Die verschärften CO2-Grenzwerte für 2030 werden dramatische Auswirkungen auf die Automobilhersteller haben und die Branche gleichermaßen Modelle und Mitarbeiter kosten. Das hat VW-Chef Herbert Diess am Rande der Motorshow in Detroit im Gespräch mit der Automobilwoche bekräftigt
Zwar sieht der Vorstandsvorsitzende Marke und Konzern für die Grenzwerte von 2025 dank der jetzt anlaufenden Elektrooffensive gut gerüstet. „Denn Elektroautos sind der effizienteste Weg, den Flottenverbrauch zu senken. Deshalb bekommen wir das mit einem Anteil von 18 bis 20 Prozent hin“, gibt sich Diess mit Blick auf den Modularen Elektrobaukasten MEB, aus dem zum Jahreswechsel das erste ID-Modell seinen Einstand gibt hoffnungsfroh. „Das kommt genau zur rechten Zeit.“Die Zahlen seines Baureihenleiters Christian Senger geben ihm recht: Bis 2025 wolle der Konzern 50 reine Elektrofahrzeuge und 30 Plug-In-Hybriden auf den Markt bringen, von denen bis zu drei Millionen Exemplare pro Jahr verkauft werden sollen. Alleine auf Basis MEB würden das bei knapp 30 Modellen in der ersten Welle 15 Millionen Autos. „Bei der Marke sprechen wir von 20 reinen Akku-Autos und einem Absatzziel von einer Million bis 2025. Das werden dann rund 20 Prozent unserer Gesamtproduktion sein“, sagte Senger der Automobilwoche.
Doch wenn VW beim Flottenverbrauch bis zum Jahr 2030 tatsächlich weitere 37,5 Prozent des Wertes aus dem Jahr 2021 einsparen müsse, werde das nur mit radikalen Einschnitten und Umstellungen gelingen, sagt Diess mit einem beinahe drohenden Unterton. „Dann brauchen wir eine Elektro-Quote von 50 Prozent.“
Weil Elektro-Autos aber einfach konstruiert und produziert sind, werde das erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigungsstruktur in der gesamten Branche haben, so der VW-Chef weiter: „50 Prozent weniger Verbrenner, das heißt auch 50 Prozent weniger Zulieferteile und wird damit fast zwangsweise Arbeitsplätze bei unseren Lieferanten kosten.“ Und auch in den eigenen Werken werde dann so manch ein Mitarbeiter überflüssig, räumt er ein.
Zugleich werde sich auch das Modellangebot deutlich verändern. Kleinwagen würden durch zusätzliche Spritspartechniken so teuer, dass sie sich kaum einer mehr leisten könne oder wolle, sagte Diess und schätzte den Preisaufschlag auf rund 3500 Euro. Der VW Up, der aktuell ab 10.625 Euro in der Liste steht, werde dann ein Drittel teurer. „Damit ist er tot“, sagt Diess und setzt selbst hinter den Polo ein dickes Fragezeichen. Einmal mehr appellierte der VW-Chef deshalb an eine maßvolle Anpassung der CO2-Ziele und zugleich an einen systemübergreifenden Ansatz. „Das funktioniert nur, wenn alle mitmachen.“ Es ergebe keinen Sinn, die Elektromobilität zu forcieren, ohne zugleich die Energiegewinnung umzustellen. Und zugleich dürften die CO2-Ziele nicht so weit hochgeschraubt werden, das individuelle Mobilität nicht mehr bezahlbar sei.Lesen Sie auch:
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