Anfang 2008 veröffentlichte das Beratungsunternehmen R. L. Polk Gesamtmarktprognosen. Demnach sollten sich die Neuzulassungen in den USA zukünftig in etwa auf dem Niveau des Jahres 2000 bewegen. Die Prognose war langfristig richtig: Tatsächlich befinden die USA heute wieder auf diesem Niveau von vor 17 Jahren. Allerdings konnte der folgende Einbruch in den USA um über 20 Prozent aufgrund der Finanzkrise natürlich nicht vorhergesagt werden. Dies zeigt aber, dass in einem hochmotorisierten Land wie den USA die Autofahrer durchaus in der Lage sind, eine gewisse Zeit auf die Anschaffung neuer Fahrzeuge zu verzichten.
Prognosen und was daraus wurde
In Russland wurde ein sehr dynamisches Wachstum vorhergesagt. Der Preis für Rohöl, die wichtigste Einnahmequelle des Landes, hatte die 100 $-Marke pro Barrel überschritten und nicht nur das DIW rechnete mit einem Anstieg auf zirka 200 Dollar bis 2017. Unter diesen Voraussetzungen schien ein Anstieg der Neuzulassungen auf knapp fünf Millionen plausibel. Heute liegt der Ölpreis bei 50 Dollar und Russlands Autofahrern fehlt das Geld für neue Pkw. Die Neuzulassungen lagen 2016 bei 1,4 Millionen.
Eine sehr optimistische Prognose zur E-Mobilität stellte das CAR-Institut der Fachhochschule Gelsenkirchen Mitte 2008 unter dem Eindruck explodierender Ölpreise vor: Bis heute sollten 25 Prozent aller in der EU verkauften Pkw einen Hybrid- oder Elektroantrieb besitzen. Zurzeit sind es etwas über drei Prozent. Bei einem Ölpreis von 200 Dollar hätten Industrie und Staat sicher größere Anstrengungen unternommen hätten und die Bereitschaft der Autofahrer für einen Umstieg wäre höher gewesen. Dass die Prognose trotz eines großen statistischen Fehlers an sich nicht schlecht war, zeigt Norwegen: Hier liegt der Anteil von Hybrid- und Elektro-Pkw bei 40 Prozent.
Die Entwicklung des Pkw-Bestands in Deutschland wird fast immer unterschätzt. Vielleicht liegt es daran, dass die Prognostiker sich nicht noch mehr Autos auf den Straßen vorstellen können. In der Shell-Studie von 2004 wurden zwei Szenarien veröffentlicht: Im Tradition-Szenario sollte der Bestand von 2011 bis heute um 1,59 Millionen Pkw ansteigen, im Impulse-Szenario waren es 2,28 Millionen. Tatsächlich ist in Deutschland der Bestand in diesem Zeitraum um 3,4 Millionen gestiegen. Das Mobilitätsbedürfnis ist trotz aller Staus immer noch höher als vorhergesagt.
Unter dem Eindruck terroristischer Anschläge und einer eskalierenden Flüchtlingskrise wurde Ende 2015 die Neuzulassungsentwicklung 2016 für Deutschland deutlich unterschätzt. Die Prognosen reichten von 3,1 Millionen (CAMA) bis 3,24 Millionen (Automobilwoche). Alle lagen sie zu tief, die Nachfrage entwickelte sich wesentlich besser als vorhergesagt. Insbesondere der Privatkundenmarkt, den viele als rückläufig eingeschätzt hatten, war im zweiten Halbjahr die Stütze der Neuzulassungen. Deutsche Autokäufer ließen sich nicht von den pessimistischen Prognostikern beeinflussen - und das war gut so.