Rund zwei Drittel aller in China verkauften Autos mit dem Stern stammen aus lokaler Produktion. Im nächsten Jahr soll ein Kompaktwagen hinzukommen. Für Daimler-China-Vorstand Hubertus Troska ist dies ein Grund für den derzeitigen Erfolg im Reich der Mitte.
Herr Troska, Mercedes wächst in China in diesem Jahr um rund ein Drittel. Ist denn ein Ende dieser Dynamik absehbar?
Der Automobilmarkt in China ist bis August um mehr als vier Prozent gewachsen, im vergangenen Jahr waren es noch über elf Prozent. Es ist also schon eine gewisse Normalität eingekehrt. Aber wir können uns im Premiumsegment, das immer noch stärker wächst, extrem gut behaupten. Die neue E-Klasse ist ein wesentlicher Treiber dieses Erfolgs.Wie ist denn das Verhältnis zwischen importierten und lokal produzierten Fahrzeugen?
Derzeit liegt der Anteil der in China produzierten Fahrzeuge bei rund zwei Dritteln und damit so hoch wie noch nie. Die in Peking gefertigten Modelle E- und C-Klasse sowie GLC und GLA laufen sehr gut. Beispielsweise ist China unser größter Markt für den GLA, den wir dort seit 2015 lokal produzieren. Wir werden aber noch weitere Produkte lokalisieren. Das nächste Auto wird eine kompakte Limousine auf Basis des Concept A Sedan sein, den wir dieses Jahr erstmals in Shanghai vorgestellt haben. Das ist der nächste Schritt für weiteres Wachstum. Der EQC wird das erste rein elektrische EQ-Serienfahrzeug sein, das wir in China noch vor 2020 lokal produzieren werden.Sie wollen mit der Marke EQ bis 2022 alle Segmente bedienen. Heißt das, dass künftig beispielsweise auch ein elektrischer EQS in der Luxusklasse lokal in China produziert wird?
Wir sind überzeugt, dass wir in China nur nachhaltig erfolgreich sein können und werden, wenn wir einen hohen Anteil lokal produzierter Autos haben. Es ist aber nicht wirtschaftlich, Modelle mit geringen Stückzahlen in China zu bauen. Es wird also weiterhin importierte Fahrzeuge geben. Aber alle relevanten Volumenbaureihen werden wir im Werk in Peking bauen. Das gilt auch für Elektroautos. Wir werden in jedem Segment ein Elektrofahrzeug anbieten. Über die Details dieser Elektroautos möchte ich jetzt aber noch nicht zu viel verraten.Werden die Karten auf dem Elektro-Markt völlig neu gemischt?Ich glaube, dass der Markt für Elektroautos sich in China weiter sehr positiv entwickeln wird. Es gibt viele Ankündigungen auch von neuen chinesischen Herstellern. Wir sind zuversichtlich, dass ein hochattraktives Elektroauto von Mercedes-Benz wie der EQC sehr gute Marktchancen hat. Insofern verwenden wir unsere ganze Kraft darauf, diese Autos zum richtigen Zeitpunkt in China in Position zu bringen. In dem Maße, wie sich die Ladeinfrastruktur verbessert, wird sich der Markt für Elektroautos angesichts der vielen Millionenstädte weiter entwickeln.Kann die Ladeinfrastruktur in diesen dicht besiedelten Städten überhaupt funktionieren?Ich bin kein Städteplaner. Aber wenn es ein Land schafft, Infrastruktur bereitzustellen, dann China. Schauen Sie sich die Ladeparks mit hundert Ladestationen in den Innenstädten an. Es werden auch neue Dienstleistungen entstehen, bei denen das Auto beispielsweise abgeholt und aufgeladen wieder abgeliefert wird. Es ist die Vision der Regierung, in fortschrittliche Technologie zu investieren und China global stark zu machen.Sie haben mit dem Partner BYD den Denza als E-Auto ins Rennen geschickt. Was passiert künftig mit dem Modell?Wir fahren eine Doppelstrategie bei der Elektromobilität in China, in dem wir neben BAIC auch eine Partnerschaft mit BYD haben. Diese führen wir fort. Wir wollen den Absatz des Denza mit der vergrößerten Reichweite von bis zu 400 Kilometern weiter erhöhen. Wir vermarkten das Auto auch bei ausgewählten Mercedes-Benz Händlern, um die Präsenz im Vertriebskanal zu verstärken und damit den Verkauf zu verbessern. Mit dem Denza sind wir angesichts der Regularien erfolgreich im Markt unterwegs. Gleichzeitig wollen wir das Geschäft mit Mercedes-Benz Fahrzeugen mit unserem Partner BAIC massiv ausbauen mit rein-elektrischen Modellen und Plug-in-Hybriden.Sind denn neue Projekte mit BYD geplant?Dies ist derzeit nicht ausgeschlossen. Wir haben eine Marktposition mit dem Denza und wollen diese weiter ausbauen. Daneben sind wir überzeugt, dass es auch einen Platz für elektrische Mercedes-Benz Modelle in einem Segment gibt, das heute noch überhaupt nicht besetzt ist, weil die chinesischen Elektroautos in einem niedrigeren Preissegment angesiedelt sind. Warum sollten die Leute nicht einen coolen EQ mit Mercedes-Benz Stern kaufen, wenn die Infrastruktur vorhanden ist oder Anreize in Form von schnelleren Zulassungen in den Städten als Anreiz dienen.Es ist immer wieder die Rede davon, dass sich ihr Hauptpartner BAIC an Daimler beteiligt. Warum tut sich da nichts?Wir sind nach wie vor offen für eine solche Beteiligung. Aber das ist eine Frage, die BAIC beantworten muss.Haben Sie nicht manchmal das Gefühl, es ist eine sehr einseitige Partnerschaft. Die Chinesen fordern, die Deutschen müssen die Forderungen erfüllen.
Die Beziehung mit BAIC hat sich in den vergangenen Jahren hervorragend entwickelt. Das macht sich auch im Pkw-Geschäft deutlich bemerkbar. Zudem ist BAIC, was wenig bekannt ist, in unser Van-Geschäft miteingestiegen. Der Absatz der V-Klasse ist zuletzt um 80 Prozent gewachsen, China ist inzwischen der zweitgrößte Markt für dieses Modell.Gibt es noch Nischen im Markt, die Mercedes-Benz unbedingt abdecken muss?Die nehmen wir gerade in Angriff. Wir sehen China als wichtigen Markt für die Kompaktklasse und werden den Concept A Sedan als nächstes Modell lokal produzieren. Davon versprechen wir uns einen weiteren Schub. Weitere Autos werden folgen. China ist inzwischen der mit großem Abstand wichtigste Markt für Mercedes-Benz. Unsere Begeisterung für das Land ist ungebrochen.Lesen Sie auch: