Porsches Betriebsanleitung wird zum sprechenden Assistenten

Porsche digitalisiert die Betriebsanleitung seiner Fahrzeuge. Das Nachschlagewerk, das Millionen von Porschekunden als dickes Buch im Handschuhfach kennen, verwandelt sich bis Ende Juli in einem Pilotprojekt in einen digitalen Assistenten, der intuitiv auf Sprache reagiert – so, wie es viele Kunden bereits von Amazons Alexa, Apples Siri oder dem Google-Assistent kennen. Wenn alles klappt, kommt der Assistent innerhalb der nächsten Monate in die "Gut zu wissen"-App von Porsche.

Porsche arbeitet dafür aber nicht mit Apple, Amazon oder Google zusammen, sondern hat sich beim Start-up Susi & James Unterstützung geholt. Sie haben sich darauf spezialisiert, mit Hilfe von künstlicher Intelligenz intelligente und spezialisierte Sprachassistenten zu entwickeln. "Die Technologie von Susi & James ist prädestiniert für diese Anwendung", sagt Tomy Klöden, der im Bereich Aftersales für diestrategische Ausrichtung der Betriebsanleitung zuständig ist.

Bisher ist das digitale Benutzerhandbuch in der „Gut zu wissen“-App eine Einbahnstraße, ein reines Nachschlagewerk. "Wir wollen aus einem passiven aber ein aktives Medium machen, mit dem die Nutzer interagieren können", erläutert Klöden.

Niemand nutzt wahrscheinlich das Wort "Kinderrückhalteeinrichtung" – sondern eher den Begriff "Kindersitz". Das zeigt: Der alltägliche Wortgebrauch um Funktionen im Auto zu nutzen ist vielfach ein völlig anderer als der, nachdem das Benutzerhandbuch aufgebaut ist. Deshalb finden viele Nutzer nicht das, wonach sie suchen oder wissen gar nicht vollumfänglich, was ihr Auto kann. „Unser Sprachassistent ist aber so aufgebaut, dass er nicht nach einem bestimmtes Sprachmuster bedient werden muss, sondern jeder intuitiv mit ihm sprechen kann“, sagt Jonas Moßler, einer der beiden Susi & James-Gründer. „Man soll eine Frage stellen können, wenn man nicht weiter weiß. Wie sie gestellt wird, muss egal sein. Nur dann hat die Technologie einen echten Kundennutzen.“

Wenn der Assistent einmal selbst nicht weiter weiß, antwortet er: ‚Eine Sekunde Geduld, ich mache mich schlau'. Er verknüpft sich mit einem Experten von Susi & James im Hintergrund, klärt diese Frage und kann antworten. Außerdem funktioniert die Technologie auf Basis von künstlicher Intelligenz, sie antizipiert, merkt sich den Hintergrund der Frage und kann sie in Zukunft immer beantworten. „Ziel ist, dass unsere Software sich immer seltener schlau machen muss und auf einen immer größeren Datensatz zugreifen kann“, sagt Moßler.

Porsche und Susi & James arbeiten über das Innovationsprogramm Startup-Autobahn miteinander. „Wir bei Porsche wollen den Gründerspirit von Susi & James aufsaugen und gleichzeitig eine professionelle Plattform bieten, um mit uns und für uns ein Produkt zu entwickeln“, sagt Christian Knörle von der Porsche-Unternehmensstrategie. 100 Tage haben beide Firmen Zeit, gemeinsam einen Piloten auf die Beine zu stellen. Ende Juli ist dann die Präsentation. Für Moßler ist aber klar: „Geht es nach uns, hört die Zusammenarbeit hier nicht auf. Wir wollen natürlich in die Serie und können uns auch vorstellen, diesen Assistenten nicht nur für die Porsche-App, sondern für das Infotainment im Porsche zu entwickeln.“

Knörle aber will nicht gleich von den großen Projekten sprechen: „Wir gehen die kleinen, belastbaren Schritte.“ Denn nicht nur die Technologie ist Neuland für Porsche, eine ganze Fachabteilung beginnt sich zu hinterfragen und beschäftigt sich mit völlig neuen und disruptiven Themen – wie Sprachsteuerung, die künftig ein gedrucktes Benutzerhandbuch ersetzt, das bislang eine ganze Abteilung in bis zu 33 Sprachen entwickelt. Der Sprachassistent ist in dieser Entwicklung nur einer der ersten Schritte.

Moßler formuliert es etwas anders: „Wir helfen, mit unserer Technologie einen Schatz zu bergen. Die technische Dokumentation ist ein großer Fundus – wir können ihn für Jedermann mit unserer Technologie zugänglich und im Dialog einfach anwendbar machen.“

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