen wollte sich das Unternehmen nicht äußern. "Das kommentierten wir nicht", sagte ein Sprecher. Bei Bosch hieß es, solche Fragen werde man "zu gegebener Zeit mit unseren Kunden und Zulieferern direkt besprechen", wie eine Sprecher erklärte. "Wir fokussieren uns derzeit darauf, die Lieferketten trotz angespannter Lage am Markt möglichst aufrechtzuerhalten."

Auch Daimler will sich erst später mit der Frage befassen."Wir sehen aktuell unsere primäre Aufgabe darin die Auswirkungen des globalen Lieferengpasses bei Halbleitern erfolgreich zu minimieren", sagt eine Daimler-Sprecherin. "Negative Auswirkungen klären wir bilateral und partnerschaftlich, aber konsequent", fügte sie hinzu.

Deutlicher wurde BMW. Zwar gibt es dort bisher keine Produktionsstopps. Doch vorsorglich erklärte Vertriebsvorstand Pieter Nota: "Das Volumen für 2021 haben wir fristgerecht bestellt. Und wir erwarten, dass unsere Lieferanten dem auch fristgerecht nachkommen."

Bereits 2017 war BMW gegen einen säumigen Lieferanten vorgegangen. Weil Bosch wegen des Ausfalls eines Zulieferers in Italien keine Lenkgetriebe liefern konnte, standen bei BMW unter anderem in Leipzig die Bänder still. Anschließend forderte BMW von Bosch einen mittleren zweistelligen Millionen-Betrag als Schadenersatz. In Verhandlungen mit dem Zulieferer konnte man sich am Ende vor Gericht einigen. Zur Höhe der Entschädigung machten beiden Seiten dann keine Angaben mehr.

Das könnte nun beim VW-Konzern Schule machen: Geltend gemacht wurde der Anspruch gegen Bosch bei BMW damals vom Beschaffungsvorstand. Der hieß Markus Duesmann und ist inzwischen Audi-Chef.

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