Frau Winkler, 2016 war ein Rekordjahr, der Jahresanfang eher verhalten. Wie erklären Sie das?
Der leichte Rückgang im Januar und Februar 2017 ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die ersten beiden Monate in 2016 besonders gut waren. Unser Absatz diesen Februar war dennoch der drittbeste in der Geschichte von Smart. Für das Gesamtjahr sind wir entsprechend weiter optimistisch, zumal wir im Sommer die elektrischen Modelle auf den Markt bringen und schon heute von zahlreichen Kunden wissen, die sie kaufen wollen.
Wieso treten Sie in den USA nur noch elektrisch an?
Das Mikrocarsegment, in dem wir uns bewegen, ist in den vergangenen Jahren in den USA, auch durch die günstigen Spritpreise, stark geschrumpft. Der Anteil des elektrischen Antriebs beim Smart Absatz war mit bis zu 25 Prozent in den USA und rund 50 Prozent in Kanada in der Vergangenheit schon sehr hoch. Zudem sind wir dort hauptsächlich in den Großstädten präsent. Aus den genannten Gründen haben wir uns für diesen konsequenten Schritt entschieden.
Was erwarten Sie sich von den Elektromodellen insgesamt?
Wir gehen davon aus, dass der Absatz dadurch einen weiteren Schub erhält. Das gilt vor allem in Märkten mit Subventionen für E-Modelle wie Deutschland, Frankreich oder auch Spanien, wo das Angebot preislich besonders attraktiv ist. Wir haben regen Verkehr und eine lange Verweildauer auf unseren Internetseiten zum smart electric drive, unsere Händler berichten von sehr vielen Anfragen; das ist sehr ermutigend. Auch die USA und Kanada sind vielversprechende Märkte.
Helfen Ihnen die angedrohten Diesel-Fahrverbote in den Städten?
Wir finden es im Grundsatz gut, wenn die Politik langfristige und verbindliche Vorgaben macht. Fahrverbote sind aus unserer Sicht aber nicht zielführend. Aber natürlich wird sich nun mancher überlegen, ob er, insbesondere für das Zweit- oder Drittfahrzeug, nicht auf einen elektrischen Smart umsteigt – zumal kostenloses Parken oder die Nutzung von Busspuren gerade in der Stadt zusätzliche Vorteile bringen. Abgesehen davon überzeugt der E-Smart viele Kunden aber ganz sicher vor allem auch durch seinen einzigartigen Fahrspaß und den „Lifestyle“, für den er steht.
Wäre es nicht konsequent, komplett auf Elektro umzusteigen?
Warum sollten wir das jetzt und heute tun?: Wir sind in unserer Produktion im Werk Hambach völlig flexibel und können entweder ganz wenige Elektroantriebe einbauen oder aber beinahe jedes Auto damit ausstatten. Wir passen uns also perfekt der jeweiligen Nachfrage an. Aktuell sind übrigens die leistungsstärkeren Brabus-Modelle sehr begehrt. Der konventionelle Antrieb hat offensichtlich auch weiterhin seine Berechtigung.
Das Mikrocarsegment scheint trotzdem begrenzt, wo wollen Sie Wachstum schaffen?
Wir suchen uns gezielt so genannte Smart-Cities aus, wo wir ein deutlich stärkeres Wachstum beobachten. Das sind Städte, die wegen ihrer Kultur, der Infrastruktur oder etwa fehlendem Parkraum besonders gut für Smart geeignet sind. Das Paradebeispiel ist Rom, aber auch Städte wie San Francisco, Miami oder San Diego. In solchen Städten verstärken wir beispielsweise Marketingmaßnahmen und stellen mehr Verkäufer ein.
Wie beurteilen Sie das Potenzial in China?
Gerade dort gibt es eine begeisterte Community und tolle Händler. In Nanjing haben wir vor fünf Jahren mit 70 Autos angefangen, jetzt verkaufen wir über 1.100 pro Jahr. Das macht schon richtig Spaß. Wir haben in China weitere neue Smart-Cities – wie z.B. Qingdao, Changzhou oder Hefei – identifiziert, die wir in diesem Jahr angehen wollen. Neben China sind wir auch in Taiwan oder Japan sehr erfolgreich – gerade mit dem Forfour. In Asien sehe ich daher noch große Wachstumschancen.
Ist denn mal an eine lokale Produktion in China gedacht?
Wir haben in China die höchsten Markenwerte – auch weil die Kunden „made in France“ sehr schätzen und dies mit Lifestyle und anderen tollen Marken wie etwa Chanel verbinden. Die Herkunft Europa ist also auch ein Verkaufsargument. Bei der aktuellen Modellgeneration stellt sich die Frage daher nicht.
Sie erproben derzeit neue Dienste wie die Paketzustellung oder das private Carsharing. Wie fällt die Bilanz aus?
Die Kofferraumzustellung läuft gut an, wir lernen mit unseren Kunden des Beta-Launches jeden Tag sehr viel dazu. Auch die private Sharing-Funktion ohne physische Schlüsselübergabe bringt eine Menge zusätzlichen Komfort. Es geht ja nicht nur um das Vermieten an externe Personen. Ich kann über die von car2go bekannte Öffnungsfunktion anderen Familienmitgliedern oder Freunden bequemen Zugang zum Auto verschaffen und es damit deutlich besser auslasten. Klar ist, dass es nicht nur einzelne Services sein sollten, sondern ähnlich wie auf dem Smartphone ein breites Angebot.
Was ist denn noch vorstellbar?
Wir haben da noch viele weitere Ideen. Ein Beispiel ist ein Abholservice, bei dem das Auto über Nacht gewaschen und getankt wird. Oder ich kann meinen Smart nachts zum Händler bringen und ohne die Bindung an Öffnungszeiten oder eine umständliche Schlüsselübergabe sofort einen Ersatzwagen mitnehmen.
Was bleibt dabei als Geschäftsmodell für Smart hängen?
Das wird sich zeigen. Gut ist schon mal, wenn wir dadurch den Smart als Stadtauto noch attraktiver für unseren Kunden machen. Denn der Kaufgrund wird sich in Zukunft sicher ein Stück weit in Richtung solcher Komfortdienste verschieben. Das Auto wird zur Dienstleistungszentrale, was zur Marke Smart besonders gut passt. Die Preisfähigkeit hängt davon ab, wie groß das Bündel an Services am Ende sein wird und dass es uns gelingt, das Leben unserer Kunden immer spürbarer zu erleichtern.
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