Herr Kiss, wann geht der erste selbstfahrende Audi in Serie?
„Der neue A8, der Ende des Jahres auf den Markt kommt, wird auf definierten Strecken automatisiert nach Level drei fahren können. Und zwar in dem Rahmen, wie es das neue Gesetz von Verkehrsminister Dobrindt vorsieht.
Was heißt „nach definierten Strecken“ für Sie?
„Automatisiertes Fahren nach Level drei bedeutet, dass wir, sofern es gesetzlich zulässig sein wird, einen Staupiloten in Serie bringen, der bei bis zu 60 Kilometern pro Stunde im Stau selbständig fährt. In dieser Fahrsituation muss der Fahrer erstmalig nicht mehr vollumfänglich und permanent die Fahraufgabe überwachen. Beim Fahrer verbleibt eine Restaufmerksamkeit. Außerdem wird der neue A8 pilotiert in Parklücken fahren können. Weitere Ausbaustufen sind denkbar.“
Wie schnell muss der Fahrer das Steuer übernehmen können?
Es gibt eine Übergabezeit zur Übernahme des Steuers von rund 8 bis 10 Sekunden. Das bedeutet: Unsere Technik und unsere Systeme haben mehr Verantwortung als bisherige Fahrerassistenzsysteme, denn sie brauchen keine 100-prozentige Aufmerksamkeit des Fahrers mehr, während das System automatisiert fährt.“
Als Hersteller übernehmen Sie ein Stück weit Verantwortung. Eine Revolution?
„Für den Fahrer bedeutet dieser Staupilot eindeutig mehr Komfort, für uns als Hersteller und Bereitsteller der Systeme bedeutet es, dass wir während der pilotierten Fahrt mehr Verantwortung für die Insassen im Auto übernehmen. Das hat natürlich die Entwickler im Haus einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, denn diese Verantwortung aus technischer Sicht zu übernehmen, ist in der Tat eine Revolution. Um die Fahrten sicher zu machen, müssen wir technisch eine Vielzahl an Redundanzen einbauen, die es bislang so nicht gegeben hat.“
Hochautomatisiertes Fahren, also Level drei in Serie anzubieten, ist ein Meilenstein. Wird Level vier der nächste Meilenstein sein?
„Der Schritt zu Level vier erfolgt reibungslos: Es geht nicht darum, was das Auto alles übernehmen kann, sondern um die Rolle des Fahrers. In Level vier kann das Auto längere Etappen pilotiert zurücklegen, ohne menschliche Unterstützung. Für die Autobahnfahrt bedeutet das beispielsweise eine komplette Tour von der Auffahrt bis zum Ende der Autobahn. Dabei meistert das Auto alle Situationen ohne Eingriff des Fahrers. Insbesondere Baustellen werden selbstständig durchfahren – bei Level drei würde das Auto bei Fahrbahnverengungen unter Umständen das Fahren wieder an den menschlichen Piloten übergeben. Wir gehen davon aus, dass wir in weniger als zehn Jahren auch Level vier auf der Autobahn anbieten können – in geschlossenen Räumen, also in Parkhäusern beispielsweise, wird das jedoch schon viel eher der Fall sein.
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