Streetscooter bekommt Familienzuwachs

Achim Kampker ist so etwas wie der deutsche Elon Musk. Der Chef des Elektro-Start-ups Streetscooter hat zur Pressekonferenz auf den Messestand der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover (bis 27. September) geladen. Und so manch ein mittelständischer Zulieferer in der Nachbarschaft der Halle 13 schielt neidisch darauf, wie viele Journalisten das Tochterunternehmen der Deutschen Post bei sich versammeln kann. "Zündende Ideen gibt es eben nicht nur im Silicon Valley", sagt Kampker.

Der 42-jährige Streetscooter-Mitbegründer und Leiter des Lehrstuhls für Production Engineering of E-Mobility Components an der RWTH Aachen führt die Menge von einem Wagen zum anderen und genießt es, im Rampenlicht zu stehen. Die Botschaft, die er nach Hannover mitgebracht hat, ist klar.

Das Unternehmen will nicht nur der Hoflieferant für den Eigentümer Post sein, sondern auch andere Kunden gewinnen. "Wenn Sie hier über die Messe laufen, finden Sie an 25 weiteren Stellen Streetscooter ausgestellt, alles sind unsere Partner", sagt Kampker.

Während der Streetscooter zunächst auf die Paketzustellung zugeschnitten war, soll der Anwendungsbereich jetzt deutlich vergrößert werden. Kampker verweist auf ein mit dem Aufbauspezialisten Schmitz Cargobull entwickeltes Kühlaggregat samt Solarzellen auf dem Dach. Dieses soll mit einer eigenen Batterie betrieben werden und sich somit nicht negativ auf die Reichweite auswirken. Speziell für Kommunen hat Streetscooter den Work L als Drei-Seiten-Kipper mit integrierter Werkzeugbox konfiguriert.

In Hannover präsentiert das Unternehmen zudem den gemeinsam mit Ford entwickelten Work XL. Das Fahrzeug auf Basis des Ford Transit verfügt über ein deutlich höheres Ladevolumen von bis zu 20 Kubikmetern bei einer maximalen Zuladung von 1150 Kilogramm. Die Batterie hat eine Kapazität von 76 kWh, was laut Kampker für eine Reichweite von 200 Kilometern reichen soll. Die ersten 1000 Exemplare, die in Köln bei Ford vom Band laufen, sind bereits für die Post reserviert.

Mit Ford arbeitet Streetscooter auch beim Vertrieb zusammen. Inzwischen ist die Zahl der Händler, die den Streetscooter verkaufen und im Bedarf warten und mit Ersatzteilen versorgen, auf 60 angestiegen. Nach wie vor ist Kampker aber auch offen für weitere Partner. So kooperiert neuerdings etwa das rheinland-pfälzische Energieunternehmen EWR mit der Post-Tochter und will 500 Fahrzeuge an Unternehmen und Endkunden vermitteln. EWR liefert im Paket zusätzlich Öko-Strom und eine Wallbox.

Auch im Ausland ist die deutsche Erfolgsgeschichte mittlerweile bekannt. Zuletzt hat der britische Lebensmittellieferant Milk & More 200 Streetscooter bestellt. Das Unternehmen gehört zum Müller-Konzern und liefert neben der Milch auch weitere Lebensmittel aus. Dies soll in den frühen Morgenstunden so geräuschlos wie möglich funktionieren. Mittelfristig sollen die insgesamt 2000 Fahrer komplett auf E-Fahrzeuge umsteigen.

Aktuell sind laut Kamper bereits 8000 Streetscooter auf den Straßen unterwegs. Pro Tag kommen laufen in den Werken in Aachen, Düren und bei Ford in Köln 40 Stück vom Band, bei Bedarf kann die Kapzität auf 20.000 pro Jahr erhöht werden. Zu den Zukunftsplänen von Kampker gehört auch die Entwicklung eines Fahrzeugs mit Brennstoffzelle, das bis zu 500 Kilometer Reichweite haben soll."Das technische Spektrum, das wir beherrschen und mit unserem besonderen Ansatz schnell zur Marktreife bringen können, ist groß."

Trotz des Erfolgs gab es in den vergangenen Monaten Spekulationen über die Zukunft der Post-Tochter. So musste der zuständige Vorstand Jürgen Gerdes im Juli wegen "unterschiedlicher Auffassungen über die strategische Schwerpunktsetzung" gehen. Post-Chef Frank Appel sagte, neben einem Börsengang des Bereichs komme auch ein Verkauf an strategische Investoren oder die Beteiligung von Partnern in Frage. Dies könnte beispielsweise ein Autohersteller wie Ford sein, der aber in Europa gerade seine eigenen Probleme hat. Darauf angesprochen, stellt Achim Kampker in Hannover klar: "Es gibt ein klares Bekenntnis, dass die Post Streetscooter in Eigenregie betreibt." Wie lange diese Zusage gilt, sagt Kampker allerdings nicht.

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