So fährt der 992 in Los Angeles auf die Bühne

Der Grat ist schmal und die Gefahr groß: Denn kein Auto hat bei Porsche eine längere Legende als der neue 911, keines hat so treue Fans und keines gilt so sehr als Gradmesser für die Treue zur Tradition und zugleich die Fähigkeit zur Zukunft. Kein Wunder also, dass die Nervosität groß ist, wenn die Schwaben eine neue Generation an den Start bringen. Dann werden aus Millionen Fans werden Millionen potentielle Kritiker, die Ingenieure müssen ein Auto optimieren, das schon jetzt als der optimale Sportwagen gilt. Und während dabei für die gusseisernen Fans am besten alles beim Alten bleibt, fordern die progressiven Porsche-Enthusiasten endlich den Aufbruch in eine neue Zeit.

Das war schon immer so, und das ist auch diesmal nicht anders, wenn Porsche jetzt zur Autoshow in Los Angeles das Tuch von der achten Generation zieht, die als Baureihe 992 im Frühjahr für zunächst 120.125 Euro an den Start geht. Und genau wie bei so vielen Generationswechseln davor ziehen sich die Schwaben mit Evolution statt Revolution aus der Affäre.

Das gilt für das Design, das vorne mit stärker ausgeformten Kotflügeln wieder etwas näher ans Original rückt, eine harmonischere Silhouette bekommt und nur hinten wirklich neu aussieht, weil es andere Rückleuchten und einen modifizierten Spoiler gibt. Noch gilt es für den Innenraum, der sich allzu futuristische Spielereien wie etwa im Panamera verkneift. So bekommt der Elfer zwar jetzt auch digitale Instrumente und erstmals sogar ein Nachtsichtsystem, behält aber in als größte und zentrale Anzeige einen analogen Drehzahlmesser. Und auch wenn auf dem Mitteltunnel jetzt ein paar neue Schalter sind und darüber ein größerer Touchscreen thront, fühlt man sich nicht gleich wie Captain Future.

Am größten wird die Erleichterung der Fans allerdings beim Blick ins Heck sein. Schließlich geistern seit Monaten die schlimmsten Befürchtungen durch die Gazetten. Schon der Abschied vom Sauger war schwer und schmerzlich. Aber vier Zylinder für den Elfer oder gar ein E-Motor – das mag sich bislang keiner so recht vorstellen. Zum Glück auch nicht Baureihenchef August Achleitner. Zwar ist die neue Plattform revolutionär, weil sie tatsächlich Platz für einen Plug-In-Antrieb bietet. Aber weil Achleitner die Akkus noch zu schwer und zu träge sind, kommt der frühestens zur Hälfte der Laufzeit in drei, vier Jahren. Und von Motoren mit weniger als sechs Zylindern will der Baureihenleiter auch nichts wissen und wischt damit schon mal die schlimmsten Befürchtungen der Gusseisernen beiseite.

Stattdessen setzt er auf die bekannten und bewährten Sechszylinder-Boxer, die freilich noch einmal optimiert worden sind. Sie haben jetzt ein bisschen mehr Leistung und sind ein bisschen effizienter und weil sie treu und brav einen Partikelfilter bekommen, sind sie obendrein auch sauberer. Neu ist allerdings die Doppelkupplung, die jetzt acht statt sieben Gänge hat, weil auch sie schon Platz bietet für den E-Motor, der irgendwann kommen wird.

Los geht es im Frühjahr aber erst einmal mit dem Carrera S, der nun auf 450 PS und 530 Nm kommt, mit Allrad und Sport Chrono-Paket in 3,4 Sekunden auf Tempo 100 kommt und bis zu 308 km/h erreicht. Danach folgen der Basis-Elfer mit künftig 385 PS sowie GTS, Turbo & Co.

Statt der Revolution beim Antrieb hat sich Achleitner deshalb erst einmal der Evolution des Fahrens angenommen: "Wir wollten den Spagat zwischen extremer Sportlichkeit und höchstem Alltagsnutzen noch einmal weiter spreizen." Im Stadtverkehr wirkt er deshalb handlich und übersichtlich, auf dem Highway entspannt und jetzt sogar mit einer Minimalausstattung an Assistenzsystemen wie der Spurführungshilfe und der Abstandswarnung und auf der Landstraße schärfer als je zuvor. Das liegt neben der breiteren Spur nicht zuletzt an der Mischbereifung, mit schmalen Rädern vorn fürs leichtere Lenken und dicken Schlappen hinten, die mehr Kraft übertragen können.

Ein weiteres Beispiel für die bessere Fahrbarkeit ist ein neues, besonders pfiffiges Assistenzsystem: "Sportwagen mit viel Leistung, breiten Reifen und Heckantrieb haben bei Nässe bisweilen ein Problem", sagt der Baureihenleiter und nimmt davon auch den Elfer nicht aus. Klar kann man das mit einem Allradantrieb kompensieren, den es auch für den neuen Elfer wieder geben wird. Aber damit ungeübte Fahrer nicht buchstäblich ins Schwimmen kommen, hat Porsche eine Art Wasserwarner entwickelt, der auf Schall basiert. Denn ein Mikrofon analysiert die Geräusche im Radkasten, kann dort Spritzwasser erkennen und dann erstens eine Warnleuchte im Cockpit zünden und zweitens die ESP-Programmierung anpassen.

Damit einem das möglichst selten passiert, hat Porsche zum Auto aber gleich noch ein paar neue Apps für Smartphone entwickelt. Die ermitteln nicht nur den CO2-Ausstoß und schlagen Klimaprojekte zur Kompensation vor oder bitten zu exklusiven Events. Sondern sie helfen auch bei der Planung des perfekten Road-Trips – mit kuratierten Routen, zu denen auch passende Hotel- und Restaurant-Tipps gehören. Und natürlich eine Wettervorhersage in Echtzeit.

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