Wann immer die Sprache auf das gestoppte VW-Werk kommt, ist die Enttäuschung bei den Vertretern der türkischen Automobilindustrie mit Händen zu greifen. „Die Menschen in Manisa, wo das Werk gebaut werden sollte, hatten große Hoffnung“, sagt Albert Saydam, der Chef des einflussreichen türkischen Zulieferverbands Taysad. Zusammen mit dem Exportverband OiB hat Saydam Journalisten in die Türkei eingeladen, um sich von ehrgeizigen Plänen der Branche ein Bild zu machen.
Trotz des Rückschlags will sich die türkische Automobilindustrie von ihrem Wachstumspfad nicht abbringen lassen. Tatsächlich blickt das Land auf eine lange Historie der Fahrzeugproduktion und Zuliefererindustrie zurück. Heute sind viele Hersteller mit Werken vertreten – so etwa Ford, Renault-Nissan, Hyundai, Honda, Toyota, Daimler (Lkw und Busse) oder MAN (Busse). Auch Zulieferer wie Bosch oder Grammer haben Werke in der Türkei. Saydam verweist auf die gute Qualifikation der Mitarbeiter, die vergleichsweise niedrigen Kosten sowie die langjährige Erfahrung im Export, die Unternehmen aus Europa anlockt.
Mit 1,3 Millionen produzierten Fahrzeugen im Jahr 2020 ist die Türkei viertgrößter Produzent in der EU nach Deutschland, Frankreich und Spanien. Weltweit liegt das Land auf dem 14. Platz. Im Rekordjahr 2017 waren es sogar knapp 1,7 Millionen Fahrzeuge. Der Großteil davon wird exportiert, vor allem in die Länder der Europäischen Union. 250.000 Menschen sind in der Autoindustrie beschäftigt, doch es sollen noch mehr werden. "In den nächsten Jahren wollen wir unter die Top Ten", sagt Baran Celik vom Exportverband OiB. Damit würde man Länder wie Thailand, Kanada und Russland überholen.