San Francisco streitet über Robotaxis

Jeannine Nicholson ist Chefin der Feuerwehr in San Francisco. Und zu Robotaxis hat sie eine klare Meinung. "Diese Fahrzeuge sind nicht bereit für die Hauptzeiten des Verkehrs", sagt sie bei einer Anhörung der Behörden der kalifornischen Stadt. 55 Zwischenfälle habe es im Jahr 2023 mit den autonom fahrenden Shuttles gegeben. "Man könnte sagen, 55 ist nicht viel. Aber wenn es Deine Familie betrifft, dann ist es viel", sagte sie laut dem Lokalblatt San Francisco Examiner.

Kurz vor der Entscheidung der Stadt, Robotaxis im bezahlten Regelbetrieb rund um die Uhr zuzulassen, ist eine heftige Debatte um die Sicherheit der neuen Technologie entbrannt. Bereits seit Jahren testen die beiden Tech-Unternehmen Cruise und die Google-Tochter Waymo ihre Fahrzeuge im Verkehr von San Francisco. Doch immer wieder kommt es zu teils kuriosen Situationen. So mussten bereits Robotaxis abgeschleppt werden, weil sie an einer Kreuzung jeweils dem anderen Vorfahrt einräumen wollten und sich nicht mehr bewegten. Immer wieder stoppen zudem Fahrzeuge plötzlich und blockieren die Fahrbahnen.

Ernster wird es, wenn Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr oder Polizei mit widerspenstigen Robotaxis zu kämpfen haben. So musste die Feuerwehr nach eigenen Angaben bei einem Einsatz eine halbe Stunde lang ein autonomes Fahrzeug davon abhalten, durch die Absperrungen zu fahren. Selbst der Einsatz einer Leucht-Fackel habe nicht geholfen. Bei einem Notfall zähle aber jede Minute, so Nicholson. Und es sei nicht Aufgabe der Feuerwehr, dabei den Babysitter für Robotaxis zu spielen. Klagen kommen auch von der Polizei, die sich immer wieder in ihrer Arbeit beeinträchtigt sieht.

Der größte Widerstand kommt wenig überraschend von den Taxifahrern der Stadt. Diese sorgen sich vor allem um den möglichen Verlust ihrer Jobs, wenn der Regelbetrieb kommt. In einem Beitrag für das lokale Fernsehen protestiert der Cab-Fahrer Matthew Sutter vor der Zentrale der Behörde, die über den Antrag entscheidet. "Wenn es keine Begrenzungen gibt, dann kann ich meinen Beruf an den Nagel hängen", klagt er. Der Verband des öffentlichen Nahverkehrs in San Francisco besteht auf einer weiteren Erprobung der Technologie. "Wenn ein selbstfahrendes Auto auf den Schienen liegen bleibt, sorgt dies für stundenlange Verzögerungen im Nahverkehr", so die Kritik.

In San Francisco lässt sich in diesen Tagen beobachten, welche Debatten auch in anderen Städten in den nächsten Jahren geführt werden, wenn autonom fahrende Shuttles zunehmend die Straßen erobern. Letztlich geht es um die entscheidende Frage, wann die Öffentlichkeit der neuen Technologie mehrheitlich Vertrauen schenkt. Stadtvertreter in San Francisco wiesen in der Anhörung jedoch darauf hin, dass die Zahl der Zwischenfälle, in denen Robotaxis unerwartet stoppten, Verkehrregeln missachteten oder scheinbar zufällige Fahrmanöver ausführten, im Juni einen Rekord erreicht hätten.

Vertreter von Waymo und Cruise wehren sich gegen die Vorwürfe. Prashanthi Raman, Vizepräsidentin für globale Regierungsangelegenheiten bei Cruise, erklärte in der Anhörung, dass die Cruise-Fahrzeuge seit der Genehmigung der Kommission für den Einsatz in der Stadt vor mehr als einem Jahr mehr als drei Millionen Meilen sicher zurückgelegt haben, "die große Mehrheit davon unbemerkt von der Öffentlichkeit". Raman zufolge waren die fahrerlosen Fahrzeuge des Unternehmens in insgesamt 54 Prozent weniger Kollisionen verwickelt als von Menschen gesteuerte Fahrzeuge. Man arbeite eng mit Feuerwehr und Polizei zusammen, um Störungen zu beseitigen.

In Deutschland stehen die Robotaxis noch am Anfang. Gerade erst hat VW in München seinen Testbetrieb mit rein elektrisch fahrenden ID.Buzz gestartet. Auch im texanischen Austin läuft ein entsprechender Versuch mit autonomen Fahrzeugen. Anders als bei Waymo und Cruise bleibt die Beförderung von Fahrgästen in München zunächst jedoch Behördenvertretern, Geschäftspartnern und Journalisten vorbehalten. Damit will der Konzern zunächst mehr Daten sammeln, bevor man in den regulären Fahrbetrieb übergeht. Der Autovermieter Sixt testet mit dem Tech-Unternehmen Mobileye ebenfalls in München eine Flotte von Nio-Fahrzeugen.