Herr Kusmanow, Tesla-Chef Elon Musk plant offenbar den Einstieg in das Geschäft mit Kfz-Policen in Europa. Ist das eine ernstzunehmende Kampfansage an die etablierten Versicherer oder vor allem ein Marketingcoup?
Es ist einer seiner disruptiven Ansätze, Dinge selber zu machen. In Kalifornien versichert Tesla seine Fahrzeuge ja schon selbst – auch deshalb, weil es in den USA schwierig ist, Tesla-Fahrzeuge zu versichern. Auch in Europa sind die Policen für Elektroautos sehr teuer und deshalb bietet Musk hier schon ein eigenes Produkt in Kooperation mit Bavaria Direkt an.Was ist Teslas Vorteil gegenüber den etablierten Versicherern?Das Problem für die etablierten Versicherer ist, dass es noch wenig Erfahrungswerte für E-Autos gibt. Mit der eigenen Versicherung hat Tesla eine saubere Kundeninteraktion und keine weiteren Schnittstellen, Tesla hat hier einen riesigen Informationsvorsprung, weil das Fahrzeug ja quasi nur aus Daten besteht. Der Fahrer ist ständig durch die Fahrzeugsysteme mit den Hauptsystemen verbunden, somit können Tesla-Ingenieure beispielsweise auch bei Problemen in die Software eingreifen. Tesla ist also bestens mit Daten zum Fahrverhalten versorgt. Das sind klassische Versicherer nicht. Sie müssen auf den Hersteller zurückgreifen und daraus eigene Produkte konzipieren. Tesla versichert zum Beispiel einige Zusatzdinge wie Schäden an öffentlichen Ladestationen, Bergung und Abschleppung oder Batteriedefekte, inklusive Folgeschäden. Damit haben die Etablierten noch keine Erfahrung.Musk plant offenbar bis zu 30 Prozent billigere Policen. Werden die etablierten Anbieter den Preiskampf mitmachen?Der Markt ist jetzt schon stark umkämpft. Im Schnitt kostet eine Kfz-Haftpflichtversicherung in Deutschland 259 Euro pro Jahr. Deshalb werden die etablierten Versicherer eher versuchen, zusätzliche Leistungen in ihre Verträge einzubinden. Grundsätzlich werden Modellneueinführungen in Europa bei der Versicherung meist höher bepreist, weil es noch keine Werte dazu gibt. Das gilt auch für E-Autos. Tesla ist in Kalifornien bereits als Versicherer aktiv. Welche Hürden gibt es für den Einstieg auf dem europäischen Markt?Als neuer Versicherer ist es immer sehr schwer, in den deutschen Markt einzutreten, weil die Auflagen hier höher sind, etwa die BaFin-Zulassung. Der Geschäftsbetrieb muss in Deutschland angesiedelt und die Vertragswerke auf deutsche Richtlinien zugeschnitten sein. Außerdem müssen Versicherer die Risiken, die sie versichern, als Kapital hinterlegen. Viele arbeiten hier mit einem Rückversicherer als Risikoträger zusammen. Insgesamt ist es für ausländische Unternehmen nicht so einfach, als Versicherer Fuß zu fassen. Aber für Musk ist es mit Sicherheit nur eine Frage der Zeit, bis alle Hürden überwunden sind. Sind Verbraucher hierzulande bereit, für maßgeschneiderte Versicherungsprämien ihre Daten preiszugeben?Es gibt ja heute schon Telematiktarife bei der HUK und der Allianz, aber ich halte die Bereitschaft insgesamt eher für gering. Am ehesten kann man den jüngeren social-media-affinen Kunden datenbasierte Policen schmackhaft machen. Wichtig ist es in jedem Fall, zu dokumentieren, wo die Daten liegen. Denn Google & Co. sammeln ja vieles, das dann auch anderswo verwendet wird. Tesla als ein geschlossenes System kann die Bereitschaft erhöhen, Daten preiszugeben – wenn sie beweisen, dass sie Daten nicht für andere Zwecke verwenden und für den Kunden einen echten Mehrwert liefern – beispielsweise in Form einer günstigen Prämie oder zusätzlicher, individualisierter Versicherungsleistungen. Bisher will Tesla ja nur eigene Kunden versichern. Wird es dabei bleiben?Der Autobauer Tesla allein hat noch nicht genug Absatzvolumen, also muss er es schaffen, auch andere E-Auto-Marken ins Boot zu holen, die er dann versichern kann. Interessant wäre es, wenn Tesla als erster die selbstfahrenden Autos zur Marktreife bringt. Dann hätten sie aufgrund der enormen Datenmenge einen Vorsprung im Markt. Das wäre ein echter USP.Das Interview führte Bettina John.
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