Man stelle sich vor: Die Funktionen im Auto schalten sich nach und nach immer weiter ab, weil der Hersteller die Software nicht mehr updatet – so, wie wir es von älteren Handymodellen kennen. Irgendwann rechnet es sich für Apple, Samsung oder andere Hersteller nicht mehr, Software für ältere Smartphone-Modelle auszuspielen. Da werden die Funktionen einfach abgeschaltet. Wird dies irgendwann auch bei Autos der Fall sein? Natürlich erst unkritische Software wie Unterhaltungssoftware. Aber dennoch. "Worst Case Szenario" nennen diese Situation Moritz Neukirchner und Christoph Herzig. Wenn die beiden Experten vom Software-Zulieferer Elektrobit darüber sprechen, scheint dieses Szenario gar nicht allzu unrealistisch.
Aber vor vorn: Je mehr Software durch Vernetzung, digitale Services und Funktionen ins Auto kommt, desto mehr Software muss das Auto managen – oder besser gesagt der Autohersteller. Die aktuelle Entwicklung geht dahin, dass die Autohersteller diejenigen sein werden, die künftig die Hoheit über die Software haben. Sie werden also künftig dafür sorgen, dass Software im Auto regelmäßig auf dem neuesten Stand ist, werden sie pflegen müssen und auch darüber entscheiden, welche Funktionen nach einigen Jahren weiter bedient werden - oder eben nicht.
Mercedes-Benz arbeitet geraden akribisch an dieser Software, gar an einem ganzen Betriebssystem: MB.OS heißt sie und soll im Jahr 2025 mit dem Produktionsanlauf des CLA Premiere feiern. Auch Volkswagen will mit seiner Software-Tochter Cariad und Partnern ein eigenes Betriebssystem namens VW.OS auf den Markt bringen.
Die Branche steckt mitten in einer Revolution. "Es geht darum, Software künftig nicht mehr als fertiges Produkt von einem Zulieferer auf einem Steuergerät einzukaufen und ins Auto einzustecken, sondern darum, Software als stetig erweiter- und veränderbares Element wahrzunehmen", sagt Neukirchner, Product Manager Software-defined Vehicle beim Software-Zulieferer.
Der Hersteller wird also künftig derjenige sein, der die Software designt und ins Fahrzeug bringt - ob direkt bei der Produktion der Fahrzeuge oder danach über Over-the-Air-Updates (OTA), wenn das Fahrzeug bereits auf der Straße fährt. Das wiederum bedeutet, das Fahrzeug muss noch weit, nachdem es die Werkshallen verlassen hat, vom Hersteller überwacht werden und an Update-Funktionen angeschlossen sein.