Eine ganze Herde Rinder auf der Woodward Avenue, Vorstandsbosse, die wie Hells Angels auf Motorrädern die Bühne stürmen, und Produkt-Präsentationen wie Rockkonzerte - wenn es eine Automesse gab, die man mit Fug und Recht "Motorshow" nennen durfte, dann war das Detroit. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Während es der gebeutelten Stadt tatsächlich langsam besser geht, immer mehr Bauruinen saniert oder für neue Häuser abgerissen werden und in Downtown bisweilen sogar wieder Licht brennt in den Läden, kämpft die einstmals wichtigste US-Messe nach mehr als 100 Jahren mit dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit: Es ist Eiszeit in Detroit, und das gilt diesmal nicht allein für das frostige Winterwetter am Lake Michigan.
Doch so, wie draußen am strahlend blauen Himmel die Sonne scheint, machen sie auch drinnen gute Miene zum bösen Spiel – und vor allem die US-Hersteller nutzen die Gunst der Stunde. Hatten sie zuletzt gegen die Übermacht insbesondere aus Deutschland kaum eine Chance, fahren sie mit ihren aktuell eher bescheidenen Möglichkeiten diesmal vergleichsweise groß auf. Denn wenn General Motors seine Midsize Pick-Ups GMC Sierra und Chevrolet Colorado/Silverado erneuert und FCA einen neuen Ram auf die Bühne rollt, dann ist das für den US-Markt mindestens so wichtig, wie bei uns die Doppelpremiere von VW Passat und Opel Insignia. Und mit dem neuen Ford Explorer geht immerhin der erfolgreichste Geländewagen der USA in die nächste Runde. Das schnittiger gezeichnete, besser ausgestattete und moderner angetriebene Dickschiff lohnt aber noch aus einem weiteren Grund den Blick aus der Ferne – nach zwei Generationen Pause soll er diesmal angeblich wieder offiziell nach Europa exportiert werden. Die Chance gibt es auch für die zweite Neuheit mit dem blauen Oval am Kühlergrill: Den neuen Shelby GT500, für den der Mustang gar vollends zum Supersportwagen wird. Immerhin haben die Amerikaner den Hubraum des V8-Motors auf 5,2 Liter aufgebohrt und holen mit einem Kompressor mehr als 700 PS aus dem Triebwerk.