Es waren zähe Verhandlungen. Und zwischendurch sah es ganz danach aus, als wäre es für den Daimler-Chef Ola Källenius keine ernsthafte Option, den elektrischen Antriebsstrang (eATS) in das vom Verbrennungsmotor besonders abhängige Werk am Stammsitz in Untertürkheim zu holen und selbst zu fertigen. Nun aber kann die Arbeitnehmerseite aufatmen. Die Konzernleitung hat den Deal abgesegnet, auch der Betriebsrat mehrheitlich zugestimmt. "Die Produktion des eATS ist ein Bekenntnis zum Mercedes-Benz Traditionsstandort Untertürkheim und ein zukunftsweisendes Signal für die Beschäftigten", sagten Standortleiter Frank Deiß und Betriebsratschef Michael Häberle laut Mitteilung. Zwar geht es nur um die Sicherung von 350 der rund 11.000 Jobs in der Produktion. Doch die Investition hat eine hohe Symbolkraft weit über diese Zahlen hinaus.
Am Ende war es wohl die Macht der Argumente. Immer wieder hat Betriebsratschef Michael Häberle diese wiederholt, auch in persönlichen Gesprächen mit Daimler-Chef Ola Källenius. Schaut man nur auf die Lohnstückkosten, dann ist der Standort Untertürkheim im Wettbewerb mit den großen Zulieferern oder Standorten in Osteuropa kaum konkurrenzfähig. Doch für Häberle zählt mehr dazu als die reine Betriebswirtschaftslehre. "Anläufe neuer Produkte klappen vor allem dann gut, wenn Entwicklung und Produktion nahe beieinander liegen und die Absprache auf kurzen Wegen funktioniert", ist er überzeugt. "Die daraus resultierende Flexibilität und Qualität ist nicht nur unbezahlbar, sie kann vor allem nur durch eine Produktion im eigenen Haus gewährleistet werden." Dies gelte vor allem dann, wenn – wie bei einer neuen Technologie zu erwarten – viele Änderungen in der Anfangsphase notwendig sind. Müsste dagegen mit einem Zulieferer jede Spezifikation neu verhandelt werden, dann könnten die Kosten enorm steigen.
Dazu hat der Betriebsrat konkrete Vorschläge gemacht, wie sich beispielsweise über die Verschiebung von Pausen und Verbesserungen in der Arbeitsorganisation bei Schichtmodellen die Effizienz erhöhen und Kosten senken lassen. So konnten auch Forderungen der Unternehmensleitung nach der Einbringung von zwei Qualifizierungstagen durch die Mitarbeiter abgewendet werden. "Das wäre ein Eingriff in den Tarifvertrag gewesen. Derartige Eingriffe haben wir von Anfang an ausgeschlossen", sagt Häberle. Fortbildung sei die Voraussetzung dafür, den Job überhaupt machen zu können. Seit vier Wochen haben die Mitarbeiter in Untertürkheim zudem jegliche Mehrarbeit abgelehnt, um die Verhandlungen zu beschleunigen.