Rückkehr in einen schwierigen Markt

Fast auf den Tag genau vier Jahre, nachdem GM Opels Rückzug aus Russland angekündigt hat, stellte die Konzernleitung der neuen Mutter PSA vier Jahre später die Weichen für einen Neuanfang Opels im flächenmäßig größten Land der Erde.

Aus dem Land, das 70 Prozent mehr Einwohner als Deutschland hat, aber nur über 55 Prozent des kaufkraftbereinigten Pro-Kopf-Einkommens verfügt, waren die Rüsselsheimer vor vier Jahren ausgestiegen. Die gesamte Nachfrage war bereits ein Jahr zuvor um zehn Prozent zurückgegangen, aber der Einbruch der Neuzulassungen bei Opel war doppelt so hoch. In ihrem letzten vollen Verkaufsjahr 2014 kamen sie nur noch auf knapp 65.000 Neuzulassungen, ein Marktanteil von 2,6 Prozent. In der Spitze – 2008 – waren es fast 100.000 Neuzulassungen und der Marktanteil betrug damals 3,4 Prozent.

2008 war das Jahr, in dem sich die gesamten Neuzulassungen aufmachten, die drei Millionen-Grenze zu durchbrechen. Für alle Markteilnehmer schien dies das gelobte Land, in dem schon bald eine höhere Gesamtnachfrage erwartet wurde als in Deutschland.

Was kam, war der Einbruch 2009 um 65 Prozent auf unter 1,5 Millionen. Die Preise für die Haupteinnahmequelle des Landes - das Öl - fielen innerhalb eines Jahres von 91 US-Dollar auf 61 US-Dollar pro Barrel.

Die Weltwirtschaft erholte sich schneller als gedacht, die Ölpreise stiegen bis 2011 auf über 100 US-Dollar pro Barrel und hielten dieses Niveau bis Herbst 2014. Das war die Zeit, in denen die Neuzulassungen in Russland boomten. In der Spitze wurde 2012 die drei Millionen-Grenze noch knapper verfehlt als 2008 und die vier Jahre 2011 bis 2014 brachten immer mindestens 2,5 Millionen Neuzulassungen pro Jahr.

Wie abhängig Russland vom Ölpreis ist, zeigte sich ab 2015. Der Preis fiel auf 45 US-Dollar pro Barrel in 2016. Die Neuzulassungen gingen auf etwas über 1,4 Millionen zurück. Opels Entscheidung, sich aus diesem Markt zurückzuziehen, hatte sich somit als richtig erwiesen.

Aktuell sieht es wieder etwas besser aus. Im Zuge leicht steigender Ölpreise und durch einen starken Ersatzbedarf aufgrund des überalterten Fahrzeugbestands sind die Neuzulassungen wieder gestiegen und erreichten vergangenes Jahr 1,8 Millionen.

Die vergleichsweise niedrigen 70 US-Dollar pro Barrel Rohöl und die Wirtschaftssanktionen der EU verhindern zurzeit eine stärkere Dynamik. Hinzu kommt, dass die Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2019 von 18 Prozent auf 20 Prozent erhöht wurde. So zeigte das aktuelle Februar-Ergebnis einen Rückgang der Neuzulassungen um 3,6 Prozent. Davor lagen die Zahlen seit März 2017 ununterbrochen über den Vorjahreswerten. Die kumulierten Neuzulassungen liegen nach zwei Monaten 1,8 Prozent im Minus.

Im Vergleich zu 2014 haben sich die Rahmenbedingungen für Opel in den vergangenen vier Jahren geändert. 2018 lagen die gesamten Neuzulassungen 28 Prozent niedriger, die Zahl der Anbieter ist in etwa gleich geblieben, aber die Nachfrage konzentriert sich stärker auf die Top-Ten-Marken. 2014 hatten diese zehn Marken einen Anteil von 69 Prozent an den Neuzulassungen, vergangenes Jahr hatten die Top zehn Marken einen Anteil von 78 Prozent. Chevrolet und Mitsubishi waren vor vier Jahren noch unter den zehn stärksten Marken, 2018 nahmen ihre Plätze Ford und GAZ ein.

Die aktuellen Top drei Marken sind Lada (20 Prozent Marktanteil), Kia (13 Prozent) und Hyundai (zehn Prozent). Alle drei konnten ihre Marktanteile deutlich steigern, in Summe um fast zwölf Prozentpunkte. Hyundai verdrängte Renault vom dritten Platz und Kia gelang es, seine Neuzulassungen gegenüber 2014 um über 16 Prozent zu steigern, bei einem Gesamtmarktrückgang von 28 Prozent.

Die beiden PSA-Tochtermarken Peugeot und Citroen waren schon 2014 relativ bedeutungslos. Beide kamen auf einen Marktanteil von jeweils 0,8 Prozent und hatten weniger als ein Drittel der Zulassungen von Opel. 2018 war ihr Marktanteil auf 0,3 Prozent (Peugeot) und 0,2 Prozent (Citroen) gesunken. Zusammen kamen sie auf weniger als 10.000 Neuzulassungen.

Bei normalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und weiter moderat steigenden Ölpreisen, ist mittelfristig ein Anstieg der Gesamtnachfrage auf 2,5 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge möglich. Sollte es Opel gelingen, seinen Marktanteil bis dahin wieder Richtung 2,5 Prozent zu bringen, entspräche dies zirka 60.000 Neuzulassungen pro Jahr.

Dies wird nicht einfach: Die Marke verfügt sicher noch über ein gutes Image und das PSA-Werk in Kaluga wird für eine hohe lokale Fertigungsquote sorgen. Aber auch wenn es gelingt, genügend gute Händler an den richtigen Standorten zu finden, wird es ein harter Konkurrenzkampf. Opel wird durch die Rückkehr in den russischen Markt keine Angebotslücke schließen, sondern muss sich Wettbewerbern mit vergleichbaren Produkten stellen und von ihnen Käufer zurückgewinnen.

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