Volkswagen: Das Thema Autonomes Fahren hatte VW lange seiner Ingolstädter Tochter Audi überlassen. Nach der alten Logik, dass Innovation stets aus dem Premium-Segment kommt und sich dann den Weg ins Volumensegment bahnt, sollte erst Audi auf Level 3 kommen, bevor VW selbst nachziehen kann. Doch jetzt setzen die Wolfsburger selbst zum Sprung an: Mit dem Modell Trinity, das 2026 in Wolfsburg anlaufen soll, will VW das Autonome Fahren erstmals ins Volumensegment bringen
Zwar wird der Trinty von Beginn an auch nur mit verbesserten Funktionen nach Level 2+ aufwarten, also knapp unter der Grenzen bleiben, bei der der Fahrer die Verantwortung zumindest zeitweise abgeben kann. Doch vorgerüstet sein soll das Modell bereits für Level 4. "Unsere Herausforderung ist es heute, das Auto schon so zu gestalten, dass der Kunde dann von Level 2+ auf Level 4 upgraden kann, sobald es verfügbar ist und die Regulatorik das erlaubt", sagt Entwicklungsvorstand Thomas Ulbrich. "Es ist unser klares Ziel, das bis 2030 verfügbar zu machen."
Die Selbstfahrfunktion soll sich dann over-the-air nachträglich aufspielen lassen. Dass VW Level 3 dann überspringt, ist für Ulbrich keine Hexerei. "Der Sprung vom Automatisierten zum Autonomen Fahren findet ja mit der Verantwortungsübergabe vom Fahrer an das Auto statt. Die haben wir schon beim Wechsel zu Level 3. Der Schritt zu Level 4 ist dann nicht mehr weit."
Das Geschäftsmodell dafür hat VW bereits parat: Das Autonome Fahren soll sich auch stundenweise buchen lassen und nicht nur einmalig beim Autokauf. "Damit demokratisieren wir das Autonome Fahren", sagt Ulbrich. Und nennt auch schon einen Preis: rund sieben Euro pro Stunde werde das dann kosten. "Wenn man zum Beispiel eine längere Strecke fährt, kann man das vorher zeitlich befristet freischalten. Das gibt dann auch Menschen Zugang zu dieser Technik, die vielleicht nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, sich ein Fahrzeug in der Preisklasse zu kaufen, wo dies inklusive ist."
Volkswagen Nutzfahrzeuge: Deutlich weiter als die Pkw-Schwestermarke ist man bei VW Nutzfahrzeuge in Hannover. In der Nähe von München drehen bereits die ersten Testwagen des voll autonom fahrenden ID-Buzz AD ihre Runden. Und auf der IAA Mobility im September war der fahrerlose E-Bulli dann auch das einzige Fahrzeug, das schon beim Konzernabend am Vortag der Messereröffnung gezeigt wurde.
2025, so der Plan, soll das Modell dann auch regulär auf die Straße kommen. In Hamburg soll die Ridepooling-Tochter Moia dann eine Flotte selbstfahrender ID-Buzz AD als Shuttle in Betrieb nehmen. Der ID-Buzz AD soll dann bereits Autonomes Fahren nach Level 4 beherrschen. Damit das funktioniert, hat VWN bereits damit begonnen, in Hamburg die ersten Straßenzüge zu vermessen. Weitere Städte sollen folgen. "Mitte dieses Jahrzehnts können sich unsere Kunden dann in ausgewählten Städten mit autonomen Fahrzeugen zu ihrem jeweiligen Zielort bringen lassen", sagt Christian Senger, der bei VWN die Entwicklung des Autonomen Fahrens leitet.
Bei der Technik geht VWN einen anderen Weg als die Konzernschwestern in Wolfsburg und Ingolstadt. Die Hannoveraner arbeiten hier mit der auf Künstliche Intelligenz spezialisierten US-Firma Argo AI zusammen, an der auch Ford beteiligt ist. Statt sich wie Audi oder VW Pkw von Level zu Level vorzuarbeiten und das Fahrerassistenzsystem stetig zu verbessern, bis das Auto irgendwann allein das Lenkrad übernimmt, will Argo AI sofort per KI auf Level 4 springen und von Anfang an auf den Fahrer verzichten.
Warum VW bei dem Thema zweigleisig fährt? Es seien halt komplett unterschiedliche Anwendungsfelder. Das Prinzip von Argo AI funktioniere im Stadtverkehr bereits sehr gut, aber bei hohen Geschwindigkeiten auf Landstraßen und Autobahnen stoße es an seine Grenzen. "Die Technik funktioniert nicht in Geschwindigkeitsbereichen, in denen wir in der Regel Überland fahren", sagt ein VW-Manager. Hier gebe es komplett andere Anforderungen. Daher entwickle man im Konzern beides nebeneinander.